Interview mit Kordula Schulz-Asche und Janosch Dahmen

„Ich würde mir wünschen, dass die Apotheker sich nicht länger so klein machen“

Berlin - 15.01.2021, 07:00 Uhr

Janosch Dahmen hat in der Bundestagsfraktion die Apothekenthemen von Kordula Schulz-Asche übernommen. (Foto: Stefan Kaminski)

Janosch Dahmen hat in der Bundestagsfraktion die Apothekenthemen von Kordula Schulz-Asche übernommen. 
(Foto: Stefan Kaminski)


Mit Janosch Dahmen gibt es ein neues Gesicht in der Bundestagsfraktion der Grünen und im Gesundheitsausschuss des Bundestags. Der 39-jährige Unfallchirurg ist im November ins Parlament nachgerückt und übernimmt von der pflegepolitischen Sprecherin seiner Fraktion, Kordula Schulz-Asche, die Apothekenthemen. Was bedeutet das für die Pharmazeut:innen? Die DAZ sprach mit beiden Abgeordneten über ihre Visionen für den Berufsstand.

DAZ: Herr Dahmen, Sie steigen in einer Zeit in die Apothekenwelt ein, in der viele sehr grundlegende Veränderungen anstehen. Haben Sie Respekt vor Ihrer neuen Aufgabe?

Dahmen: Ich habe großen Respekt – nicht nur bezüglich des Teils der Gesundheitsversorgung, der auch die Apotheken betrifft, sondern insbesondere vor der Mammutaufgabe, die uns als Gesellschaft und dem Gesundheitswesen jetzt bevorsteht. Egal, aus welcher Perspektive man es betrachtet, ob politisch, heilberuflich oder journalistisch, wir stehen aktuell vor enormen Herausforderungen. Und auch wenn die Apotheker:innen nicht mit allen Impulsen, die aus unserer Fraktion kamen, immer einverstanden waren: Niemand kann uns vorwerfen, wir hätten uns mit der Zukunft der Arzneimittelversorgung, der Rolle der Offizinen und der Neuordnung im Gesundheitswesen nicht hinreichend beschäftigt. Die Ideen, die hierzu bereits ausgearbeitet auf dem Tisch liegen, erleichtern mir den Einstieg in diese sehr komplexe Materie.

imago images / Future Image
Dr. Janosch Dahmen, Mediziner und Politikwissenschaftler, ist seit dem 12. November 2020 Mitglied des Deutschen Bundestags – er ist für die ausgeschiedene Abgeordnete Katja Dörner nachgerückt.

Welche thematischen Schwerpunkte wollen Sie setzen?

Dahmen: Für mich steht eine qualitativ hochwertige, patientenorientierte Arzneimittel- und Apothekenversorgung im Mittelpunkt. Damit reihe ich mich ein in die Grundsätze, die die Fraktion auch bisher schon vertreten hat. Als Arzt bin ich zudem der Auffassung, dass Gesundheitsversorgung für die Menschen nie gut sein kann, wenn die Grundsätze über die Köpfe der Beteiligten hinweg getroffen werden. Es gilt, mit den Leistungserbringer:innen gemeinsam Lösungen für be­stehende Probleme zu finden. Nach diesen Leitsätzen möchte ich aktuelle und zukünftige Projekte mitgestalten.

Ein Thema, das im kommenden Jahr ganz oben auf der Agenda steht, ist die Einführung des E-Rezepts. Wo sehen Sie diesbezüglich Chancen und Risiken für das Gesundheitswesen und die intersektorale Zusammenarbeit?

Dahmen: Einige Schwierigkeiten lassen sich damit sicher aus dem Weg räumen – angefangen bei der Mobilität der Menschen, wenn es darum geht, einen Zettel von A nach B zu tragen, bis hin zur Rezeptausstellung im kassenärztlichen Notdienst. Verordnungsfehler ausräumen, das Zurückgreifen auf vorhergehende Verschreibungen, all das birgt große Chancen. Was den Wettbewerb zwischen Arzneimittelversendern und Vor-Ort-Apotheken betrifft, müssen wir natürlich sehr genau hinschauen – gleichzeitig eröffnen wir den Patient:innen aber auch die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, wo und wie sie ihr Rezept einlösen möchten. Was den Datenschutz betrifft, ist jedoch die Politik gefordert, die richtigen Weichen zu stellen und für Sicherheit zu sorgen. Und eins ist mir noch sehr wichtig: Digitalisierung kann unter Zwang nicht funktionieren. Wir müssen die Vorteile erlebbar machen und auch diejenigen mitnehmen, die sich mit dem ganzen Themenkomplex schwer tun. Für sie sollte aus der Digitalisierung bei der Arzneimittelversorgung kein Nachteil entstehen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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6 Kommentare

