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Die dritte Welle rollt
Lauterbach: „Wir müssen zurück in den Lockdown“
Ostern könnte das neue Weihnachten werden – zumindest was die COVID-19-Inzidenz betrifft, warnt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er fordert, verstärkt auf Erstimpfungen zu setzen, um Krankenhauseinweisungen zu verhindern. An einem neuen Lockdown führt zudem aus seiner Sicht kein Weg vorbei. Zustimmung äußerte er zur Entscheidung der EMA bezüglich des Corona-Impfstoffs von AstraZeneca.
Karl Lauterbach ist ein gefragter Mann. Der SPD-Gesundheitsexperte ist von Haus aus Epidemiologe und tingelt derzeit von einer Talkshow zur nächsten. Heute stand er Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Seite, der sich in Berlin den Fragen der Journalisten zur Impfung mit der COVID-19-Vakzine von AstraZeneca stellte.
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Bei dem Termin zeichnete Lauterbach ein eher düsteres Bild der kommenden Wochen. Die COVID-19-Inzidenz steige wieder exponentiell, sagte er. Und dies sei maximal zu einem Drittel durch die steigende Anzahl der durchgeführten Tests auf SARS-CoV-2 erklärbar. „Die dritte Welle hat bereits begonnen“, betonte der Bundestagsabgeordnete. Sorge bereitet ihm aktuell die britische Virusvariante, die als rund 50 Prozent ansteckender gilt als der Wildtyp. Der R-Wert der Mutante beträgt Lauterbach zufolge ungefähr 1,3. Schon bald werde sie den Wildtyp verdrängt haben. Dann drohe eine Verdopplung der Fallzahlen alle zehn bis 14 Tage. Schon Mitte April sei eine Inzidenz von etwa 200 zu erwarten, warnte der Sozialdemokrat.
Aus seiner Sicht wird Deutschland nicht um einen neuen Lockdown herumkommen. Denn wenn die meisten Älteren geimpft seien, sei zu erwarten, dass bei hoher Inzidenz vor allem Menschen im Alter von etwa 60 Jahren auf den Intensivstationen der Krankenhäuser behandelt werden müssen – und sie überlebten länger als die Hochbetagten. Das führe letztlich dazu, dass wegen der längeren Liegedauer auch mehr Intensivbetten benötigt würden. Es drohe also eine Überlastung der Kliniken.
Lauterbach sprach sich dafür aus, schnell aktiv zu werden. „Wir müssen zurück in den Lockdown“, sagte er. Je früher der Staat reagiere, desto kürzer könne der Lockdown gehalten werden. „Er wird später eh kommen und dann nur umso länger ausfallen“, prophezeit der SPD-Abgeordnete. Um Krankenhauseinweisungen in großer Zahl zu verhindern, rät er dazu, möglichst vielen Menschen, die besonders gefährdet sind, schwere COVID-19-Verläufe zu erleiden, eine Erstimpfung zukommen zu lassen. Denn der Impfstoff von AstraZeneca etwa sei in der Lage, bereits nach einmaliger Applikation Krankenhauseinweisungen zu 95 Prozent zu verhindern. Zudem ließe sich durch systematische Testungen in Schulen und Betrieben der R-Wert um etwa 0,3 bis 0,4 senken.
„Das ist kein Impfstoff zweiter Klasse!“
Die Entscheidung der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA vom gestrigen Donnerstagabend begrüßte Lauterbach ausdrücklich. Die Behörde hatte ihren Pharmakovigilanzausschuss PRAC um eine Einschätzung gebeten, wie vor dem Hintergrund der aufgetretenen Fälle von seltenen Hirnvenenthrombosen bei AstraZeneca-Geimpften der Einsatz der Vakzine weiterhin empfohlen werden könne. Unter dem Strich überwiegt nach Einschätzung der Expert:innen der Nutzen des Mittels weiterhin die möglichen Risiken. Spahn hob daraufhin nur wenige Stunden später den Impfstopp mit dem Präparat des britisch-schwedischen Herstellers auf, den er zuvor am vergangenen Montag verhängt hatte. Schon heute soll mit dem Corona-Impfstoff von AstraZeneca weiter geimpft werden.
Lauterbach betonte, es gelte dabei zwischen Thrombosen allgemein und den sehr selten auftretenden Sinusvenenthrombosen zu unterscheiden. Thrombosen, wie sie etwa als eine Nebenwirkung der Pille bekannt sind und die zudem häufig bei älteren Menschen auftreten, seien im Nachgang zu einer Impfung mit AstraZeneca nicht gehäuft aufgetreten – anders als Sinusvenenthrombosen in Verbindung mit Thrombozytopenien. Ob das Auftreten dieser sehr speziellen Art von Gerinnungsstörung tatsächlich in kausalem Zusammenhang mit der Verabreichung der AstraZeneca-Impfung steht, lasse sich derzeit noch nicht beurteilen. „Wir müssen den Worst Case annehmen, aber selbst dann ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis hervorragend“, so Lauterbach. Er selbst würde sich jederzeit mit dem Präparat von AstraZeneca impfen lassen, stellte er klar. „Das ist kein Impfstoff zweiter Klasse!“
Bezüglich des Impfstoffs von AstraZeneca drängt sich aktuell jedoch die Frage auf, ob es besser wäre, vor allem jüngeren Frauen eine Alternative anzubieten. Denn von insgesamt 13 Fällen von Hirnvenenthrombosen nach Impfung, die dem Paul-Ehrlich-Institut bis gestern Mittag bekannt geworden waren, sind in 12 Fällen Frauen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren betroffen. Lauterbach gab allerdings zu bedenken, möglicherweise liege das nicht daran, dass jüngere Frauen besonders gefährdet seien, sondern dass das Mittel bei ihnen besonders häufig zum Einsatz gekommen sei. Vor allem Pflegekräfte haben Lauterbach zufolge häufig den Impfstoff von AstraZeneca erhalten, und in dieser Berufsgruppe ist der Frauenanteil besonders hoch. „Deshalb ist es richtig, dass es keine Einschränkungen bezüglich Alter und Geschlecht gibt“, sagte er. Und Gesundheitsminister Spahn ergänzte, Arzt und Impfling könnten letztlich gemeinsam eine individuelle Entscheidung treffen, ob ein bestimmter Impfstoff im konkreten Fall zum Einsatz kommen sollte oder ob ein anderes Präparat besser geeignet sei. Dies sei inzwischen mit Blick auf das Impfstoffangebot durchaus möglich.
3 Kommentare
Oh Herr Spahn
von TF am 20.03.2021 um 7:50 Uhr
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Herr Lauterbach
von Lisa am 19.03.2021 um 21:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Herr Lauterbach
von Norbert Veicht am 19.03.2021 um 21:45 Uhr
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