- DAZ.online
- News
- Apotheke
- Die Apotheke vor Ort – ...
Start-up Arzneipost
Die Apotheke vor Ort – nur digital und per Bote
Das Kölner Start-up Arzneipost will den Botendienst für Apotheken und Patienten auf ein neues Level heben. Bestellungen sollen innerhalb von 120 Minuten ankommen – und die Kunden erhalten dennoch die gute Beratung ihrer Stammapotheke.
Die meisten Start-up-Unternehmen kennen nur eins: Wachstum – und das so schnell wie möglich. Bei der Arzneipost gibt man sich da wesentlich bescheidener: „Wir wollen erstmal in einer Stadt alles richtig machen und dann weitersehen“, sagt Daniel Kaufmann, Gründer und Chef der Internet-Plattform, die seit 1. Januar 2021 online ist.
Bis Mitte des Jahres will man dennoch gerne in allen Großstädten des Landes vertreten sein. Zunächst aber konzentriert man sich auf Köln. Die Viktoria-Apotheke dort, deren Mitinhaberin Kaufmanns Schwester Stephanie ist, ist dabei so etwas wie die Keimzelle des Unternehmens. Aus der Idee heraus, den in Pandemie-Zeiten verstärkt nachgefragten Botendienst der Apotheke auf verbesserte digitale Beine zu stellen, entstand die Arzneipost als Online-Plattform für die Apotheken vor Ort.
„Von Apotheken – für Apotheken“ so ein Claim des Unternehmens. Keine Versandapotheke und auch kein einfaches Apothekenverzeichnis, sondern „ein leistungsfähiger Werkzeugkasten, um Internetbesteller in der lokalen Umgebung für sich zu gewinnen“, wie es im Netzauftritt heißt.
Ein ähnliches Prinzip wie beim Essenslieferdienst
Das Prinzip ist einfach: Der Kunde gibt auf Arzneipost.de seine Postleitzahl ein und findet eine Apotheke vor Ort. Diese wählt er auf der Seite aus, fügt seine Medikamente dem Warenkorb hinzu oder lädt ein Rezept hoch – und lässt sich die Bestellung dann bequem mit dem Boten der Apotheke am selben Tag in einem wählbaren 120 Minuten-Fenster liefern. Dabei kann man in Echtzeit verfolgen, wo der Bote gerade ist und wann er ankommt. Als Gebühr für den Lieferdienst werden 3,50 Euro fällig (ab 19 Euro ist der Versand kostenlos). Die Bestellbenachrichtigung bekommen die Apotheken von der Plattform per Mail.
Klingt ein wenig wie beim Essenslieferdienst – und hat tatsächlich auch Wurzeln dort. „Ich habe in der Vergangenheit die Software für einen Essens-Lieferdienst programmiert. Dabei kam frisches Essen innerhalb von 20 Minuten an die Haustür“, sagt der studierte Wirtschaftsinformatiker Kaufmann. Nur, dass es anders als beim Essenslieferdienst hier keine eigenen Boten des Lieferdienstes gibt. „Dann müsste man das Ganze als Versandhandel anmelden. Das sind wir aber nicht“, sagt Kaufmann.
Im Gegenteil will man mit dem Start-up gerade die Apotheken vor Ort stärken, sagen die Macher. Neben Kaufmann arbeiten derzeit noch Phillip Dempke, CSO und zuständig für Marketing und Vertrieb, sowie eine Apothekerin an dem Projekt mit. „Wir sind klein, aber super agil“, sagt Dempke.
Durchweg positive Resonanz von Kunden und Apothekern
Die Resonanz sei bislang durchweg positiv. „Sowohl bei den Kunden als auch bei den Apothekern. Wir legen großen Wert darauf, dass die Apotheken von unserem Konzept überzeugt sind“, sagt Dempke. Zu dem Konzept, dass die Apotheke vor Ort sozusagen digital zum Kunden bringen soll, gehört dann auch das, was viele als das beste Alleinstellungsmerkmal der Apotheke vor Ort sehen: die Beratung.
