Die Daten stammen aus einer 2003 im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten Studie „Overweight, Obesity, and Mortality from Cancer in a Prospectively Studied Cohort of U.S. Adults“. Bezogen auf alle Krebserkrankungen zusammen, hatten stark übergewichtige Männer in der Untersuchung ein 52 Prozent höheres Risiko für krebsbedingten Tod und Frauen dafür ein 62 Prozent höheres Risiko als normalgewichtige. Wohlgemerkt: Die von Smollich zitierten Daten wurden zwischen 1982 und 1998 vor allem an US-amerikanischen Bürgern erhoben, seither hat die dortige Bevölkerung nochmals kräftig an Gewicht zugelegt: 1990 waren laut Statista 23 Prozent der US-Amerikaner fettleibig (definiert als BMI ab 30 kg/m2), 2015 waren es bereits 38,5 Prozent.
Adipositas-Epidemie zieht Krebs-Epidemie nach sich
Mit dem Wissen, dass etwa 30 Prozent aller Krebserkrankungen durch Übergewicht verursacht werden, lässt sich anhand der Gewichtsentwicklung der Bevölkerung leicht antizipieren, wohin die Reise hinsichtlich der Prävalenz von ernährungsbedingten Krebserkrankungen hingeht: „Der Tsunami der Adipositas der westlichen Welt, die Adipositas-Epidemie, zieht gleichzeitig eine Krebs-Epidemie nach sich“, beschrieb Smollich anschaulich. Und davor warnten Epidemiolog:innen schon seit Jahren. Aktuell untermauert eine neue Studie im Fachjournal „Cancer“, die im August unter „Emerging cancer incidence trends in Canada: The growing burden of young adult cancers“ veröffentlicht wurde, diese Aussage.
Die Studie untersuchte die Geburtsjahrgänge zwischen 1983 und 2012 auf 28 Krebsentitäten und fand, dass 1988 Geborene ein doppelt so hohes Risiko für Kolonkarzinom und ein fünffach erhöhtes Risiko für Rektalkarzinom hatten als 1943 Geborene. Hingegen war die Gefahr für Lungenkrebs bei den späteren Jahrgängen 60 Prozent geringer als bei früheren. Für manche Krebsarten konnten die Wissenschaftler um Emily Heer einen Zusammenhang mit Überernährung feststellen, was sie zu dem Fazit bewog: „Bei jungen Erwachsenen steigt die Inzidenz einiger Krebsarten im Zusammenhang mit Fettleibigkeit“.
Smollich stützte seine Online-Vorlesung auf eine weitere Studie „Demographic trends in the incidence of young‐onset colorectal cancer: a population‐based study“, veröffentlicht im März dieses Jahres im Fachjournal „BJS“. Die Wissenschaftler:innen erkannten, dass das Erkrankungsalter für Darmkrebs in den letzten Jahren dramatisch gesunken ist. Sie warnten deswegen davor, das Kolorektalkarzinom weiterhin nur als Erkrankung alter Menschen zu sehen.
Warum „fördert“ Überernährung das Krebsrisiko?
Laut Smollich fördert eine hyperkalorische Ernährung zahlreiche Faktoren, die letztlich zur Krebsentstehung beitragen. So spielten Leptin-vermittelte Effekt eine Rolle, ebenso komme es zur Insulinämie, einer verstärkten Produktion und Wirkung von IGF-1 und den Sexualhormonen Estradiol und Testosteron. „Dies sind alles extrem potente Wachstumsfaktoren, die die Epithelzellen zur Proliferation stimulieren, die Apoptoserate reduzieren und dadurch eine genomische Instabilität erzeugen“, erklärte Smollich.
Welche Rolle spielen Fleisch, verarbeitete Fleischprodukte und Alkohol bei Krebs? Darum geht es im zweiten Teil von „Mit Ernährung Krebs vorbeugen: Sollte man auf Fleisch und Alkohol verzichten?“
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