Narbenpflege

Was darf man von Narbengelen erwarten?

Waren (Müritz) - 09.04.2021, 07:00 Uhr

Nach allgemeiner Meinung gilt eine Narbe als reif, wenn sie älter als zwei Jahre ist. Dann sind Umstrukturierungsprozess weitgehend abgeschlossen und zumindest eine Behandlung mit Narbengelen führt meist zu keiner Veränderung mehr. Ein Versuch kann es dennoch wert sein. (x / Foto: amawasri / stock.adobe.com)

Nach allgemeiner Meinung gilt eine Narbe als reif, wenn sie älter als zwei Jahre ist. Dann sind Umstrukturierungsprozess weitgehend abgeschlossen und zumindest eine Behandlung mit Narbengelen führt meist zu keiner Veränderung mehr. Ein Versuch kann es dennoch wert sein. (x / Foto: amawasri / stock.adobe.com)


Kann, muss aber nicht

Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG) hat im vergangenen Jahr die S2k-Leitlinie „Therapie pathologischer Narben“ (Stand: 27. März 2020) überarbeitet. Darin wird für Silikon-haltige Externa als Zusatztherapie bei aktiven hypertrophen Narben und zu deren Prävention nach Operationen eine offene Empfehlung  („kann“) ausgesprochen. Leitlinienkoordinator Nast erklärt: „Der Einsatz und Nutzen dieser Ansätze wird zum Teil kontrovers diskutiert. Wenn aber ein Risiko für eine überschießende Narbenbildung besteht, kann zum Beispiel ein Silikongel angewendet werden.“ Von diesen genügt bereits ein hauchdünner Film, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Silikon-Präparate gibt es zudem in Form von Pflastern, Folien und Sprays. Die Anwendung muss konsequent, das heißt alle 12 bis 24 Stunden, über mehrere Wochen bis Monate erfolgen. Das Einmassieren der Zubereitung ins Narbengewebe wird als sinnvoll erachtet. Silikone werden nicht resorbiert und wirken rein physikalisch, vermutlich über einen Okklusionseffekt, der die Wachstumsfaktoren beeinflusst und die Kollagen-Produktion normalisiert.

Auf gleichem Level empfiehlt die Leitlinie die Anwendung von Externa mit Zwiebelextrakt, der hemmend auf Entzündung, Bakterienwachstum und Fibroblasten-Proliferation wirken soll.

Wann ist eine Narbe zu alt für Veränderungen?

Bei älteren, verhärteten Narben kann versucht werden, die Wirkung von Narbenspezifika beispielsweise durch Okklusion oder Ultraschall zu steigern. Nach allgemeiner Meinung gilt eine Narbe als reif, wenn sie älter als zwei Jahre ist. Nach dieser Zeit ist der Umstrukturierungsprozess weitgehend abgeschlossen und zumindest eine Behandlung mit Narbengelen führt meist zu keiner Veränderung mehr. Nast sieht das weniger absolut: „Das ist so global nicht für alle Narbenarten zu beantworten, aber in der Regel können auch sehr alte Narben noch gebessert werden.“

Ein Hautarzt kann noch viel mehr tun

Ist das Ergebnis nach dieser Behandlung nicht zufriedenstellend, stehen weitere Möglichkeiten offen, die jedoch allesamt in ärztliche Hände gehören. Die Leitlinie weist darauf hin, dass es keine Methode für alle gibt, sondern oft eine Kombination verschiedener Behandlungsstrategien nötig ist. „Die wichtigsten Behandlungsoptionen bleiben: Die Injektion von Triamcinolon in Kristallsuspension und die Kryotherapie“, fasst Nast zusammen.

Glucocorticosteroide reduzieren das exzessive Narbenwachstum durch Verminderung der Kollagen-Synthese sowie Reduktion der Glukosaminoglykan-Synthese und hemmen die Fibroblasten-Proliferation. Bei der Kryochirurgie wird das Narbengewebe mit flüssigem Stickstoff vereist. Infrage kommt auch eine Druckbehandlung, die eine Verminderung der kapillaren Perfusion, eine Beschleunigung der Kollagen-Reifung und dadurch eine Abflachung der Narbe bewirken soll. Des Weiteren erhalten Laserbehandlung, Microneedling und die Anwendung ionisierender Strahlung Zuspruch in der Leitlinie.

Vor einem chirurgischen Eingriff wird indes gewarnt, da insbesondere Keloide zu Rezidiven neigen, die häufig deutlich größer sind als die ursprüngliche Läsion. Ausdrücklich und zeitnah empfohlen wird dagegen eine OP bei Narbenkontrakturen an Gelenken oder in mobilen Regionen mit Funktionseinschränkungen sowie bei Narben mit kosmetischer Entstellung. Die Therapieoptionen Hyaluronidase, Calciumkanalblocker und Plasmamedizin werden in der Leitlinie zwar erwähnt, jedoch reichen die Daten und Erfahrungen für eine Empfehlung bisher nicht aus.



Rika Rausch, Apothekerin
redaktion@daz.online


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