Bei der Arzneipost soll das per Live-Chat ab Ende Januar funktionieren. „Die Kunden sprechen dann per Live-Chat mit ihrer ausgewählten Stammapotheke, mit dem Apotheken-Team, das sie kennen“, erklärt Kaufmann. Die Chats würden dann selbstverständlich anschließend gelöscht.
Aktuell arbeite man mit den ersten fünf Apotheken in Köln und sei mit mehreren anderen im Gespräch. Die persönliche Ansprache ist den Machern hinter dem Projekt dabei wichtig. „Wir wollen die Apotheker von unserem Konzept überzeugen. Und die Apotheken müssen auch zu uns passen“, sagt Kaufmann. So sei neben einem bestehenden Botendienst ein gewisses Maß an Innovationsbereitschaft eine Voraussetzung. „Digitalisierung ist eben nicht nur mal schnell ein neues hübsches Design für den Webauftritt“, sagt er.
Wie sich das Start-up dabei weiterentwickeln wird, liege auch in den Händen der beteiligten Apotheker. „Wir versuchen die Wünsche der Apotheken stets zu berücksichtigen und zeitnah umzusetzen“, sagt Dempke. Dass man das Portal selbst entwickele und als kleines Team auch in der Lage sei, schnell zu reagieren, helfe da. „Es gibt keine Abhängigkeiten zu IT- oder Grafik-Dienstleistern, sodass bei uns keine hohen Entwicklungskosten anfallen“, erklärt er einen weiteren Vorteil.
„Die beste schnellste und zuverlässigste Arzneimittelversorgung Deutschlands“
Eine der Ideen aus den Apotheken sei etwa, gemeinsam Werbung umzusetzen, sagt Kaufmann. Eigene „Marketingtools“ sind ohnehin Bestandteil des Arzneipost-Konzepts. Daneben gibt es „Tools“ zur Routenplanung, um die Boten-Touren zu optimieren, eine Produktdatenbank, die den Apotheken hilft, das Sortiment zu organisieren oder auch neben dem Hochladen von Rezepten bald die Möglichkeit, E-Rezepte zu übermitteln.
In den kommenden Monaten soll es etliche neue Features geben, sagt Dempke. „Darunter sind einige Tools, die aus Anregungen von Apotheken stammen.“ Bei dem Projekt habe jede Apotheke die Möglichkeit, eigene Ideen und Anregungen mit einzubringen, sagen die Macher.
Für die beteiligten Apotheken entstehen dabei nur fixe Kosten von 50 Euro als Monatsbeitrag. „Derzeit finanzieren wir uns durch eigene Mittel. Langfristig wird die Finanzierung durch den Apothekenbeitrag getragen. Wir sind in der Lage, die Kostenstrukturen sehr schlank zu halten. Am Ende des Tages zählt ein gutes Produkt und das haben wir. Auch ohne einen überdimensionalen Overhead“, erklärt Dempke.
Anfragen habe man bereits aus ganz Deutschland. „Uns ist es jedoch wichtig, dass wir ‚gesund‘ wachsen. Wir erschließen neue Gebiete erst, wenn das vorherige abgeschlossen ist. Wir sind kein einfaches Verzeichnis. Uns und Apotheken bringt es nichts, wenn zwar über 8.000 Apotheken gelistet sind aber nur 100 Bestellungen am Tag generiert werden. Sowas kann nicht funktionieren“, sagt der CSO.
Man werde keine Apotheke abweisen, aber man bitte noch um etwas Geduld, sagt Kaufmann. Mit Köln als Millionenstadt habe man erst einmal einen Fokus, die Sache gut zu machen. Aber man wolle „systemisch wachsen und die Plattform weiter ausbauen“ sagt Dempke. „Unser Ziel ist es, die schnellste und zuverlässigste Arzneimittelversorgung in Deutschland aufzubauen.“
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.