Impfzentrum / Mitarbeit

von Dr. Albrecht Emmerich am 15.01.2021 um 20:04 Uhr

Auf der Webseite des Bayerischen Impfzentrums Coburg steht unter "Antwort auf häufige Fragen": Wird noch Personal für das Impfzentrum gesucht? Darauf rief ich beim zuständigen Landratsamt an und fragte, ob man die Hilfe eines Apothekers gebrauchen könnte. Eine sehr unwirsche Dame am Telefon antwortete in äußerst gelangweiltem Ton, dass man niemanden brauche. Da mir diese Dame am Telefon einen absolut inkompetenten Eindruck machte, schrieb ich die dort ebenfalls angegebene
mail-Adresse an. Von dort bekam ich ein freundliches Schreiben, dass für mein Anliegen die Personalverwaltung des Klinikverbunds zuständig sei.
Bei so viel Inkompetenz, Desinteresse und falscher Organisation von Seiten der verantwortlichen Stelle ziehe ich mein Angebot zur Hilfe zurück. Warum z.B. verweist man nicht gleich an die richtige, zuständige Adresse?
Warum läßt man zu, dass aufgrund mangelnder Temperaturkontrolle ein hochsensibles Arzneimittel vernichtet werden muss? Jeder verantwortungsvolle Apotheker stattet bei Lieferung von kühlpflichtigen Arzneimitteln die Kühlbox mit einem Mini-Max-Thermometer aus, wenn es nicht gerade eine Lieferung um die Ecke ist. Von Erschütterungssensoren, die ebenfalls für den sachgerechten Transport erforderlich wären, habe ich nirgends etwas erfahren.
Während man dem Apotheker vor Ort das Leben schwer macht, sehe ich sehr viele Mängel bei der Bewältigung der Krise.

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AW: Impfzentrum / Mitarbeit

von Recovering Pharmacist am 17.01.2021 um 11:47 Uhr

So schaut's aus. Ich bin hier nach einigem Hin und Her als Vewaltungs-Hilfskraft angestellt worden, es ging partout nicht als Apotheker, diese Stellen seien "nicht vorgesehen." Bezahlung kann man sich vorstellen....
Vor Ort interessiert es absolut keinen, die Personen in der "Führungs"etage hätten m.E. durchaus auch organisatorische Unterstützung notwendig, aber mehr als anbieten kann ich halt auch nicht.
Wirklich enttäuschend, wie wenig hier geschaut wird, welcher Mitarbeiter welche Erfahrung und Kompetenz mitbringt.

Wünsch Dir was...

von Thomas Eper am 15.01.2021 um 12:26 Uhr

Und ich würde mir wünschen, dass die Politiker sich an den Koalitionsvertrag halten und Rx.VV umsetzen und die seit 17 Jahren überfällige Honoraranpassung nicht vergessen.

Sonst fliegt euch die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung mittelfristig mal um die Ohren!

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Ich kann's nicht mehr hören...

von Dr. Christian Redmann am 15.01.2021 um 10:18 Uhr

... die Politik hat versagt! Die Politik "hätte". Ja, mei: hätte hätte Fahrradkette. Grüße an alle Captain Hindsights.

Liebe Kollegen: sicherlich hat die Politik in der Pandemie nicht alles richtig gemacht. Im Nachhinein hätte man sicherlich früher andere Maßnahmen ergreifen müssen - aber zu diesen Schlüssen kommen wir eben erst im Nachhinein. Die Kristallkugel hatte und hat niemand.

Der Politik ein Generalversagen vorzuwerfen halte ich für ungerechtfertigt - aber man kann darüber auch natürlich diskutieren. Ich sehe, dass Entscheidungen immer den Entwicklungen hinterherhinken - zwangsweise und dass Entschlüsse - zwangsweise - Kompromisse sind, die viele Partialinteressen berücksichtigen müssen (Wirtschaft, Existenzen, Pandemieverbreitung).

Es kann in einem komplexen Sachverhalt, der so massiv in unser aller Leben eingreift und von uns allen viel abverlangt keine einfachen Lösungen geben. Was es geben müsste: Flexibilität in der Anpassung der Maßnahmen - sowohl hinsichtlich Lockerungen als auch Verschärfungen.

Wenn wir als Apothekerschaft etwas beitragen können, dann sollten wir dies tun und wir sollten uns hinsichtlich unserer eigenen politischen Agenden tunlichst von einer "Profilierung per Preis" fernhalten und nicht durch "Aktion"ismus die Position unserer politischen Vertreter bei Honorarverhandlungen schwächen.

Wenn jetzt jeder einfach mal nur machen würde, was gerade aktuell ansteht und daraus das für alle beste Ergebnis anstreben würde, wäre uns innerhalb der Standes und innerhalb der aktuellen Situation schon etwas geholfen.

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da wird mir

von Karl Friedrich Müller am 15.01.2021 um 9:16 Uhr

ganz blümerant. Schon bei der Überschrift. Die von nichts eine Ahnung habende, Apotheken bashende KSA, "Expertin" für Apotheken, äußert sich.
Einfach mal die Gosch halten.
Raus aus der Politik. Solche Selbstdarstellen braucht keiner.
Sie ist ein Gesicht der Apotheken Hasser, auch wenn sie Kreide frisst.

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AW: da wird mir

von Karl Friedrich Müller am 15.01.2021 um 9:28 Uhr

die Politik hat in der Pandemie komplett versagt. Ohne die viele Engagierten im Gesundheitswesen, die sich teilweise aufopfern, wäre alles noch viel schlimmer.
Die Politiker stellen sich hin und halten Reden, Sprechblasen, aufgeblasene Typen, die ihre Karriere und die "Wirtschaft", ihre Amigos im Sinn haben, aber nicht den Bürger.
Die Impferei ist ein Armutszeugenis.
NICHTS funktioniert hier, wenn es in denn Händen des Staats liegt. Aber auch gar nichts.
Krankenhäuser werden immer noch geschlossen, besonderes Kinderkliniken, die besonders "unrentabel" sind.
Politiker sind so was von mies....
Ich hab mal wieder eine richtige WUT

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