Nationales Gesundheitsportal

BMG: Es gibt keinen Vertrag mit Google

Berlin - 25.01.2021, 12:15 Uhr

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, rechts) und Google-Europachef Philipp Justus informierten am 10. November des vergangenen Jahres über eine Kooperation des Ministeriums mit dem Suchmaschinenanbieter. Seitdem hagelt es Kritik. (Foto: imago images / photothek)

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU, rechts) und Google-Europachef Philipp Justus informierten am 10. November des vergangenen Jahres über eine Kooperation des Ministeriums mit dem Suchmaschinenanbieter. Seitdem hagelt es Kritik. (Foto: imago images / photothek)


Seit September ist das sogenannte Nationale Gesundheitsportal des BMG online. Im November gab das Ministerium eine Kooperation mit Google bekannt – und löste damit Proteste vonseiten der Verleger, aber auch der Arzneimittelhersteller aus. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag erklärt das BMG nun, es gebe weder einen Vertrag mit der Alphabet-Tochter, noch sehe es durch die Zusammenarbeit einen Konflikt mit der Pressefreiheit oder dem Diskriminierungsverbot.

Bereits im Jahr 2017 gründete sich auf Initiative des damaligen Bundesgesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) die Allianz für Gesundheitskompetenz. Neben Ärzten, Apothekern, anderen Leistungserbringern und Patientenvertretern ist daran auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beteiligt. Ziel ist es, den Bürgern in Deutschland Unterstützung zu bieten, wenn es um das Finden, Verstehen und Anwenden gesundheitsbezogener Information geht.

Mehr zum Thema

Teil des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz ist auch die Entwicklung eines Nationalen Gesundheitsportals, auf dem die Menschen online verlässliche und qualitativ hochwertige Gesundheitsinformation finden. Am 1. September ging das Portal unter der Schirmherrschaft von Gröhes Amtsnachfolger Jens Spahn (CDU) online. Im November des vergangenen Jahres jedoch gab der Minister eine Kooperation mit dem Suchmaschinenanbieter Google bekannt – und sorgte damit für einen Aufschrei vonseiten der Verlagsbranche. Privatwirtschaftliche Anbieter von Gesundheitsinformation im Netz fühlen sich diskriminiert, denn die Inhalte des Nationalen Gesundheitsportals werden seither bevorzugt präsentiert, wenn ein Nutzer zum Beispiel nach einer bestimmten Krankheit sucht.

Auch der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) kritisierte das Konzept jüngst in einem Positionspapier. Neben der fragwürdigen Zusammenarbeit mit Google fürchten die Pharmaunternehmen auch um die Therapiefreiheit, wenn in den Artikeln, die sich auf dem Portal finden, lediglich beispielhaft bestimmte Behandlungsoptionen genannt werden. Auch der fehlende Hinweis auf die Notwendigkeit einer persönlichen Beratung durch Arzt und Apotheker missfällt dem BAH.

Die FDP hakt nach

Die FDP-Fraktion im Bundestag hakte nach: In einer Kleinen Anfrage wollten die Abgeordneten zum Beispiel wissen, ob und wie die Kooperation zwischen BMG und Suchmaschinenanbietern vertraglich geregelt ist. Das Ministerium winkt in seiner Antwort ab: „Zwischen dem Bundesministerium für Gesundheit und Google gibt es keine vertragliche Beziehung“, betont es. „Es gibt weder schriftlich noch mündlich eine Vereinbarung, die das Bundesministerium für Gesundheit oder Google verpflichtet.“ Google stehe es jederzeit frei, die Informationen aus dem Nationalen Gesundheitsportal nicht mehr zu nutzen und stattdessen die Informationen anderer Portale in die sogenannte Infobox einzustellen. „Dementsprechend erhält Google keinerlei Zahlungen durch das Bundesministerium für Gesundheit. Wie dargelegt besteht auch sonst kein Dienstleistungsverhältnis.“

„Eine Wettbewerbsverzerrung auf dem Pressemarkt besteht nicht“

Was einen möglichen Konflikt mit dem Diskriminierungsverbot und der Pressefreiheit betrifft, wie von vielen Verlegern angeführt, sieht das BMG kein Problem. „Eine Wettbewerbsverzerrung auf dem Pressemarkt besteht nicht. Weder das Nationale Gesundheitsportal selbst noch die Wiedergabe seiner Inhalte in Internetsuchmaschinen berühren den privatwirtschaftlichen Pressemarkt.“ Die Inhalte des Nationalen Gesundheitsportals sind demnach eng begrenzt auf objektive Gesundheitsinformationen aus bestimmten, klar definierten Quellen. „Das Nationale Gesundheitsportal ist kein presserechtliches Erzeugnis und bietet keine journalistisch gestalteten Beiträge.“

Aus den Aufgaben des Bundesministeriums für Gesundheit zur Informations- und Öffentlichkeitsarbeit in Belangen der Gesundheit folge „die Befugnis, objektive gesundheitsbezogene Informationen für die Bürgerinnen und Bürger in zeitgemäßer und verständlicher Form bereitzuhalten. Mit der Einrichtung und Kommunikation des Nationalen Gesundheitsportals macht das Bundesministerium für Gesundheit von dieser Kompetenz Gebrauch.“ Dass eine Förderung und Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung erforderlich sei, ergebe sich auch aus verschiedenen Studien. Gemeint ist damit offenbar vor allem eine im Jahr 2016 veröffentlichte Studie der Universität Bielefeld, die ergeben hatte, dass rund die Hälfte der Menschen in Deutschland über eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz verfügt. „Eine Kritik oder Benachteiligung privatwirtschaftlicher Presseerzeugnisse im Gesundheitsbereich ist damit nicht verbunden.“

Hat Spahn etwas zu verbergen?

Den FDP-Gesundheitsexperten Wieland Schinnenburg, der die Kleine Anfrage federführend für seine Fraktion eingebracht hatte, stellt der Antwort des Ministeriums nicht zufrieden. „Die Antwort der Bundesregierung zeichnet ein diffuses Bild: Es gebe weder eine schriftliche noch eine mündliche Vereinbarung mit Google“, teilt er mit. „Dazu passt nicht, dass der Minister noch im November 2020 gemeinsam mit Google-Europachef Philipp Justus auf der Bühne stand und die gemeinsame Zusammenarbeit lobte.“ Auch dass Google suchmaschinenoptimierte Inhalte zur Verfügung stellt, widerspreche dem. „Es macht misstrauisch, dass  die Pressemitteilung zur Kooperation vom 10. November 2020  aus dem Netz genommen wurde“, merkt der Abgeordnete an. „Den Eindruck, er habe etwas zu verbergen, muss Minister Spahn schnellstens ausräumen.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

.

von Anita Peter am 25.01.2021 um 12:25 Uhr

Jens Spahn hat in seinem Handeln noch nie ein Problem gesehen. Das ist das Problem.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.