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Interview mit Landrat Roland Bernhard
„Die Apotheker-Lösung ist das Markenzeichen des Böblinger Modells“
Nationale Teststrategie: Noch viele offene Fragen
Welche Menschen kommen nach Ihrer Erfahrung mit welcher Motivation in die Testzentren?
Das ist ganz unterschiedlich. Natürlich kommen diejenigen, die planen, ein Pflegeheim oder die Oma zu besuchen. Aber auch Unternehmen fragen nach. Irgendwann kommt man an den Punkt, wo Begegnungen wieder nötig sind, nicht alles lässt sich im Homeoffice erledigen. Ich glaube, dass perspektivisch mit den Freiheitsgraden auch die Nachfrage bei Schnelltests steigen wird. Vermutlich wird die Teilnahme an bestimmten Events nur mit Vorliegen eines negativen Testergebnisses möglich sein. Wir können nicht warten, bis alle durchgeimpft sind, dann geht unsere Wirtschaft in die Knie. Deshalb sollten wir die Testmöglichkeiten nutzen, um schrittweise Lockerungen zu wagen.
Auch auf Bundesebene sollen Schnelltests jetzt an Bedeutung gewinnen. Wie stehen Sie zu deren Anwendung im privaten Bereich?
Für uns war das keine Option. Ich bin auch weiterhin dafür, die Tests von geschultem Personal durchführen zu lassen und nicht, dass sich jeder selbst zuhause testet. Da gehört schon eine offizielle Struktur dazu. Das gilt ganz besonders, wenn man daran bestimmte Freiheiten knüpft – etwa den Besuch von Veranstaltungen oder im Restaurant.
Haben Sie persönlich in den vergangenen Wochen und Monaten etwas über das Apothekenwesen gelernt?
Unwahrscheinlich viel! Das kommt auch durch die enge und sehr konstruktive Zusammenarbeit mit Herrn Schittenhelm. Ich kenne die Apothekenwelt kaum, vieles lasse ich mir von ihm erklären und bin sehr angetan von der Kompetenz, die der Berufsstand mitbringt. Umgekehrt bekommt er einen Einblick in die kommunalen Strukturen und erfährt zum Beispiel, wie schwer es ist, Geld zu beschaffen. Glücklicherweise hat er sich finanziell auf einen Deal eingelassen: Die 29 Euro, die die Selbstzahler zunächst zahlen mussten, konnte der Landkreis nicht bezahlen. Wir haben uns dann auf 18 Euro je Test geeinigt. Das entspricht auch genau dem Satz aus der Bundestestverordnung. Dafür profitiert er von einer höheren Auslastung seines Testzentrums, wenn der Landkreis seinen Einwohnern die Tests bezahlt.
Wackelt das Modell, wenn künftig alle Apotheken und Arztpraxen Corona-Schnelltests anbieten können und diese vom Staat finanziert werden?
Es steht zunächst einmal jeder Apotheke frei, ob sie Corona-Schnelltests anbieten möchte oder nicht. Das ist keine Zwangsbeglückung, jeder Betrieb kann diese Entscheidung für sich selbst treffen. Es wäre auch gut, wenn einige mitmachen würden, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre es allerdings fair, wenn diejenigen, die sich beteiligen möchten, uns zumindest darüber informieren, damit wir besser planen können und kein destruktiver Wettbewerb entsteht.
Was raten Sie Bundesgesundheitsminister Spahn: Worauf sollte er bei seiner Teststrategie achten?
Er muss zunächst einmal die Frage beantworten, wie er gewährleisten will, dass letztlich auch wirklich mehr Tests durchgeführt werden. Noch vermisse ich einen geordneten Rahmen, innerhalb dessen sich die nötigen Strukturen bilden können. Zudem bleibt zu klären, welchen Baustein genau die Selbsttests in der Strategie darstellen sollen. Bisher gibt es keine Abgrenzung zu professionell durchgeführten Tests. Soll ein negativer Selbsttest ein Freibrief sein etwa für die Teilnahme an bestimmten Veranstaltungen? Oder sind sie lediglich als Ergänzung zu professionellen Angeboten gedacht? Welchen Wirkungsgrad haben sie? Da sehe ich noch viele offene Fragen.
2 Kommentare
9 €
von Thomas am 22.02.2021 um 10:51 Uhr
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super
von Karl Friedrich Müller am 22.02.2021 um 9:40 Uhr
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