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Husten bei Kindern
Krupp – wann ist er echt, wann pseudo?
Und es gibt sie doch noch: die anderen Infektionskrankheiten, die uns die Jahre vor der Pandemie begleitet haben und neben SARS-CoV-2 nicht minder relevant geworden sind. Dazu zählt auch ein bellender Husten bei Kindern, der von Atemnot begleitet die Eltern in Panik versetzt. Ein Pseudokrupp-Anfall tritt vorrangig nachts „aus heiterem Himmel“ auf, nachdem das Kind tagsüber häufig nur unspezifische Beschwerden wie leichtes Fieber zeigte, oft sogar beschwerdefrei war. Gilt es abzuwarten oder gleich den Notarzt zu rufen? Und was passiert, wenn das Kind gleichzeitig mit SARS-CoV-2 infiziert ist?
Bei einem Pseudokrupp, besser als Krupp-Syndrom oder stenosierende Laryngitis bezeichnet, handelt es sich um eine Atemwegserkrankung, bei der die Schleimhaut im Bereich des Kehlkopfes und der Stimmbänder entzündet und angeschwollen ist. Meist liegt eine virale Infektion zugrunde, beispielsweise mit Parainfluenzaviren. Unter Infektionen mit Herpes-, Influenza- oder Masernviren können besonders schwere Verläufe auftreten. Das Leben in einem Raucherhaushalt kann das Risiko für einen Anfall erhöhen.
Ruhe und frische Luft
Mehr als jedes zehnte Kind erleidet einmal in seinem Leben ein Krupp-Syndrom. Es sind vorwiegend Säuglinge und Kleinkinder im Alter zwischen 3 Monaten und 5 Jahren betroffen, da bei ihnen Kehlkopf und Luftröhre noch sehr eng sind. Typische Symptome eines akuten Anfalls sind trockener, bellender Husten, Heiserkeit und Atemnot. Das Kind zieht beim Einatmen hörbar Luft ein (Stridor).
Regel Nummer 1: Das Kind muss so gut es geht beruhigt werden, denn Angst schnürt im wahrsten Sinne des Wortes die Kehle zu. Erkältungssalben sind keine gute Idee, da die ätherischen Öle einen Stimmritzenkrampf provozieren können. Besser ist es, das Kind (warm angezogen!) am geöffneten Fenster oder auf dem Balkon frische, kühle Luft in aufrechter Position einatmen zu lassen. Alternativ kann es auch vor den geöffneten Kühlschrank gesetzt werden. In liegender Position kann sich die Atemnot verschlimmern. Die Methode, im Badezimmer feuchte Luft einzuatmen, gilt als veraltet.
Der Zustand kann sich von Tachykardie über flachen Puls bis zu Bewusstseinsstörung verschlechtern. Leidet das Kind unter starker Atemnot oder werden Lippen, Hände oder Nasenspitze blau, droht Erstickungsgefahr, und es muss ein Notarzt gerufen werden. Das ist zum Glück selten: Nur etwa 5 Prozent der Kinder müssen im Krankenhaus behandelt werden. Aber auch bei weniger dramatischen Fällen sollte der Kinderarzt über den Anfall informiert werden.
Keine Milch – gilt das auch fürs Stillen?
Der Anfall kann nur wenige Sekunden, aber auch mehrere Minuten andauern. Ist er überstanden, können dem Kind Wasser oder kühler Tee in kleinen Schlucken zum Trinken angeboten werden. Milch ist beim Krupp-Syndrom kontraproduktiv. Allerdings gilt dies nicht für Muttermilch, wie die Still- und Laktationsberaterin Erika Nehlsen, Bodenwerder, betont: „Muttermilch hat viele antivirale, Schleimhaut-pflegende und schmerzstillende Eigenschaften, die helfen, dem Pseudokrupp entgegenzuwirken, das Kind und seinen Hals zu beruhigen. Ich würde also in so einem Fall keineswegs vom Stillen abraten. Da regt das Kind sich noch mehr auf, und der Hals geht schneller zu. Erfahrungsgemäß werden die Kinder an der Brust in der Regel etwas ruhiger, auch die Atmung.“
Glucocorticoide und Adrenalin
Auf Arzneimittel kann im Notfall dennoch nicht verzichtet werden. Eine kausale Therapie ist zwar nicht möglich, doch kann medikamentös die Schleimhaut zum Abschwellen gebracht werden. In der Regel werden Glucocorticoide eingesetzt. Bei Präparaten mit Prednison oder Prednisolon zur rektalen Anwendung (z. B. Rectodelt®, Infectocortikrupp®, Klismacort® Rektalkapseln) muss beachtet werden, dass die Wirkung erst nach 20 bis 45 Minuten eintritt, dafür meist 18 bis 36 Stunden anhält. Es sollten maximal zwei Zäpfchen innerhalb von 24 Stunden gegeben werden. Etwas schneller wirken Säfte auf Basis von Dexamethason oder Prednisolon.
Bei schwerer Symptomatik kann Epinephrin (z. B. Infectokrupp Inhal®) zur Inhalation über einen Vernebler eine sinnvolle Maßnahme sein. Das Sympathomimetikum wirkt bereits nach 10 Minuten, allerdings mit etwa ein bis zwei Stunden nicht so lange wie Glucocorticoide.
