Makeln durch die Hintertür

Legale E-Rezept-Zuweisungen ohne technisches Stopp-Schild

Süsel - 04.05.2021, 09:15 Uhr

In bestimmten Fällen sollen Ärzte einer Apotheke ein E-Rezept zuweisen können. Technisch abgesichert sind diese Ausnahmen nicht. (Foto: IMAGO / Jochen Tack)

In bestimmten Fällen sollen Ärzte einer Apotheke ein E-Rezept zuweisen können. Technisch abgesichert sind diese Ausnahmen nicht. (Foto: IMAGO / Jochen Tack)


Sichere Zuweisungswege

Damit kommt auf die Anbieter der Arztsoftware die große Verantwortung zu, diese Option so zu gestalten, dass der Verordner die Besonderheit deutlich erkennt. Im derzeitigen Praxisbetrieb sind Verordnungen über Zytostatika-Zubereitungen sicherlich in einen besonderen Ablauf eingebettet. Doch die Spezifikation beschreibt nur die Programmierung eines weiteren Falls. Schlimmstenfalls werden dann in der Benutzeroberfläche des Arztes zwei Optionen mit oder ohne Zuweisung erscheinen, die suggerieren, der Arzt könne hier eine willkürliche Auswahl treffen. Dieses Bild bietet sich dann voraussichtlich auch Ärzten, die nie Zytostatika verordnen. Es bleibt zu hoffen, dass die Software deutlich machen wird, dass die Option der „Steuerung durch Leistungserbringer“ keine Komfortfunktion für den Arzt ist, sondern engen rechtlichen Grenzen unterliegt.

Auch für den bestimmungsgemäßen Gebrauch ergibt sich noch ein bemerkenswerter Aspekt: Die Spezifikation sieht keinen bestimmten Übermittlungsweg vom Arzt an die Apotheke vor. Vielmehr heißt es in der „User Story“, der Arzt soll den von ihm „gewohnten Standard für die Übermittlung des E-Rezept-Tokens an die Apotheke“ nutzen können. Der Arzt soll den Token beliebig teilen können, beispielsweise durch „Ausdruck oder Weiterleiten in beliebigem Übermittlungsverfahren“. Diese Freiheit wird im Abschnitt über „Sicherheit“ allerdings eingeschränkt. Demnach „muss“ die Arztsoftware „für die Übertragung von E-Rezept-Token ein Verfahren nutzen, dass die sehr hohe Vertraulichkeit des E-Rezept-Tokens und seine Integrität schützt“. Als Beispiele für solche Verfahren werden die „E-Rezept-Nachricht“ und KIM, der sichere E-Mail-Dienst innerhalb der TI, genannt. Demnach können die Anbieter der Arztsoftware innerhalb dieses Rahmens wählen, welche Übermittlungs­wege sie dem Arzt anbieten.

Fazit

Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie vielschichtig die künftige Arbeit mit dem E-Rezept ist. Details können große Folgen haben. Offenbar wird auch den Anbietern der Software große Verantwortung für die Gestaltung des künftigen Alltags und die Wahrung der gesetzlichen Bestimmungen zukommen.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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