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Roche hat auch in Europa die Zulassung für sein innovatives Grippe-Arzneimittel Xofluza erhalten. Baloxavir hemmt die CAP-abhängige Endonuklease und damit einen der ersten Schritte der Virusreplikation. Eingesetzt werdend darf Xofluza zur Behandlung von Menschen mit Influenza und zur Postexpositionsprophylaxe bei Kindern ab zwölf Jahren und Erwachsenen.
Auch in der EU steht nun ein neues antivirales Arzneimittel zur Behandlung von Patienten mit Virusgrippe, Influenza, zur Verfügung. Am 7. Januar 2021 folgte die Europäische Kommission der Empfehlung des Humanarzneimittelausschusses der EMA (CHMP; Committee for Medicinal Products for Human Use). Dieser hatte nach Sichtung der wissenschaftlichen Daten am 12. November 2020 die Zulassung von Baloxavirmarboxil (Xofluza) in der EU empfohlen.
Orale Einmaldosis genügt
Eingesetzt werden darf Xofluza® ab einem Alter von zwölf Jahren – sowohl zur Behandlung von Influenzakranken, wenn die Symptome seit maximal 48 Stunden bestehen, und auch zur Postexpositionsprophylaxe, also der Vorbeugung von Influenza nach Kontakt mit einem Erkrankten. Das Therapieschema ist denkbar einfach: Baloxavir nehmen Patienten als orale Einmalgabe, was Adhärenzprobleme nichtig machen dürfte. Roche wird Xofluza® in zwei Stärken – 20 mg und 40 mg – auf den Markt bringen. Dosiert wird nach Körpergewicht: Patienten mit einem Körpergewicht von 40 bis unter 80 kg nehmen einmal 40 mg Baloxavir ein. Patienten, die mehr als 80 kg auf die Waage bringen, sollen 80 mg einnehmen.
Schnellere Genesung und geringere Ansteckung
Roche erklärt anlässlich der Zulassung von Xofluza®: „Durch die rasche Verringerung der Virusreplikation unterstützt Xofluza® Patienten bei der Genesung, reduziert das Risiko einer Ansteckung von Kontaktpersonen und kann so die gesellschaftliche Belastung durch Influenza verringern“. Diese Aussagen kann Roche mit Studienergebnissen belegen. Basis für die Zulassung waren drei klinische Studien der Phase III.
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Capstone-1 untersuchte die Wirksamkeit von Baloxavir mit Patienten ohne Begleiterkrankungen (jeweils gegen Placebo oder Oseltamivir). Xofluza® verkürzte die mediane Krankheitsdauer verglichen mit Placebo um einen Tag, keinen Unterschied gab es zu Oseltamivir (Baloxavir: 2,3 Tage | Placebo: 3,3 Tage | Oseltamivir: 2,3 Tage).
Capstone-2 untersuchte ebenfalls die Wirksamkeit von Baloxavir verglichen mit Placebo oder Oseltamivir, doch schloss diese Studie Patienten mit Risikofaktoren oder Begleiterkrankungen ein – wie Menschen über 65 Jahre, mit chronischen Lungenerkrankungen, mit schwerer Adipositas oder mit Herzerkrankungen. Auch hier besserten sich im Median die influenzatypischen Krankheitszeichen unter Baloxavir schneller als unter Placebo oder Oseltamivir: Die Symptombesserung trat bei Xofluza® nach drei Tagen ein und damit 29,1 Stunden schneller als bei Placebo und 7,7 Stunden schneller als unter Oseltamivir. Die dritte klinische Studie, Blockstone, war Grundlage, dass Baloxavir auch zur Postexpositionsprophylaxe eingesetzt werden darf, da es die Ansteckung mit Influenza nach Kontakt verringert. Getestet wurde gegen Placebo nach Kontakt mit einem Grippeerkrankten. 1,9 Prozent der Baloxavir-Behandelten hatten einen positiven Influenzatest (innerhalb von zehn Tagen), in der Placebogruppe waren es 13,6 Prozent. Näheres zu den einzelnen Studien finden Sie im Kasten „Capstone-1, Capstone-2, Blockstone: die Studien“.
Völlig neuer Wirkmechanismus
Baloxavir verfolgt einen neuartigen Wirkansatz – es hemmt die CAP-anhängige Endonuklease und damit einen der ersten Schritte der Virusvermehrung von Influenzaviren. Xofluza® verhindert, dass die messenger-RNA (mRNA), sprich die Matrix für die Proteinbiosynthese, entstehen kann, die sowohl für Strukturproteine (für die Zusammensetzung von neuen Viren) als auch Nicht-Strukturproteine (beispielsweise zum Ausschleusen der neuen Viren in den menschlichen Körper), erforderlich sind.
Durch den neuen Angriffspunkt soll Baloxavir auch gegen Oseltamivir-resistente Stämme und Stämme der Vogelgrippe (z. B. H7N9, H5N1) wirksam sein. Allerdings gibt es aus Studien auch erste Hinweise, dass sich Grippeviren unter Baloxavir veränderten und sodann ein geringeres Ansprechen auf Baloxavir zeigten. Welche Auswirkungen diese Escape-Mutanten haben – wie infektiös sie sind, wie schwerwiegend die Grippe ist, die sie auslösen – lässt sich aktuell noch nicht abschätzen.
