Aprovel® Kapseln, 15 mg, 100 Stück
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Aus der Rezeptur
Wie stellt man Kapseln aus Fertigarzneimitteln her?
Manche Rezepturen enthalten Wirkstoffe, die nicht als Rezeptursubstanz erhältlich sind. Dann kommen Fertigarzneimittel zum Einsatz. Wie die Herstellung von niedrigdosierten Kapseln aus Fertigarzneimitteln erfolgt, verrät unsere Rezepturexpertin von ptaheute.de, Dr. Annina Bergner.
In letzter Zeit hat ptaheute.de von seinen Leser:innen einige Anfragen zur Herstellung niedrig dosierter Kapseln für Säuglinge bekommen. Der benötigte Wirkstoff war jeweils nicht als Rezeptursubstanz erhältlich, die Herstellung musste daher aus einem Fertigarzneimittel erfolgen.
Anhand folgender Verschreibung soll die Herstellung von Kapseln aus gepulverten Fertigarzneimittel-Tabletten näher vorgestellt werden:
Bei Säuglingen: Kapseln als abgeteilte Pulver
Viele Wirkstoffe für Säuglinge werden in individueller Dosierung vom Arzt als einzeldosierte Arzneiform verordnet. In unserem Beispiel soll das Antihypertonikum Irbesartan verarbeitet werden. Eine Herstellung erfolgt aus dem Fertigarzneimittel Aprovel® 150 mg Filmtabletten. Üblicherweise wird dazu aus dem FAM und einem Füllmittel eine Pulververreibung hergestellt und diese in Hartgelatine-Steckkapselhüllen als abgeteilte Pulver verpackt. Bei Kindern wird der Inhalt zur Applikation verständlicherweise ausgefüllt und mit der Nahrung verabreicht. Um die Menge an Füllstoff möglichst gering zu halten, soll dazu eine möglichst kleine Kapselgröße ausgewählt werden. Die in Apotheken üblicherweise vorhandenen Kapselfüllmaschinen lassen allerdings meist nur die Größen 0 (0,68 ml) und 1 (0,5 ml) zu.
Fertigarzneimittel im Überschuss verwenden
Zur Herstellung der gewünschten Anzahl an Kapseln werden 1.500 mg Wirkstoff benötigt. Dieser ist in 10 Tabletten des Fertigarzneimittels enthalten. Aufgrund einer Schwankungsbreite des Gehalts der einzelnen Tabletten im zweistelligen Prozentbereich müssen diese stets im Überschuss verarbeitet werden. Ansonsten kann es leicht zu einer Unterdosierung der hergestellten Kapseln kommen. Eine genaue Größe zur Festlegung dieses Überschusses existiert dabei nicht. Das NRF empfiehlt in seinem Rezepturhinweis „Kapseln für die pädiatrische Anwendung“ mindestens eine zweistellige Anzahl an Tabletten einzusetzen. Bei obiger Rezeptur bietet sich zur Herstellung der Pulvermischung die Verwendung von 20 Tabletten des FAM an. Zunächst müssen diese Tabletten alle zusammen gewogen werden und daraus die durchschnittliche Masse einer Tablette bestimmt werden, anschließend können diese in einer rauen Reibschale fein verrieben werden.
Wie viel Pulver muss nun abgewogen werden?
20 Tabletten wiegen 4,760 g, die Durchschnittsmasse einer Tablette beträgt also 0,238 g. Zur Herstellung von 100 Kapseln werden 1.500 mg Wirkstoff benötigt, diese sind in 10 Tabletten des Fertigarzneimittels enthalten. Diese 10 Tabletten entsprechen einer Pulvermenge von 2,38 g. Diese Menge an Fertigarzneimittel-Pulvermischung muss nun noch mit einem Zuschlag zur Herstellung von 10 % versehen werden. Diesen Produktionszuschlag gegen Unterdosierung empfiehlt das NRF bei einer Herstellung von niedrig dosierten Kapseln mit weniger als 20 mg Wirkstoff. Zur Herstellung von 100 Kapseln mit je 15 mg Irbesartan werden also 2,618 g gepulvertes Fertigarzneimittel (Aprovel®) abgewogen, der Rest kann verworfen werden.
