Vom 5. bis 8. Mai 2021 findet die zweite Interpharm online statt. Ein Thema des Pharmazeutischen eKongresses: „Tumorkachexie: Was tun bei krebsbedingter Mangelernährung?“. Das volle Programm und weitere Informationen finden Sie hier.
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INTERPHARM online 2021
Was passiert bei Tumorkachexie?
Was genau passiert eigentlich bei einer Tumorkachexie – verlieren die Krebspatienten schlicht den Appetit und deswegen an Gewicht? Ganz so einfach ist es nicht. „Tumorkachexie – Was tun bei krebsbedingter Mangelernährung?“ – diese Frage beantwortet Professor Martin Smollich beim Pharmazeutischen eKongress bei der INTERPHARM online. DAZ.online hat vorab mit dem Ernährungsexperten gesprochen.
DAZ.online: Was sind Ursachen einer Tumorkachexie – haben die Patienten schlicht keinen Hunger oder Appetit?
Professor Martin Smollich: In der Tat leiden viele tumorkachektische Patienten an Appetitlosigkeit, allerdings ist diese tatsächlich nicht Ursache von Gewichtsverlust und Kachexie. Vielmehr ist es andersrum, und die Appetitlosigkeit entwickelt sich als Folge der Tumorkachexie. Was also passiert bei einer Tumorkachexie überhaupt? Der wachsende Tumor führt zu einen „Switch“ im Fettstoffwechsel. Die Tumorzellen produzieren und schütten proinflammatorische Mediatoren – Interleukin 1, Interleukin 6, TNFα – aus, die unabhängig von der Tumorlokalisation an drei Stellen im Körper wirken: Gehirn, Skelettmuskulatur und Leber. Im Gehirn bewirken die Entzündungsmediatoren einen Appetitverlust, eine Anorexie. Daneben führen sie in der peripheren Muskulatur zum Proteinabbau und in der Leber zu einer vermehrten Insulinresistenz. Die klinischen Folgen sind Appetit- und Gewichtsverlust, Müdigkeit und auch psychische Effekte.
Müssen die Patienten „einfach“ zunehmen, egal wie, oder spielt es eine wichtige Rolle, wie und womit die Patienten zunehmen?
Der Gewichtsverlust sollte so früh wie möglich gebremst werden. Dies sollte tendenziell über eine gesteigerte Fettzufuhr erfolgen. Für Gesunde gilt hier die Empfehlung, etwa 25 bis 30 Prozent ihrer Gesamtenergiemenge über Fette zu decken. In der Onkologie hingegen rät man zu 35 bis 40 oder 45 Prozent Fettanteil bezogen auf die Gesamtenergiemenge. Das klingt erstmal einfach, gestaltet sich aber allein psychologisch tatsächlich ziemlich schwierig, da viele Patienten mit Erhalt der Krebsdiagnose sich fortan besonders gesund ernähren möchten – und die meisten Menschen „fettreich“ mit schlicht mit „ungesund“ assoziieren. Neben der Kalorienanreicherung über Fette sollte eine Ernährungstherapie bei Tumorpatienten immer auch individuell gestaltet sein. So können Grunderkrankungen, wie Diabetes, oder Unverträglichkeiten, beispielsweise eine Lactoseintoleranz, vorliegen, die es ernährungstherapeutisch zu berücksichtigen gilt. Zudem gibt es unterschiedliche Geschmackspräferenzen bei den Patienten, und auch diese müssen unbedingt in den Ernährungsplan integriert werden. Denn die beste Ernährungsempfehlung und -therapie wird nicht funktionieren, wenn das Essen dem Patienten einfach nicht schmeckt.
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