Acht Jahre ABDA-Präsident

Friedemann Schmidt – der Moderator, der verstummte

Stuttgart - 28.12.2020, 07:00 Uhr

Was bleibt nach acht turbulenten Apothekenjahren mit Schmidt an der ABDA-Spitze? (Foto: Schelbert)

Was bleibt nach acht turbulenten Apothekenjahren mit Schmidt an der ABDA-Spitze? (Foto: Schelbert)


Moderierend moderat statt Abteilung Attacke

Was dieser der ABDA im Vorfeld des Deutschen Apothekertags 2019 versprochen hat (oder mit was er drohte), liegt noch immer im Dunkeln. Doch der Auftritt Spahns auf der Hauptversammlung – und die Reaktion Schmidts – ist unvergessen. Was Spahn vor den Delegierten sagt (Entweder ihr akzeptiert, dass das Rx-Versandverbot vom Tisch ist, oder ich tue nichts mehr für die Apotheker), kann man mit Fug und Recht politische Erpressung nennen. Und Schmidt akzeptiert dies nicht nur, er lächelt, er wirbt für Spahns Weg, er umgarnt den Minister. Bis heute hat Friedemann Schmidt nicht wirklich erklärt, wie es zu diesem radikalen Kurswechsel kam.

„Omertà-Politik“ statt Transparenz

Überhaupt erklärte Schmidt im Lauf der Jahre immer weniger. Aus der ursprünglichen Transparenz- und Kommunikationsoffensive wurde bald eine „Omertà-Politik“, wie es ein Kommentar auf DAZ.online Ende Juni 2015 nennt: „Nun versteckt sich der ABDA-Präsident hinter den dicken Mauern des Mendelssohn-Palais“, also des damaligen Apothekerhauses in Berlin, heißt es darin. Begonnen hatte diese Entwicklung schon mit dem überraschenden Weggang des ABDA-Sprechers Martius im Frühjahr 2013. Nachdem der designierte Nachfolger Winkler bereits am ersten Arbeitstag wieder seinen Hut nahm (oder nehmen musste), igelte sich die ABDA-Spitze kommunikativ immer mehr ein – der jetzige Pressesprecher Kern verstärkte diese Tendenzen noch weiter. Dieser Rückblick auf Schmidts Amtszeit zeigt dies eindrücklich: Für ein Gespräch mit der DAZ stand der scheidende ABDA-Präsident nicht zur Verfügung.

Nach objektiven Kriterien ist die Bilanz Schmidts keine positive: Die Zahl der Apotheken ist auf einem historischen Tiefststand, das Packungshonorar wurde seit 2013 weder dynamisiert noch ein weiteres Mal angehoben. Das Perspektivpapier ist in der Versenkung verschwunden, das Pharmaziestudium immer noch nicht modernisiert. Das Rx-Versandverbot ist nicht gekommen und ob das völlig entkernte VOASG die Gleichpreisigkeit wieder herstellt, ist mehr als fraglich.

Viele wünschten sich einen Polterer

Und doch habe ich das Gefühl, dass diese Bilanz Friedemann Schmidt nicht gerecht wird. Schmidt hat dem Berufsstand viele Impulse gegeben, nicht nur in seinen rhetorisch oft herausragenden Reden auf den Apothekertagen. Er war ein eher intellektueller, ein präsidialer Präsident. Das hat nicht jedem gefallen, gerade in Internetforen und Facebook-Gruppen wünschten sich viele Apotheker immer wieder einen „Polterer“, „jemanden wie Montgomery“, den stets angriffslustigen Ex-Präsidenten der Bundesärztekammer. Aber ich frage mich, ob ein anderer Präsident unter den gegebenen Umständen wirklich bessere Ergebnisse erzielt hätte. Wie wahrscheinlich ist es, dass die „Abteilung Attacke“ auf Dauer mehr erreicht hätte als der moderierende und moderate Schmidt?



Dr. Benjamin Wessinger (wes), Apotheker, DAZ-Chefredakteur
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Nicht gehalten

von Reinhard Rodiger am 28.12.2020 um 19:55 Uhr

" ...Schmidt versprach mehr Transparenz, mehr Kommunikation, er ging auf die „Protestler“ zu,...."...

leider ohne die Versprechen ernst zu nehmen. Aus dem Präsidenten für Alle wurde einer für Wenige.Und das mit allen Mitteln.Schade, eine vergebene Chance und Verlust an Glaubwürdigkeit um deren Wiedergewinn es ging.Das geht eben nicht ohne Basis.Ihr wurde der Respekt versagt.Das hat die Politik ausgenutzt.

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AW: Nicht gehalten

von Dieter Dosquet am 28.12.2020 um 23:32 Uhr

ich ärger mich heute noch über mich, den Weg nach Berlin in diesen kalten Märztagen auf mich genommen zu haben und vor dem Bundesrat mir die kalten Füße in den Bauch gestanden zu haben. Der "Empfang" im ABDA Haus war eine farce. Dieser Kollege war von Anfang an eine Fehlbesetzung, ganz in der Tradition seines Vorgängers.

Ergebnisse verraten mehr...

von Thomas Eper am 28.12.2020 um 13:00 Uhr

"...und verriet, dass das Durchschnittseinkommen eines selbstständigen Apothekers über dem eines niedergelassenen Allgemeinmediziners liege."

Nur komisch, dass jeden Tag nicht eine "Allgemeinpraxis" schließt, sondern eine Apotheke, Herr Kollege Schmidt?

Bei so viel Kompetenz können wir ja lange auf eine Honorarerhöhung warten.
Es waren ja üppige 3% in 16 Jahren! Das muss scheinbar reichen.

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von Anita Peter am 28.12.2020 um 7:30 Uhr

"Aber ich frage mich, ob ein anderer Präsident unter den gegebenen Umständen wirklich bessere Ergebnisse erzielt hätte"

Das bedeutet ja, Schmidts Ergebnisse hätten noch schlechter sein können? Wow. Warum wird nicht erwähnt wie unvorbereitet die ABDA zum EUGH Verfahren gefahren ist? Gutachten brauchte man ja nicht, Herr Tisch war sich sehr siegessicher. In der freien Wirtschaft wäre so eine Person einen Tag nach dem Urteil in die Wüste geschickt worden.

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