LAV kritisiert BMG-Pläne zur Testverordnung

Kostenlose Bürgertests: Ausstieg der Apotheken befürchtet

Berlin - 09.06.2021, 07:00 Uhr

Werden sich die Apotheken angesichts der geplanten Änderungen in der Testverordnung aus den Bürgertestungen zurückziehen? (c / Foto: IMAGO / Ralph Peters)

Werden sich die Apotheken angesichts der geplanten Änderungen in der Testverordnung aus den Bürgertestungen zurückziehen? (c / Foto: IMAGO / Ralph Peters)


Das Bundesgesundheitsministerium will bei den Bürgertestungen aufräumen, nachdem sich zeigt, dass einige Anbieter hier ein einträgliches, aber nicht seriöses Geschäft zulasten der Steuerzahler treiben. Das Nachsehen haben dabei diejenigen, die von Anfang an die Regeln beachtet haben – so auch die Apotheken. Für sie könnten die Schnelltests nun gänzlich unattraktiv werden. Und das könnte sich auf die gerade erst geschaffenen Teststrukturen auswirken, mahnt nun auch der Landesapothekerverband Baden-Württemberg.  

In einem Eckpunktepapier skizziert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) seine Planungen zu Neuregelungen für die sogenannten Bürgertestungen. Neu gefasst werden sollen Vorschriften zur Beauftragung von Leistungserbringern sowie die Vergütung und die Abrechnung erbrachter Leistungen. Als Hintergrund für diese neuen Regelungen nennt das Papier „vermehrt Berichte über Betrügereien, Falschabrechnungen oder eine unsachgemäße Ausstattung von Teststellen“. Am vergangenen Montag hatte bereits der Apothekerveband Westfalen-Lippe gewarnt, dass die Pläne die Teststrukturen gerade im ländlichen Raum gefährdeten.

Mehr zum Thema

Auch aus Sicht des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg (LAV) werden sich die geplanten Regelungen „auf die testenden Apotheken negativ und damit für die Teststellen-Landschaft kontraproduktiv auswirken“. LAV-Chefin Tatjana Zambo erklärte via Pressemitteilung: „Wenn diese Regelungen so umgesetzt werden, steht zu befürchten, dass viele Apotheken, die mühevoll und mit viel Engagement entsprechende Teststrukturen aufgebaut haben, diese Leistungen nicht mehr anbieten werden.“

In der Konsequenz führe dieses Szenario zu einer deutlichen Ausdünnung der in den Städten und Gemeinden angebotenen Teststrukturen. „Das halten wir für mehr als bedenklich, denn es hat sich gezeigt, dass kontinuierliches und breitgefächertes Testen sinnvoll ist und dass die Apotheken hier wirkungsvoll unterstützen.“ Der LAV fordert daher das BMG als Verordnungsgeber auf, die in heilberuflicher Arbeit durch Ärzte und Apotheken erbrachten Testleistungen von den geplanten Regelungen ausdrücklich auszunehmen.

Insbesondere kritisiert der LAV die geplanten Neuregelungen zur Beauftragung von Leistungserbringern. Derzeit hat die baden-württembergische Landesregierung in einer Allgemeinverfügung die Apotheken des Landes ermächtigt, entsprechende Testangebote zu machen. Doch das soll nach Vorstellung des BMG künftig nicht mehr möglich sein. Stattdessen soll es Einzelbeauftragungen geben. „Das heißt ja, dass jede Apotheke, die bereits seit Wochen und Monaten testet, dann einen einzelnen Antrag stellen muss, um diese Leistung weiter zu erbringen“, erklärt Zambo. „Diesen bürokratischen Akt werden wohl die wenigsten Kolleginnen und Kollegen mitmachen. Aus unserer Sicht ist das auch überhaupt nicht nötig, denn in der Apotheke wird heilberuflich gearbeitet, und es ist nicht plausibel, warum eine Apotheke hierfür jetzt eine besondere Genehmigung erhalten muss.“

ABDA-Präsidentin macht keine Hoffnung auf Differenzierung

Dass die Erstattung für die Sachkosten halbiert und die Vergütung für die Durchführung der Tests von 12 auf 8 Euro gesenkt werden soll, macht es nicht besser. „Heilberufliche Qualität kann es nicht zum Nulltarif geben“, betont Zambo. Keine Apotheke stürze sich in den Ruin, wenn sie keine Tests anbietet – es sei aber zu erwarten, dass sie angesichts der geringeren Vergütung keine mehr anbieten werden.

Die im Eckpunktepapier geplanten stärkeren Qualitätskontrollen hingegen begrüßt der Apothekerverband Baden-Württemberg. Zambo: „Wir wissen um die gute Qualität der durch die Apotheken im Land abgelieferten Arbeit – das darf gerne zu jeder Zeit kontrolliert werden.“

Das eigentliche Problem liegt aus Sicht Zambos in der Gesamtstruktur. „Die Testverordnung ist mit ihrer Öffnung für alle möglichen Anbieter über das Ziel hinausgeschossen.“ Nun herrsche Wildwuchs, den man mühevoll einfangen möchte. Zambo wünscht sich eine differenzierte Betrachtung: „Es kann nicht sein, dass diejenigen, die von Beginn an ordnungsgemäß gearbeitet haben, jetzt die Zeche für die Unredlichen bezahlen.“

Overwiening: Testen wird ohnehin bald an Bedeutung verlieren

Eine Differenzierung mit Blick auf die Vergütung erwartet ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening allerdings nicht vom Verordnungsgeber. Das machte sie beim ABDA-Livetalk am vergangenen Montagabend deutlich. Overwienings Trost für die erzürnten Kollegen und Kolleginnen lautet: Die Politik wisse, was die Apotheken während der Pandemie geleistet haben – und sie merke sich so etwas auch. Ausdrücklich habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt, die Apotheken leisteten bei den Bürgertests seriöse Arbeit. Dennoch könne sie nicht versprechen, dass hier „auf den letzten Metern“ der Bürgertests noch etwas für die Apotheken zu erreichen sei. Die ABDA-Präsidentin geht davon aus, dass angesichts der wachsenden Geimpften- und Genesenenzahlen das Testen ohnehin an Bedeutung verlieren wird. 



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Strukturen

von ratatosk am 09.06.2021 um 10:30 Uhr

Die unsägliche Ulla wollte die alten Strukturen unbedingt aufbrechen, ebenso alle Nachfolger. Seither gibt es die Probleme die man selber geschaffen hat, Fälschungen, Betrug in der Pflege und eben solche strukturierten Betrügergruppen. Natürlich kann es auch in Praxen und Apotheken mal Betrug geben, aber das war ja schon immer nur ein winziger Teil !
Also liebe Politik - keine Krokodilstränen für die eigenen Fehler. Denn den Rest hat der Sache auch die konkrete inkompetente Verordnungslage gegeben.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.