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EU-Gesundheitsbehörde
ECDC: COVID-19-Impfung zunächst nur für Risikogruppen
Nach der Zulassungserweiterung für den Biontech/Pfizer-Impfstoff steht der Impfung von Kindern und Jugendlichen im Alter für 12 bis 15 Jahren gegen SARS-CoV-2 nichts mehr im Wege, aber ist das auch sicher und sinnvoll? Die STIKO hält sich in dieser Frage noch bedeckt. Nun hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) Überlegungen zur COVID-19-Impfung der Altersgruppe veröffentlicht.
Die Erweiterung der Zulassung von Comirnaty® auf die 12- bis 15-Jährigen hat bei den Gesundheitsberufen und in der allgemeinen Bevölkerung gemischte Reaktionen ausgelöst. Noch ist die Datenlage zur Wirksamkeit und Sicherheit der mRNA-Vakzine in dieser Altersgruppe relativ dünn. Und es wäre nicht das erste Mal, dass die Expertengremien für nationale Impfstrategien, wie in Deutschland die Ständige Impfkommission (STIKO), der bedingten Zulassung für eine COVID-19-Vakzine nicht blind folgen.
EU-Gesundheitskommissarin: „Wissenschaft bleibt die Richtschnur“
Das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) möchte den Entscheidungsträgern eine Hilfestellung an die Hand geben und hat zu dem Thema einen technischen Bericht vorgelegt. Er beleuchtet die aktuelle Epidemiologie von COVID-19 bei Jugendlichen und die Datenlage zur Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen gegen die Übertragung von SARS-CoV-2. Außerdem werden die potenziellen Ziele der Impfung von Jugendlichen diskutiert und es werden Überlegungen zur Durchführung der Impfung angestellt. „Die Wissenschaft bleibt die Richtschnur für unsere gemeinsame EU-Impfstrategie“, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. „Nach der positiven Bewertung durch die EMA legt das ECDC nun mit praktischen, evidenzbasierten Überlegungen nach, um die Mitgliedstaaten zu unterstützen, die eine Ausweitung der nationalen Impfprogramme auch auf Jugendliche erwägen.“
Leichte Symptome, aber viele Kontakte
Jüngere Erwachsene haben derzeit in vielen europäischen Ländern einen hohen Anteil an den Corona-Fällen, was aus der Sicht des ECDC mit den ausgeprägteren sozialen Kontakten und einem lascheren Umgang mit den Schutzmaßnahmen vor Ansteckung zusammenhängen könnte. Im Gegensatz zu Erwachsenen haben die meisten Kinder und Jugendlichen mit COVID-19 leichte Symptome und ein sehr geringes Sterberisiko. Die häufigsten Komorbiditäten bei im Krankenhaus behandelten Jugendlichen sind Diabetes, Magen-Darm-, neurologische, Herz- und Lungenerkrankungen, insbesondere Asthma. Ein erheblicher Anteil ist außerdem fettleibig. Über die längerfristigen Auswirkungen der Krankheit kann bis dato nur spekuliert werden.
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Zur Wirksamkeit von COVID-19-Impfstoffen gegen die Übertragung von SARS-CoV-2 bei Jugendlichen liegen keine Daten vor. Es wurde aber allgemein der Schluss gezogen, dass die Übertragung in schulischen Umgebungen diejenige in der Gemeinschaft widerspiegelt und dass sie nicht deren Treiber ist.
Soweit zu den aktuellen Kern-Fakten.
Gesamtbevölkerung im Auge behalten
Das ECDC kommt angesichts der Datenlage zu den folgenden wesentlichen Schlussfolgerungen:
- Die Impfung von Jugendlichen sollte im breiteren Kontext der COVID-19-Impfstrategie für die gesamte Bevölkerung betrachtet werden, einschließlich ihrer übergeordneten Ziele, des Stands der Umsetzung und ihrer Prioritäten.
- Die individuellen direkten Vorteile der COVID-19-Impfung bei Jugendlichen dürften im Vergleich zu älteren Altersgruppen begrenzt sein.
- Die Impfung von Jugendlichen mit hohem COVID-19-Risiko sollte wie bei anderen Altersgruppen vorrangig behandelt werden.
- Der direkte Gesamtnutzen der Impfung von Jugendlichen hängt hauptsächlich von der Inzidenz einer SARS-CoV-2-Infektion und von der Prävalenz der zugrunde liegenden Erkrankungen ab, die das Risiko von schwerem COVID-19 in dieser Altersgruppe erhöhen.
- Der Gesamtnutzen der Impfung von Jugendlichen für die allgemeine Bevölkerung wird proportional zur SARS-CoV-2-Übertragung sein – innerhalb dieser Altersgruppe und von ihr auf andere.
- Angesichts des erwarteten reduzierten individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses durch die COVID-19-Impfung von Jugendlichen sollten die epidemiologische Situation und die Impfstoffaufnahme bei den anderen Altersgruppen sorgfältig betrachtet werden, bevor die jüngeren ins Visier genommen werden.
- Die Ausbreitung von Problemvarianten bei jüngeren Personen müssen weiterhin überwacht und die tatsächliche Belastung von COVID-19 in den Altersgruppen weiter bewertet werden.
- Bei der Entscheidung über die Ausweitung der COVID-19-Impfung auf Gruppen mit geringerem individuellem Risiko für schwere Krankheiten muss sorgfältig geprüft werden, ob dies in Bezug auf die Verfügbarkeit und den Zugang von Impfstoffen gerecht ist.
Impfungen bei Erwachsenen nicht beeinträchtigen
Im Allgemeinen könnten nach dem ECDC-Bericht zwei Optionen für COVID-19-Impfungen von Jugendlichen in Betracht gezogen werden:
- ein strukturiertes Impfprogramm, bei dem bestimmten Zielgruppen systematisch Impfungen angeboten werden (höhere Impfquote),
- ein opportunistisches Impfprogramm, bei dem die Impfung hauptsächlich einzeln nach Ermessen des Hausarztes angeboten wird (niedrigere Impfquote).
Bei der Integration der Altersgruppe in das nationale COVID-19-Impfprogramm sollte jedenfalls die Gerechtigkeit innerhalb des Landes gewährleistet sein, so die ECDC-Empfehlung, damit der Einsatz bei Erwachsenen nicht beeinträchtigt wird. Das Ziel, 70 Prozent der Erwachsenen so früh wie möglich impfen zu lassen, sollte ein Ziel bleiben.
Bisher hat die STIKO angedeutet, dass sie möglicherweise ebenfalls keine allgemeine Impfempfehlung für alle Kinder geben wolle, sondern nur für vorerkrankte Kinder.
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