Stiftung Warentest: Halsschmerzen, Schnupfen, Fieber (Teil 1 von 2)

Gut oder nur günstig bei Erkältungen?

Stuttgart - 05.02.2021, 07:00 Uhr

Stiftung Warentest empfiehlt, lieber einzelne Symptome zu behandeln, als Kombipräparate einzunehmen. (Foto: sebra / stock.adobe.com) 

Stiftung Warentest empfiehlt, lieber einzelne Symptome zu behandeln, als Kombipräparate einzunehmen. (Foto: sebra / stock.adobe.com) 


Stiftung Warentest hat „50 nützliche, rezeptfreie und preiswerte Mittel“ bewertet. Was hilft bei Halsschmerzen, welche Arzneimittel stuft Warentest bei Schnupfen, Fieber und Schmerzen als sinnvoll ein? Und empfehlen die Verbraucherschützer die gleichen Wirkstoffe wie die Leitlinie? DAZ.online beleuchtet in einem Zweiteiler die Arzneimittelkiste von Stiftung Warentest. Im ersten Teil geht es um Halsschmerzen, Schnupfen, Fieber und Schmerzen, im zweiten sodann um Husten.

Noch immer ist Stiftung Warentest kein Fan von Erkältungskombi-Präparaten wie Aspirin® Complex (ASS, Pseudoephedrin), Wick® Medinait (Paracetamol, Doxylamin, Dextrometorphan, Ephedrin) und Grippostad® (Paracetamol, Chlorphenamin, Coffein, Vitamin C). Die typischen Kombinationspräparate seien „nicht oder wenig sinnvoll zusammengesetzt“ und deshalb bei Erkältungen „wenig geeignet“.

Diese Einstellung seitens Stiftung Warentest ist nicht neu. Seit Jahren plädiert sie dafür, jedes Erkältungssymptom besser einzeln zu behandeln, da bei einem Infekt nicht zwangsläufig Husten und Schnupfen, Fieber und Schmerzen immer gemeinsam auftreten. Zu viele Wirkstoffe hingegen könnten den Körper unnötig belasten. Außerdem betrachten die Autoren systemische α-Sympathomimetika, wie Pseudoephedrin, oder systemische Antihistamine, wie Chlorphenamin, zum Abschwellen der Nasenschleimhaut für überflüssig, würden doch lokal angewandte Nasensprays den Körper weniger belasten. Bei Wick® Medinait kritisiert Stiftung Warentest die enthaltenen 18 Prozent Alkohol.

BAH: Kombiarzneimittel sind wirksam und sicher

Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller BAH sieht Kombinationspräparate nicht so kritisch wie Stiftung Warentest, im Gegenteil. Der Geschäftsführer Wissenschaft, Dr. Elmar Kroth, erklärt: „Arzneimittel-Kombipräparate sind wie alle Medikamente von den zuständigen Behörden geprüft, sie sind wirksam, sicher – und zudem sehr beliebt. Eine Befragung des Gesundheitsmonitor aus dem Jahr 2020 unter 1.000 Personen hat ergeben: Mehr als drei von vier Befragten (77 Prozent) geben an, dass ihnen Kombipräparate immer oder meistens geholfen haben. Zudem haben wir gefragt, warum die Personen Kombipräparate eingenommen haben. 57 Prozent der Befragten, also mehr als die Hälfte, sagten, sie hätten sich deshalb für ein Kombipräparat entschieden, weil sie damit zuvor schon gute Erfahrungen gemacht hätten. Das bestätigt: Die Bevölkerung schätzt die Kombipräparate, denn sie haben eine gute Wirksamkeit und Verträglichkeit.“

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Gut oder nur günstig bei Erkältungen?

Was also können Erkältungspatienten nach Ansicht von Stiftung Warentest an Arzneimitteln anwenden, um ihre Beschwerden zu lindern? Mit Rat und Tat stand Arzneimittelexperte Professor Gerd Glaeske von der Universität Bremen zur Seite.

Was tun bei Halsschmerzen?