Welcher Füllstoff ist geeignet?
Grundsätzlich soll bei der Weiterverarbeitung von Tabletten zu Kapselrezepturen als Füllstoff ein Hilfsstoff zum Einsatz kommen, der bereits im Fertigarzneimittel enthalten ist. Dadurch werden nicht unnötigerweise weitere Stoffe in die Pulvermischung eingebracht und es kann zudem von einer Verträglichkeit ausgegangen werden. Die genauen Bestandteile des Fertigpräparats können in der Fachinformation unter dem Punkt 6.1 „Liste der sonstigen Bestandteile“ nachgelesen werden. Die Aprovel® Tabletten enthalten als Hilfsstoff unter anderem Lactose-Monohydrat, so dass sich die Verwendung dieses Zuckers als Füllstoff anbietet. Bei Lactose-Monohydrat sind allerdings bei geringer Teilchengröße die Fließeigenschaften relativ schlecht, hier kann aber der Zusatz von 0,5 % Hochdispersem Siliciumdioxid als Fließregulierungsmittel Abhilfe schaffen.
Massenbasierte Herstellung nicht möglich
Mittlerweile wird gerade bei niedrig dosierten Kapselrezepturen eine massenbasierte Herstellung empfohlen. Dabei wird der Wirkstoff in einer glatten Schale aus Edelstahl mit dem Füllmittel ohne Verreibung vermischt. Voraussetzung für diese Herstellungsmethode ist, dass die Schüttdichte der Pulvermischung hauptsächlich vom Füllmittel bestimmt wird und als Füllmittel das Standardfüllmittel aus Mannitol 99,5 % und Siliciumdioxid 0,5 % nach NRF S.38. verwendet wird. Eine Herstellung von Kapseln aus gepulverten Fertigarzneimittel-Tabletten ist nach dieser Methode also nicht möglich.
Volumenergänzungsmethode als Alternative
Eine rezepturmäßige Befüllung der Hartgelatine-Steckkapseln mit dem gepulverten Fertigarzneimittel kann nach der bekannten Messzylindermethode oder auch nach der Volumenergänzungsmethode erfolgen. Auf jeden Fall ist bei beiden Methoden zur Herstellung eine glatte Schale zu verwenden. Bei der Methode zur Volumenergänzung wird die genau abgewogene Menge an gepulvertem FAM zunächst mit etwas Füllmittel zu einem Konzentrat vermengt. Dieses Konzentrat wird auf die geöffneten Kapselunterteile möglichst gleichmäßig verteilt. Anschließend können die Unterteile mit reinem Füllmittel aufgefüllt werden, unter vorsichtigem Aufklopfen des Kapselfüllgerätes sollen diese sogar geringfügig überfüllt werden. Dieser geringe Zuschlag an Füllmittel sorgt bei der späteren Kapselfüllung für eine ausreichende Pulvermenge. Die befüllten Unterteile werden vollständig entleert, die Pulvermischung wird in der Schale mit einem Kartenblatt verrührt und danach gleichmäßig auf die Kapselunterteile verteilt.
Hinweis zur Festlegung der Aufbrauchfrist
Grundstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln können bis zum letzten Tag ihrer Haltbarkeit zur Herstellung von Rezepturen verwendet werden, danach schließt sich ganz normal die Aufbrauchfrist für den Patienten an. Das liegt daran, dass Ausgangsstoffe bis zum Schluss ihrer Haltbarkeit den im Arzneibuch angegebenen Mindestgehalt aufweisen müssen. Bei Fertigarzneimitteln ist das anders, hier schließt dessen Spezifikation die zulässige Gehaltsabnahme bereits ein. Kommt bei einer Rezeptur ein Fertigarzneimittel zum Einsatz, so kann die daraus hergestellte Zubereitung nie länger haltbar sein als das verwendete Arzneimittel.
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