Meist bekommen betroffene Kinder nicht mehr als zwei Anfälle im Leben. Anfällige Kinder (z. B. mit Asthma bronchiale) können in ungünstiger Umgebung jedoch eine chronische Form entwickeln. Treten die Anfälle auffallend häufig auf, muss auch an eine Allergie gedacht werden.
Könnte es auch ein „echter“ Krupp sein?
Für einen Pseudokrupp spricht das Auftreten der akuten Symptome im Zusammenhang mit einer meist leichten Rhinitis oder Rhinopharyngitis. Die Temperatur ist, wenn überhaupt, nur leicht erhöht (um 38 °C). Von einem Pseudokrupp abzugrenzen ist ein „echter“ Krupp, unter anderem hervorgerufen durch das grampositive Bakterium Corynebacterium diphtheriae. Auch hier stehen die Symptome bellender Husten, Heiserkeit und Atemnot, verbunden mit Pfeifgeräuschen beim Einatmen (Stridor), im Vordergrund. Ein süßlich-fader Mundgeruch und graugelbe Beläge auf geschwollenen, geröteten Rachenmandeln gelten als charakteristisch. Im vergangenen Jahrhundert noch als „Würgeengel der Kinder“ gefürchtet, hat der „echte“ Krupp seit der Einführung der Impfung gegen Diphterie, die alle 10 Jahre aufgefrischt werden sollte, seinen Schrecken verloren. Doch unmöglich ist eine Ansteckung auch heute nicht. Sobald die Durchimpfungsrate in der Bevölkerung unter einen kritischen Wert sinkt, kann sich der Erreger wieder ausbreiten. In vielen Ländern Afrikas, Asiens, des Südpazifiks und Osteuropas ist Diphtherie aktuell endemisch. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfchen- oder Schmierinfektionen. Diphtherie ist in Deutschland eine meldepflichtige Krankheit. Für die Verbreitung bedeutsam sind heutzutage auch toxigene Stämme wie Corynebacterium ulcerans, die über Haustiere (Hund und Katze) und Nutztiere (z. B. Schwein) auf den Menschen übertragen werden können.
Was die Stimme verrät
Ebenfalls vom Krupp-Syndrom abzugrenzen ist eine akute Kehlkopfentzündung (Epiglottitis), die lebensbedrohlich sein kann. In ihrem Fall verschlechtert sich das Befinden des Kindes dramatisch. Das Schlucken ist mit großen Schmerzen verbunden, sodass das Kind häufig das Trinken verweigert. In diesem Fall muss die Behandlung im Krankenhaus erfolgen. Einen Hinweis zur Unterscheidung beider Erkrankungen kann die Stimme geben: Beim Pseudokrupp ist sie rau, heiser bis tonlos, bei der Epiglottitis klingt sie eher hell, leise oder kloßig. Seit der Einführung der Impfung gegen Hämophilus influenzae Typ b ist auch die Epiglottitis sehr selten geworden.
„COVID-19-Krupp“ in den USA beschrieben
Im Herbst 2020 wurden im American Journal of Emergency Medicine Fälle von pädiatrischen Krupp-Anfällen im Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion beschrieben. Es handelte sich dabei um drei zuvor gesunde Kinder im Alter von 11 Monaten, 2 und 9 Jahren, die mit einem bellenden Husten, begleitendem Stridor in Ruhe und Atemnot in die Notaufnahme kamen. Die Behandlung bestand aus oral verabreichtem Dexamethason (0,6 mg/kg) und vernebeltem Epinephrin in mehr als drei Anwendungen. Es war noch eine weitere Dexamethason-Dosis nötig, was die Autoren als untypisch beschrieben. Ein Kind wurde zeitweise auf die Intensivstation verlegt. Schlussendlich konnten alle wieder entlassen werden. Die behandelnden Ärzte vermuten, dass der „COVID-19-Krupp“ eine potenziell schwerere Pathologie aufweist und sich möglicherweise nicht so schnell bessert wie Fälle mit typischem Krupp-Syndrom.
Der Zusammenhang zwischen Coronaviren und Krupp ist nicht neu: Im Jahr 2004 wurde CoV-NL63, ein entfernter Verwandter des SARS-Virus, als einer der häufigsten Auslöser für Krupp bei kleinen Kindern identifiziert.
Angst ist kein guter Berater
An der Beobachtung, dass die Symptomatik einer COVID-19-Erkrankung bei Kindern deutlich milder ausgeprägt ist als bei Erwachsenen, hat sich bisher nichts geändert. Können andersherum Pseudokrupp-Anfälle in der Vergangenheit das Risiko für einen schwereren Verlauf von COVID-19 erhöhen? Der Pädiater Dr. Herbert Renz-Polster beruhigt in seinem Kommentar „Corona – und die Kinder“: Da Asthma, Pseudokrupp oder allergische Erkrankungen nicht die Abwehrbereitschaft des Immunsystems gegenüber Infektionen beeinträchtigen, besteht keine größere Gefahr. Zu den Risikopatienten zählen bekanntermaßen Menschen mit schweren Herzfehlern oder schweren Lungenerkrankungen wie Mukoviszidose oder chronischen Lungenentzündungen.
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