Bei Halsschmerzen rät Stiftung Warentest zu Emser Pastillen, die beim Lutschen den Rachen befeuchten. Bei stärkeren Schmerzen könnte man zu Lidocain- oder Ambroxol-haltigen Präparaten greifen, wobei sich Stiftung Warentest bei den betäubenden Wirkstoffen noch mehr Wirksamkeitsbelege wünscht. Auch die im Oktober 2020 aktualisiert AWMF-S3-Leitlinie zu Halsschmerzen schreibt, dass die Studienlage zur lokalen Therapie von Halsschmerzen von geringer Qualität ist. Die Daten weisen laut den Leitlinien-Experten bei Lokaltherapeutika mit NSAR oder Lokalanästhetika nur auf ein „geringes Potenzial“ hin, Ambroxol sei innerhalb von drei Stunden etwas wirksamer bei Halsschmerzen als Minzaroma-Lutschtabletten. Wovon die Leitlinie deutlich abrät: Halsschmerzen mit Lokalantiseptika oder Lokalantibiotika zu behandeln. Als weitere Behandlungsmöglichkeit nennt die Leitlinie auch Ibuprofen oder Naproxen für eine kurzfristige, symptomatische Therapie akuter Halsschmerzen. Das geringere gastrointestinale Nebenwirkungsrisiko hat Ibuprofen.

Was tun bei Schnupfen?

Sollten die Erkältungspatienten über Schnupfen klagen, sind für eine freie Nase die Mittel der Wahl Xylometazolin- oder Oxymetazolin-haltige Nasentropfen oder 
-sprays. Als günstige Präparate nennt Stiftung Warentest Nasenspray AL oder das Präparat von AbZ. Mit Oxymetazolin ist lediglich Nasivin® auf dem Markt. Um Gewöhnungseffekte zu vermeiden, sollten Nasensprays (-tropfen) jeweils nur sieben Tage angewendet werden. Manche Patienten kommen auch mit Salzlösungen mit oder ohne pflegende Inhaltsstoffe wie Dexpanthenol (z. B. Bepanthen® Meerwasser, Rhinomer®) zurecht.

Gibt es Alternativen zu Xylometazolin?

Daneben werben zahlreiche Hersteller von Nasensprays mit abschwellenden Effekten für ihre Präparate, ohne aber auf α-Sympathomimetika wie Xylometazolin oder Oxymetazolin zurückzugreifen. Welches Stiftung Warentest hier nicht erwähnt, ist Emser Nasenspray, was tatsächlich in einer Studie mit Kindern mit Infektionen der oberen Atemwege und Beteiligung des Mittelohrs eine ähnlich gute Wirksamkeit wie Xylometazolin zeigte. Veröffentlicht wurde die doppelblinde, randomisierte, prospektive Studie  2005 im „International Journal of Pediatric Otorhinolaryngology“. Die Studienautoren schreiben: „Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es bei Kindern im Alter von zwei bis sechs Jahren keinen Unterschied in der Wirksamkeit zwischen einer ausschließlichen Behandlung mit Emser Salzlösung und (EMS) einer Behandlung mit Xylometazolin gibt, jedoch mit dem Unterschied, dass bei EMS die Anwendungsdauer nicht eingeschränkt war, dass es keine potenziellen Nasenspray-Nebenwirkungen und keine Kontraindikation bei Neugeborenen und Säuglingen gab.“ Welches Nasenspray abschwellend wirkt und statt Xylometazolin angewendet werden kann, hat sich DAZ.online in einem Zweiteiler angeschaut.

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Was tun bei Schmerzen und Fieber?

Übersichtlich sind die Empfehlungen von Stiftung Warentest bei Schmerzen und Fieber: „Ibuprofen, Paracetamol und ASS bekämpfen Fieber und leichte bis mäßige Schmerzen.“ Eine Präferenz spricht Stiftung Warentest nicht aus, merkt jedoch an, dass Leberkranke Paracetamol meiden sollten und ASS und Ibuprofen dafür den Magen reizen. Erhältlich sind die Schmerzmittel für sehr wenig Geld, etwa von den Herstellern 1A Pharma, AL oder AbZ. Bei der Kombination ASS plus Vitamin C ist Stiftung Warentest tolerant, der Zusatz sei „eigentlich unnötig“, auch wenn die Hersteller bessere Magenverträglichkeit propagierten. Doch, da es Brausetabletten seien, sei das Gute daran: „Man nimmt sie mit Wasser ein, und sie wirken schnell.“

In Teil 2 von „Gut oder nur günstig bei Erkältungen?“ geht es um Husten. Hier fällt auf: Nicht immer deckt sich die Empfehlung von Stiftung Warentest bei akutem Husten mit denen der aktuellen Leitlinien – was ist der Grund? DAZ.online hat nachgefragt.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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