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Baloxavir ist laut Roche, dem Zulassungsinhaber von Xofluza®, nach fast 20 Jahren erstmals wieder ein antivirales Arzneimittel mit neuartigem Wirkansatz zur Behandlung der Influenza. Letztmals erhielt 2002 Oseltamivir in Tamiflu® mit einem damals innovativen Wirkmechanismus das „OK“ der Europäischen Kommission, fortan zur Behandlung und Verhütung von Grippe eingesetzt werden zu dürfen. Oseltamivir hemmt die virale Neuraminidase, ein Oberflächenprotein auf Influenzaviren, das diese nach Vermehrung zur Freisetzung neuer Viruspartikel in den Körper benötigen. Eingesetzt werden darf Oseltamivr ebenfalls zur Behandlung und Postexpositionsprophylaxe von Influenza, allerdings bereits bei Kleinkindern ab dem Alter von einem Jahr. Bei pandemischem Influenzageschehen darf Oseltamivir zur Postexpositionsprophylaxe sogar bei Unter-Einjährigen eingesetzt werden.
Roche und Shionogi
Baloxavir stammt nicht von Anfang an aus der Pipeline von Roche, entwickelt wurde es von Shionogi & Co., Ltd. und sodann in Zusammenarbeit mit Roche weiter erforscht. Roche besitzt die weltweiten Vermarktungsrechte, ausgenommen sind lediglich Japan und Taiwan, diese verbleiben exklusiv bei Shionogi. Dort, in Japan, wurde Baloxavir im Februar 2018 als erstes zugelassen. Es folgte wenige Monate später, im Oktober 2018, die Vereinigten Staaten von Amerika.
Capstone-1, Capstone-2, Blockstone: die Studien
Capstone-1 untersuchte die Sicherheit und Wirksamkeit von Baloxavir mit 1.436 Patienten ohne Begleiterkrankungen ab einem Alter von zwölf Jahren. Die Patienten wurden in drei Gruppen randomisiert: Gruppe eins erhielt Baloxavir, abhängig vom Körpergewicht in einer einmaligen Dosierung von 40 mg oder 80 mg. Patienten der Gruppe zwei nahmen zweimal täglich 75 mg Oseltamivir für fünf Tage und die letzte Gruppe erhielt Placebo.
Capstone-1 erreichte ihren primären Endpunkt – die Zeitspanne bis zur Besserung der Symptome zu verkürzen. Bis zum Abklingen der Symptome vergingen bei den mit Baloxavir behandelten Grippepatienten 53,7 Stunden, in der Oseltamivir-Gruppe 53,8 Stunden und in der Placebo-Gruppe 80,2 Stunden. Verglichen mit Placebo konnte Baloxavir somit die Dauer der Krankheitssymptome um einen Tag verkürzen. Allerdings machten die Forscher auch eine weitere Beobachtung: So entwickelten sich in der Capstone-1-Studie bei 9,7 Prozent der Baloxavir-Patienten Mutationen, die für ein geringeres Ansprechen auf Baloxavir sorgten. Die klinischen Auswirkungen dieser Escape-Mutanten sind bislang nicht bekannt. Veröffentlicht wurde die Capstone-1-Studie im „New England Journal of Medicine“.
In der Capstone-2-Studie (Phase 3, multizentrisch, randomisiert, doppelblind) wurde die Wirksamkeit und Sicherheit einer Einzeldosis Xofluza® wie in Capstone-1 ebenfalls im Vergleich zu Placebo und Oseltamivir bei Personen im Alter von zwölf Jahren und älter geprüft. Diese hatten jedoch ein hohes Risiko für schwere Grippekomplikationen – ältere Menschen ab 65 Jahren, Menschen mit Asthma bronchiale, chronischen Lungenerkrankungen, Adipositas oder Herzerkrankungen. 2.184 Teilnehmer erhielten entweder eine orale Dosis von 40 mg oder 80 mg Xofluza® (je nach Körpergewicht), Placebo oder Oseltamivir (75 mg zweimal täglich über fünf Tage). Das primäre Ziel der Studie war der Vergleich der Wirksamkeit von Baloxavir mit Placebo. Unter Baloxavir besserten sich die Grippesymptome nach 73,2 Stunden, unter Placebo nach 102,3 Stunden und unter Oseltamivir nach 80 Stunden. Veröffentlicht wurde Capstone-2 im Fachjournal „The Lancet Infectious Diseases“.
Laut Blockstone, einer klinischen Phase-3-Studie (randomisiert, doppelblind, placebokontrolliert) reduzierte Baloxavir die Ansteckungsgefahr mit Influenzaviren nach Grippekontakt. Getestet wurde die Wirksamkeit von Baloxavir als Post-Expositionsprophylaxe in der Grippesaison 2018/19 in Japan, und zwar an nicht infizierten Kindern und Erwachsenen, die jedoch einem influenzainfizierten Haushaltsmitglied ausgesetzt (exponiert) waren. In der Studie wurde Baloxavir gegen Placebo getestet. Baloxavir nahmen die Probanden einmalig oral ein, dosiert wurde Baloxavir nach Körpergewicht. Laut Roche erreichte die Blockstone-Studie ihren primären Endpunkt. 1,9 Prozent der Baloxavir-Behandelten hatten einen positiven Influenzatest (innerhalb von zehn Tagen), in der Placebogruppe waren es 13,6 Prozent. Gemessen wurde mit einem Influenzaschnelltest. Laut den Studiendaten war Baloxavir ähnlich gut verträglich wie Placebo, die Häufigkeit der unerwünschten Ereignisse lag bei Baloxavir bei 22,2 Prozent, bei Placebo bei 20,5 Prozent. Die Studie wurde im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht.
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