Explosion im Chempark

Dioxin- und PCB-Verbindungen: Wie schädlich sind sie?

Stuttgart - 28.07.2021, 17:50 Uhr

 Das LANUV geht derzeit davon aus, dass über die Rauchwolke unter anderem Dioxin- und PCB-Verbindungen in die umliegenden Wohngebiete getragen wurden. (Foto: IMAGO / Xinhua)

 Das LANUV geht derzeit davon aus, dass über die Rauchwolke unter anderem Dioxin- und PCB-Verbindungen in die umliegenden Wohngebiete getragen wurden. (Foto: IMAGO / Xinhua)


Polychlorierte Biphenyle (PCB):

Anders als Dioxine sind PCB tatsächlich mal „mit Absicht“ hergestellt worden, vor allem als nicht brennende und den Strom nicht leitende zähe Flüssigkeiten in Transformatoren und in Bergbau. Sie sind nämlich thermisch und chemisch stabil, schwer entflammbar, elektrisch nicht leitend und superhydrophob.Die allgemeine Summenformel lautet C12H10−xClx. Es gibt 209 Varianten, von denen etwa 20 bis 60 in kommerziellen Produkten vorkommen.

PCB gehören zum Dreckigen Dutzend

Wie bei den Dioxinen ist die akute Toxizität eher gering, die chronische Toxizität ist das größere Problem. Typische Auswirkungen sind Chlorakne, Haarausfall, Hyperpigmentierungen, Leberschäden, Teratogenität, Bioakkumulation in der Nahrungskette und Schädigung des Immunsystems (Immuntoxizität). PCB stehen im Verdacht krebserregend zu wirken. Darüber hinaus kann die körperliche und geistige Entwicklung verzögert werden. Auch gibt es Hinweise, dass sie als endokrine Disruptoren wirken.

PCB zählen zu den zwölf als „Dreckiges Dutzend“ (engl.: „dirty dozen“) bekannten organischen Giftstoffen, die seit 2001 weltweit verboten sind und stark im Verdacht stehen mutagen, karzinogen und teratogen zu wirken. Wegen möglicher Bioakkumulation gelten sie als besonders gefährlich.

Die Frage nach der Konzentration ist entscheidend. „Dioxin,- PCB- und Furanverbindungen werden durchaus in Zusammenhang gebracht mit Missbildungen bei Neugeborenen von Tieren, weniger beim Menschen, als Umweltöstrogene oder auch Krebs erregende Substanzen beim Menschen", sagte Daniel Dietrich, Leiter der Arbeitsgruppe Human- und Umwelttoxikologie an der Universität Konstanz, der Deutschen Presse-Agentur. "Aber - und das ist das große Aber - nur in hohen Konzentrationen. Und die liegen nicht vor, wenn das entsprechende Gebiet im Laufe der Zeit gereinigt und dekontaminiert wird."

Die Stoffe klebten an Oberflächen, sagte er. „Sie springen einen nicht an, man müsste sie schon aktiv in den Körper transportieren - etwa, wenn man sich nach der Arbeit im Garten die Hände abschleckt.“ Selbst wenn man von oben bis unten mit den Partikeln bedeckt wäre, könnte man diese ohne Gefahr mit Seife abwaschen. „Nach meiner Einschätzung besteht also keine akute Gefahr für die Bevölkerung, wenn sie sich an die Handlungsempfehlungen des Landesumweltamtes und der anderen involvierten Behörden hält“, sagte Dietrich.

Da die endgültige Analyse zunächst noch ausstand, hielt die Stadt Leverkusen ihre Empfehlungen an die Bürger aufrecht. Der Ruß sollte nicht in die Wohnung getragen werden. Neben Obst und Gemüse seien in den betroffenen Arealen etwa auch Gartenmöbel oder Pools zu meiden. Wer dringend im Garten arbeiten müsse, sollte dabei vorsorglich Handschuhe tragen. Die Spielplätze in den - nahe am Explosionsort gelegenen - Stadtteilen Bürrig und Opladen blieben vorerst gesperrt. Bereits am Dienstag hatte die Kommune erklärt, Currenta werde „zeitnah die Straßen, Gehwege und Hauseingänge reinigen“.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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