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Die SPD strebt ein „hochmodernes Gesundheitswesen“ an. Das sagte Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gestern bei der Präsentation eines Entwurfs für ein Wahlprogramm der Sozialdemokraten. Doch was genau steht drin? DAZ.online hat sich den Entwurf angeschaut.
Am 26. September dieses Jahres ist es wieder soweit: Die Bundestagswahl steht an. Als erste der aktuell im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien hat jetzt die SPD ihr sogenanntes „Zukunftsprogramm“ vorgelegt. DAZ.online hat hineingeschaut.
Zunächst einmal trauern die Sozialdemokraten vergangenen Zeiten hinterher. „Deutschland galt für Jahrzehnte als ‚Apotheke der Welt‘“, erinnern sie. „Die klügsten Forscher:innen fanden sich in deutschen Instituten, dort sammelten sie Nobelpreise, die unumstritten weltbeste Pharmaindustrie wurde hierzulande aufgebaut. Deutschland versorgte Kranke in aller Welt mit allen denkbaren Heilmitteln, von Aspirin bis zum Impfstoff gegen Tuberkulose.“
Die Coronakrise habe deutlich gemacht, dass die Abwanderung der Arzneimittelproduktion ins Ausland und die damit zunehmende Abhängigkeit zu Lieferengpässen oder gar Versorgungsengpässen führen kann. „Deutschland muss wieder seine Innovationskraft einsetzen, um Krankheiten zu bekämpfen“, fordert die SPD. Dass die gezielte Förderung von Innovationen und neuen Methoden erfolgreich sein kann, habe aktuell das Beispiel Biontech gezeigt. „Es zeigt auch, dass die Gesundheitswirtschaft kein reiner Markt ist und eine aktive Rolle des Staates Leben retten kann. Wir werden die besten Medikamente und besten medizinischen Produkte entwickeln und deswegen in die Forschung, auch im Bereich der personalisierten Medizin, weiter investieren.“
Zudem will die SPD dafür sorgen, dass die Medikamente, die hierzulande entwickelt werden, in ärmeren Ländern nicht überteuert und knapp sind. „Eines unserer Ziele ist die Standardisierung der Entwicklungsmethoden der personalisierten Medizin, sodass sie zu erschwinglichen Preisen für alle zugänglich wird.“ In der Pharmaforschung sollen nach dem Willen der Sozialdemokraten künftig Frauen und Kinder stärker berücksichtigt werden als bisher.
Darüber hinaus will die SPD die Digitalisierung des Gesundheitswesens weiter vorantreiben. „Wir wollen die Potenziale der Digitalisierung für die Verbesserung von Diagnosen und für die flächendeckende gesundheitliche Versorgung entschlossener nutzen“, heißt es im Entwurf. „Für uns ist aber klar: Die Digitalisierung wird unser hervorragendes und engagiertes medizinisches Personal nicht ersetzen. Hinter guter medizinischer Versorgung und Pflege stehen immer Menschen.“ Damit alle Beteiligten im Gesundheitswesen die digitale Transformation bewältigen können, sind flächendeckende Weiterbildungs- und Unterstützungsangebote aus Sicht der SPD unerlässlich.
Regionalen Handel fördern, Kommerzialisierung im Gesundheitswesen zurückdrängen
Im Digitalisierungsabschnitt des Programms gehen die Sozialdemokraten auch auf den Online-Handel ein. „Online-Handel und Plattformökonomie verändern den Handel dramatisch, mit negativen Auswirkungen für unsere Innenstädte“, ist dort zu lesen. „Damit nicht nur die großen Digitalkonzerne profitieren, werden wir Plattformen für den regionalen Handel und regionale Dienstleistungen fördern.“ Diese Ankündigung könnte auch für den Gesundheitssektor wichtig werden: Während DocMorris bereits eine eigene Plattform gelauncht hat, tüfteln zum Beispiel Noventi und Phoenix derzeit gemeinsam an einem Modell, mit dem sie nach eigenen Angaben großen Playern wie Amazon und Alibaba den Kampf ansagen wollen. Auch der Deutsche Apothekerverband arbeitet an einer eigenen Plattform, zu deren Details bislang aber wenig kommuniziert worden ist.
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Des Weiteren hat die SPD die nach wie vor recht starren Sektorengrenzen im Gesundheitswesen im Blick. „Wir brauchen eine stärkere Öffnung von Krankenhäusern für die ambulante Versorgung“, schreibt sie. „Eine qualitativ hochwertige Versorgung kann am besten durch eine Neuordnung der Rollenverteilung zwischen ambulantem und stationärem Sektor und durch eine Überwindung der Sektorengrenzen gelingen. Dienstleistungen können dann von niedergelassenen Teams und Krankenhäusern gemeinsam erbracht werden.“
Daneben planen die Sozialdemokraten offenbar, die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens zurückzudrängen. „Gesundheit ist keine Ware“, betonen sie im Programm. „In unserem Gesundheitssystem müssen die Bürger:innen im Mittelpunkt stehen. Der Staat muss deshalb sicherstellen, dass die Leistungen der Gesundheitsversorgung den Bedürfnissen derer entsprechen, die sie benötigen.“ Und weiter: „Wir wollen die Renditeorientierung im Gesundheitswesen begrenzen, denn sie wirkt sich negativ auf die Versorgung der Patient:innen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten aus. Gewinne, die aus Mitteln der Solidargemeinschaft erwirtschaftet werden, müssen zumindest mehrheitlich wieder in das Gesundheitssystem zurückfließen.“
Darüber hinaus will die SPD zum Beispiel das Fallpauschalen-System im Krankenhaussektor überdenken sowie für eine Grundfinanzierung der Kliniken und den Erhalt der Versorgung in ländlichen Regionen sorgen. An ihrem Modell einer Bürgerversicherung hält sie weiterhin fest.
5 Kommentare
@Herr Hartmann
von Karl Friedrich Müller am 02.03.2021 um 20:11 Uhr
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Wahlkamof: "Kommerzialisierung des Gesundheitswesens zurückdrängen"
von Klaus Götze am 02.03.2021 um 18:50 Uhr
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SPD - glaubwürdig war gestern
von ratatoske am 02.03.2021 um 18:33 Uhr
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Ehrlich?
von Karl Friedrich Müller am 02.03.2021 um 11:24 Uhr
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AW: Ehrlich
von Frank Hartmann am 02.03.2021 um 16:25 Uhr
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