Preis für bezahlbare grüne Chemie

Artemisinin-Herstellung wie in der Pflanze – nur schneller

Düsseldorf - 21.01.2021, 12:15 Uhr

Professor Peter Seeberger, Direktor der Abteilung Biomaterialien am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam, wurde mit dem Preis für „bezahlbare grüne Chemie“ ausgezeichnet. (x / Foto: Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Martin Jehnichen)

Professor Peter Seeberger, Direktor der Abteilung Biomaterialien am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in Potsdam, wurde mit dem Preis für „bezahlbare grüne Chemie“ ausgezeichnet. (x / Foto: Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, Martin Jehnichen)


Pflanzenhäcksel in der Aluwanne

Das bereits 2011 veröffentlichte Verfahren klingt dabei simpel: „Getrockneter und zermahlener einjähriger Beifuß wird in einem organischen Lösungsmittel aufgelöst, mithilfe einer Pumpe durch einen dünnen und durchsichtigen Plastikschlauch gedrückt und durch ein T-Stück und einen zweiten Schlauch mit Pressluft vermengt“, erklärt Professor Seeberger. „Dann wird durch einen weiteren Schlauch eine Säure zugegeben. Diese Mischung wird nun mithilfe der Pressluft und den Pumpen durch den Schlauch gepresst, der sich in einer gekühlten Aluminiumwanne befindet, deren Deckel aus LEDs besteht.“

Die Energie des Lichts werde dann vom Chlorophyll der Pflanzen aufgenommen und dadurch als natürlicher Katalysator auf den Sauerstoff übertragen. „Aus Triplett-Sauerstoff – das ist der, den wir einatmen –  wird die angeregte Form, Singlett-Sauerstoff. Dieser hochreaktive Singlett-Sauerstoff reagiert mit Dehydroartemisininsäure (DHAA), dem biosynthetischen Vorläufer des Artemisinin, das in größeren Mengen in den Pflanzen ist. Die daraus entstehende Zwischenstufe reagiert mit der vorhandenen Säure und lagert sich zum Artemisinin um“, erklärt der Forscher.

„Wir haben durch unsere Arbeiten herausgefunden, dass dieser Prozess in der Pflanze genauso funktioniert, nur dass wir diesen eben im Reaktor in weniger als 15 Minuten und mit sehr hohen Ausbeuten durchführen können“, sagt Seeberger. In den Pflanzen dauere das aber drei Wochen. Die deutlich höhere Effizienz unterscheide das Verfahren von den herkömmlichen.

Herkömmliche Verfahren

Bislang gab es zwei Verfahren zur Gewinnung des komplex aufgebauten Naturstoffes. Bei der Extraktion des Wirkstoffs aus der vor allem in China, Vietnam und Ostafrika angebauten Pflanze werden getrocknete Blüten und Blätter mit n-Hexan behandelt. Der Rohextrakt wird eingedampft und Artemisinin daraus durch Umkristallisation gewonnen. Ein Hektar Anbaufläche ergibt rund zwei Tonnen Blattmaterial, aus denen sich zwei bis drei Kilogramm Extrakt gewinnen lassen. Der Wildtyp des Korbblütlers, der auch wild als Neophyt in Mitteleuropa wächst, enthält dabei nur rund 0,1 bis 0,4 Prozent Wirkstoff in der Trockenmasse. Züchtungen chinesischer Forscher, die die multigene Biosynthese des Wirkstoffs genauer untersuchten, enthalten bis zu 5 Prozent bezogen auf das Trockengewicht.



Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.