Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung

Kreuzimpfung: Impfkommission rechnet mit guter Akzeptanz

Stuttgart - 09.07.2021, 15:30 Uhr

Wer gerade erst zum zweiten Mal mit AstraZeneca geimpft wurde, sollte wissen: Eine zweimalige AstraZeneca-Impfung in einem Abstand von neun bis zwölf Wochen schützt „ebenfalls sehr gut vor schweren Infektionen mit der Delta-Variante“. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)

Wer gerade erst zum zweiten Mal mit AstraZeneca geimpft wurde, sollte wissen: Eine zweimalige AstraZeneca-Impfung in einem Abstand von neun bis zwölf Wochen schützt „ebenfalls sehr gut vor schweren Infektionen mit der Delta-Variante“. (Foto: IMAGO / ZUMA Wire)


Rund eine Woche nach der Ankündigung hat die Ständige Impfkommission (STIKO) nun ihre ausführliche COVID-19-Impfempfehlung mit Änderungen in Hinblick auf Kreuzimpfungen veröffentlicht. Die STIKO erwarte, dass die Entscheidung, ein solches Schema jetzt auch für Menschen im Alter von über 60 Jahren zu empfehlen, „gut akzeptiert wird“.

Vergangene Woche hatte die STIKO überraschend mitgeteilt, dass mit AstraZeneca Erstgeimpfte nach Einschätzung des Gremiums als zweite Dosis bereits nach mindestens vier Wochen einen mRNA-Impfstoff erhalten sollten. Hintergrund ist die Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante, gegen die vollständige Impfungen als besonders wichtig gelten. Von Hausärztinnen und -ärzten hatte es wegen „enormen Mehraufwands“ Kritik an dem Vorgehen gegeben, die Menschen seien verunsichert.

Rund eine Woche nach der Ankündigung hat die Ständige Impfkommission (STIKO) nun ihre ausführliche COVID-19-Impfempfehlung mit Änderungen in Hinblick auf Kreuzimpfungen veröffentlicht. Sie erwarte, dass die Entscheidung, ein solches Schema jetzt auch für Menschen im Alter von über 60 Jahren zu empfehlen, „gut akzeptiert wird“, heißt es in dem am Donnerstagnachmittag veröffentlichten Papier. In dieser mittlerweile achten Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung schreibt die STIKO, dass die Immunantwort laut Studien nach der Kreuzimpfung deutlich stärker ausfällt als nach zwei Dosen AstraZeneca. Es sei eine höhere und länger anhaltende Wirksamkeit zu erwarten. 

Zweimalige AstraZeneca-Impfung schützt ebenfalls sehr gut

Hinzu kommt der Zeitfaktor: Mit der Kreuzimpfung könne für Über-60-Jährige deutlich schneller ein optimaler Schutz erreicht werden. Zwei Dosen AstraZeneca sollten ursprünglich im Abstand von bis zu zwölf Wochen verabreicht werden. Das kürzere Intervall kann mit etwas stärkeren Impfreaktionen nach der zweiten Dosis einhergehen, so die STIKO mit Blick auf Studien.

Die STIKO hatte zuvor nur jüngeren Menschen ein heterologes Impfschema angeraten, wenn sie bereits eine Erstimpfung mit AstraZeneca bekommen hatten, bevor dieser Impfstoff nur noch für Impfwillige ab 60 Jahren empfohlen wurde. Besondere Relevanz sieht die STIKO in ihrer Empfehlung nun für diejenigen, die gerade erst mit AstraZeneca geimpft wurden oder deren erste Impfung damit noch bevorsteht. Wer hingegen in Kürze seinen zweiten Termin für eine AstraZeneca-Impfung hat, könne diesen „durchaus akzeptieren“, hieß es. Eine zweimalige AstraZeneca-Impfung in einem Abstand von neun bis zwölf Wochen schütze „ebenfalls sehr gut vor schweren Infektionen mit der Delta-Variante“.

Reihenfolge nicht umkehren!

Von einer umgekehrten Reihenfolge bei der Kreuzimpfung – also zuerst mRNA-, dann Vektorimpfstoff – sei „unbedingt abzusehen“, erklärt die STIKO und verweist auf eine vergleichsweise schwache Immunantwort.

Die STIKO weist nun als Empfehlung folgende Abstände zwischen den zwei erforderlichen Impfstoffdosen aus: 

  • drei bis sechs Wochen bei Biontech/Pfizer,
  • vier bis sechs Wochen bei Moderna,
  • neun bis zwölf Wochen bei AstraZeneca (falls noch jemand zweifach damit geimpft werden sollte) und
  • „ab vier Wochen“ bei der Kombination aus AstraZeneca und mRNA-Impfstoff.

