Alpha, Delta, Lambda

Gefahren, Mechanismen und ein neuer Vertreter der COVID-Varianten

Düsseldorf - 18.06.2021, 07:00 Uhr

Forscher:innen beobachten mit Sorge die zunehmende Verbreitung von Coronavirus-Mutationen, insbesondere der Delta-Variante. (Bild: zest_marina / AdobeStock)

Forscher:innen beobachten mit Sorge die zunehmende Verbreitung von Coronavirus-Mutationen, insbesondere der Delta-Variante. (Bild: zest_marina / AdobeStock)


Oxford-Studie zeigt Saisonalität für COVID-19 in Europa

Wissenschaftler:innen der Universität Oxford konnten unterdessen allerdings zeigen, dass es für das SARS-CoV-2 wohl doch eine Saisonalität gibt. Die Forscher:innen untersuchten das in 143 gemäßigten europäischen Regionen und fanden eine Korrelation. Das lässt Expert:innen hoffen, dass ein Anstieg der Delta-Fälle erst im Herbst zu erwarten sei.

Indessen stellt die WHO in ihrer Rubrik „Mythbusters“ im Zusammenhang mit COVID-19 klar, dass etwa Sonne und heißes Wetter alleine nicht vor COVID-19 schützen – in Indien, das in der Woche 9. bis 15. Juni laut WHO noch immer mit 630.650 neuen Fällen weltweit die meisten Neuerkrankungen aufwies, ist noch Sommer.

Neue Symptome und neue Komplikationen durch Mykosen

Eine weitere Gefahr, die Wissenschaftler:innen im Zusammenhang mit der Variante Delta sehen, ist, dass sich die Symptome von COVID-19, die bei Infektion mit der Delta-Variante auftreten, von den bisherigen unterscheiden. Das geht aus den Daten einer App hervor, die die Symptome bei COVID-19 auswertet. Die BBC berichtete darüber. Demnach ist COVID-19 besonders bei Jüngeren und bei milderen Verläufen nun vergleichbarer mit einer schweren Erkältung, mit laufender Nase und Kopfschmerzen, während der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns sowie Husten, die etwa bei Alpha noch als Symptome dominieren, seltener sind. Das könne dazu führen, dass sich das Virus eher verbreite, weil die leichter Erkrankten sich nun noch weniger oft isolieren würden – in der Annahme, „nur eine Erkältung“ zu haben.

Besonders im Zusammenhang mit der Delta-Variante wird als eine gefährliche und mitunter tödliche Zweitinfektion vom sogenannten Schwarzen Pilz berichtet. Diese Mukormykose wird durch verschiedene Schimmelpilze ausgelöst, gilt allgemein als selten und wird nun überdurchschnittlich oft bei COVID-19-Patienten als Komplikation beobachtet – mittlerweile nicht mehr nur in Indien, sondern auch in benachbarten Ländern.

Aus Brasilien, wo immer noch die Variante Gamma aka „Brasilianische Variante“ vorherrscht und das bei den neuen täglichen Fällen weiter weit vorne liegt, wird von einem Befall mit dem Hefepilz Candida auris als zunehmend häufige Komplikation berichtet.

Varianten unterdrücken körpereigenes Alarmsystem

Unterdessen haben sich amerikanische Wissenschaftler:innen genauer angesehen, was außer den Mutationen im Spike-Protein des Virus, die alle vier besorgniserregenden Varianten aufweisen, dazu geführt hat, dass die Alpha-Variante binnen kurzer Zeit zur dominierenden Variante weltweit werden konnte.

Laut der Studie, über die auch die New York Times berichtete, spielen bei der Variante Alpha auch andere Mutationen abseits des S-Proteins eine große Rolle. Die Forscher:innen fanden, dass ein Gen mit dem Namen ORF9b hierbei so mutiert ist, dass sein Translationsprodukt, das entsprechende Protein, massenhaft exprimiert wird. ORF steht für „Open Reading Frame“ – eine Bezeichnung für Gene, die strukturell in der Sequenz als solche erkannt sind, aber deren Funktion noch unbekannt ist.

ORF9b jedenfalls, so fanden die Wissenschaftler:innen, bindet an ein Protein namens Tom70. Dieses steht in einer Signalkette, die ausgelöst durch das Eindringen von Viren in einer Zelle die Produktion und Exkretion von Interferonen bewirkt. Diese alarmieren dann das Immunsystem. Im Fall von Alpha wird dieser Alarmmechanismus für einen Zeitraum von rund 12 Stunden durch ORF9b geblockt, was dem Virus hilft, sich in dieser Zeit massenhaft zu vermehren. Die Forscher:innen schauten sich in ihrer Studie auch unter anderem die Variante Delta an. Obwohl der ORF9b-Mechanismus und die entsprechenden Mutationen dabei nicht zu finden sind, gibt es auch dort einen noch nicht geklärten Weg, den Interferon-Alarm für einen Zeitraum zu unterdrücken.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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