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Patentaussetzung bei COVID-19-Impfstoffen
Nur ein vorübergehender „Sturm im Wasserglas“?
In der vergangenen Woche hat US-Präsident Joe Biden international eine kleine „Schockwelle“ ausgelöst, indem er die Aussetzung von Patenten für COVID-19-Impfstoffe öffentlich befürwortet hat. Die Pharmaindustrie läuft Sturm gegen ein solches Ansinnen, weil das aus ihrer Sicht nichts bringen würde. Von einem Tag auf den anderen dürfte das sowieso nicht möglich sein.
Um den weltweiten Immunisierungen mehr Schwung zu geben und die Ungleichgewichte zu vergleichsweise reichen Ländern auszugleichen, haben rund einhundert Länder, angeführt von Indien und Südafrika, im Herbst des vergangenen Jahres einen ungewöhnlichen Vorstoß gewagt. Sie haben der Welthandelsorganisation (WTO) den Vorschlag unterbreitet, die Rechte am geistigen Eigentum (IP) im Zusammenhang mit COVID-19 zeitlich begrenzt aufzuheben. Die wichtigsten Impfstofflieferanten sollten ihr Wissen teilen, damit mehr Länder Impfstoffe für ihre eigene Bevölkerung und für andere mit dem niedrigsten Einkommen herstellen können, so die Hauptintention. Der als „TRIPS waiver“ bekannte Vorschlag wurde von einigen Ländern und Regionen mit hohem Einkommen wie der EU, Großbritannien, der Schweiz, Japan, Norwegen, Kanada, Australien, Brasilien und bis vor kurzem auch von den USA blockiert.
Dann überraschte US-Präsident Joe Biden vor wenigen Tagen bei der zweitägigen Sitzung des Generalrats der Welthandelsorganisation (WTO) in Genf mit der Ankündigung, dass die US-Regierung die Aufhebung der Rechte an geistigem Eigentum für COVID-Impfstoffe befürworte, unter Berufung auf die „außergewöhnlichen Umstände” der Pandemie.
Biden sorgte hiermit weltweit für Verwunderung, hatten doch ehemalige US-Präsidenten sowohl der republikanischen als auch der demokratischen Parteien die Rechte des geistigen Eigentums bislang stets vehement verteidigt.
EU gibt sich gesprächsbereit, erwartet aber keinen Schnellschuss
Die europäischen Staats- und Regierungschefs diskutierten auf einem informellen EU-Gipfel in Portugal am Freitag über die Idee. Während Deutschland sich entschieden dagegen aussprach, signalisierten andere wie Frankreich, Italien und Polen zunächst Unterstützung. Die USA mussten sich Kritik daran gefallen lassen, dass sie wegen der konsequenten Bevorzugung der eigenen Bevölkerung im Gegensatz zur EU bisher keine COVID-19-Impfstoffe exportiert haben. „Heute gehen einhundert Prozent der in den Vereinigten Staaten von Amerika hergestellten Impfstoffe auf den amerikanischen Markt”, stellte der französische Präsident Emmanuel Macron fest.
Er besteht darauf, dass die impfstoffproduzierenden Länder ihre Exporte steigern. Die neuesten Daten der Europäischen Kommission besagen, dass von den 400 Millionen Dosen, die bisher in der Union hergestellt wurden, insgesamt 200 Millionen in 90 verschiedene Länder exportiert wurden.
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, gab sich gesprächsbereit: „Wir sollten offen für diese Diskussion sein“, sagte von der Leyen. „Wir sollten uns zum Beispiel auch die Rolle der Lizenzierung genau ansehen.“ Eine kurzfristige Lösung stellte sie jedoch nicht in Aussicht. „Wir sollten uns jedoch der Tatsache bewusst sein, dass dies langfristige Themen sind”, so die Kommissionspräsidentin weiter.
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