Beste Antikörperantwort nach zweifacher Biontech-Impfung

Heterologe Impfserien auch „hochwirksam“

Erste Dosis AstraZeneca, zweite Biontech/Pfizer

Mehr Nebenwirkungen nach heterologer Impfserie

Währenddessen droht in den Praxen niedergelassener Ärzt:innen nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg (KVH) eine große Menge an Corona-Impfstoff zu verfallen. Sollte nicht rasch eine Lösung gefunden werden, müsse dieser Impfstoff weggeworfen werden, heißt es.

Kassenärztliche Vereinigung: Corona-Impfstoff droht zu verfallen

„Wir fordern die Politik deshalb nachdrücklich auf, hier schnell eine Möglichkeit der Rückgabe zu schaffen“, sagte Hamburgs KV-Chef Walter Plassmann am Freitag. Betroffen sei fast nur der Wirkstoff von AstraZeneca. „Die häufig geänderten Empfehlungen für diesen Wirkstoff durch die Ständige Impfkommission haben das Vertrauen der Bevölkerung massiv beschädigt. Zudem stehen jetzt ausreichend andere Wirkstoffe zur Verfügung“, sagte Plassmann. Die in den Praxen lagernden Bestände laufen nach Plassmanns Angaben in der Regel Ende Juli ab. An die Apotheken dürften die Ärzte die Impfstoffe aber nicht zurückgeben. Deshalb sei es dringend erforderlich, dass die Politik eine Möglichkeit schaffe, den Impfstoff anderweitig zu verwenden.

Studie: Vollständige Impfungen essenziell gegen Delta-Variante

Die nun auch in Deutschland vorherrschende Delta-Variante des Coronavirus scheint im Laborversuch Antikörpern von Erstgeimpften und ungeimpften Genesenen teilweise zu entkommen. Darauf liefert eine neue Studie im Fachblatt „Nature“ weitere Hinweise. In der neuen Studie seien die nach einer Einzeldosis von Biontech/Pifzer und AstraZeneca gebildeten Antikörper kaum in der Lage gewesen, an die in Indien entdeckte Mutante zu binden und sie unschädlich zu machen, berichten Forscher:innen um den Apotheker Dr. Olivier Schwartz vom Institut Pasteur in Paris. Eine effiziente Reaktion gegen Delta hätten beide Vakzine erst nach der zweiten Dosis hervorgerufen – bei 95 Prozent der Personen (nach einer Dosis: 10 Prozent).

Auch Antikörper in Blutproben von ungeimpften Genesenen sind laut der Studie im Vergleich zur bisher vorherrschenden Variante Alpha weniger gut in der Lage, an Delta zu binden. Nach Analysen von Proben von Genesenen, die bereits eine Impfung erhalten haben, schreiben die Forscher:innen, die Ergebnisse deuteten stark darauf hin, dass ein solcher Booster Genesene höchstwahrscheinlich gegen eine Vielzahl zirkulierender Virusstämme schütze, darunter Delta.

Ergebnisse aus derartigen Laborexperimenten können nicht unmittelbar auf den Impfschutz in der Praxis übertragen werden. Das Autorenteam schreibt, die untersuchten Spiegel neutralisierender Antikörper würden jedoch als starker Hinweis auf den Immunschutz gegen symptomatische Corona-Infektionen gelten. 

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Wie die Forscher:innen weiter berichten, ist Delta resistent gegen manche der im Labor hergestellten Antikörper-Präparate, darunter Bamlanivimab. Derartige Therapien werden mancherorts bei Risikopatient:innen zu Beginn der Infektion verwendet, um einen schweren Verlauf von COVID-19 abzuwenden. Zumindest in Deutschland sind sie aber noch nicht in der Breite im Einsatz.

Die Delta-Variante war zuerst in Indien entdeckt worden und hat sich in vielen Ländern weltweit ausgebreitet. Sie gilt als deutlich ansteckender als bisherige Varianten und ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als besorgniserregend eingestuft worden. Sie weist mehrere Veränderungen am sogenannten Spike-Protein auf, mit dem das Virus menschliche Zellen entert.

Regierungssprecher: Vorbereitungen für Auffrischungsimpfung laufen

Bund und Länder bereiten sich nach Angaben der Bundesregierung mittlerweile auch auf sogenannte Auffrischungsimpfungen gegen Corona vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hätten über dieses Thema bereits gesprochen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am heutigen Freitag. „Die Bürger können sicher sein, dass Bund und Länder sich vorbereiten auf das, was vorbereitet werden muss, nämlich dass nach einer ersten Immunisierungswelle Impfstoff und Impfungen zur Auffrischung zur Verfügung stehen und auch verfügbar gemacht werden“, fügte er hinzu.

Auf die Frage, ob das Bundesgesundheitsministerium eine dritte Impfung nach einem halben Jahr empfehle, sagte ein Ministeriumssprecher, dazu sei die Datenlage noch nicht ausreichend. Eine Auffrischungsimpfung werde aber aller Wahrscheinlichkeit nach nötig sein. 



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