Erwerb von Heilmitteln

Payback-Punkte zulässig? Wettbewerbszentrale will grundsätzliche Klärung

Stuttgart - 13.08.2021, 16:45 Uhr

Die Wettbewerbszentrale will klären lassen, ob die Werbung mit Payback-Punkten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Heilmitteln in den Anwendungsbereich des HWG fällt. (x / Foto: IMAGO / photothek)

Die Wettbewerbszentrale will klären lassen, ob die Werbung mit Payback-Punkten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Heilmitteln in den Anwendungsbereich des HWG fällt. (x / Foto: IMAGO / photothek)


Der Großhändler Phoenix will Patient:innen die Vorbestellfunktion der hauseigenen App „Deine Apotheke“ mit Payback-Punkten schmackhaft machen – auch bei der Bestellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel. Das hat die Wettbewerbszentrale auf den Plan gerufen. Das Landgericht Mannheim schloss sich der Auffassung der Wettbewerbszentrale an und sah einen Verstoß gegen heilmittelwerberechtliche Vorschriften. Parallel wurde aber ein vergleichbares Verfahren um Payback-Punkte verloren. Die Wettbewerbszentrale will die Angelegenheit nun höchstrichterlich klären lassen.

50 Payback-Punkte sollen Patient:innen als „Zuckerl“ erhalten, wenn sie über „Deine Apotheke“, die App des Großhändlers Phoenix, Produkte aus der Apotheke vorbestellen, auch für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Bei Phoenix hält man dies für zulässig, weil die Punkte allein für die Nutzung der App gegeben würden und nicht für den Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel – und das auch noch außerhalb der Apotheke. Die Wettbewerbszentrale hingegen sieht hier einen Verstoß gegen heilmittelwerberechtliche Vorschriften. Denn laut § 7 Heilmittelwerbegesetz (HWG) ist es grundsätzlich unzulässig, im Rahmen des Absatzes von Heilmitteln Zuwendungen oder sonstige Werbegaben anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren.

Das Landgericht Mannheim, das sich mit der Frage befasste, folgte der Auffassung der Wettbewerbszentrale. Es bejaht einen Verstoß gegen § 7 HWG in Verbindung mit den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes (LG Mannheim, Urteil vom 15. April 2021, Az.: 25 O 37/20). Damit § 7 HWG zur Anwendung kommt, darf es sich nicht nur um unternehmensbezogene Imagewerbung handeln, sondern es muss bei dem beworbenen Bonus einen Produktbezug geben. Den sieht das Gericht als gegeben an. Es vertritt die Auffassung, dass es bei der Vergünstigung in Form der Payback-Punkte eben nicht um eine reine Imagewerbung gehe. Sie schaffe vielmehr einen Anreiz mit dem Ziel, die Abgabe von Arzneimitteln, auch von rezeptpflichtigen, zu fördern.

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Das Landgericht Hamburg kommt allerdings in einem weiteren ebenfalls von der Wettbewerbszentrale angestoßenen Verfahren zu einem anderen Schluss. Hier ging es um die Werbung eines Hörakustikunternehmens, das mit einem Payback-Punkt pro Euro Umsatz bei jedem Einkauf Kundschaft ködern wollte. Auch in diesem Fall monierte die Wettbewerbszentrale die Werbung, weil sie einen Verstoß gegen das Zuwendungsverbot des § 7 HWG sieht – zu den Heilmitteln im Sinne des Gesetzes zählen auch Medizinprodukte wie Hörgeräte.

Die Wettbewerbszentrale ist der Auffassung, dass die Werbung für Payback-Punkte im Zusammenhang mit dem Kauf von Hörgeräten, den Produktbezug, der für die Anwendbarkeit des § 7 HWG erforderlich ist, aufweist. Insbesondere die Möglichkeit, die Payback-Punkte in Sachprämien oder Einkaufsgutscheine bei anderen Payback-Partnern umzuwandeln, begründe dann den Verstoß, so die Wettbewerbszentrale. Das Hörakustikunternehmen, das die Werbekampagne gestartet hatte, war hingegen der Ansicht, dass es sich um reine Imagewerbung handele.  Es hat daher die Abgabe einer Unterlassungserklärung verweigert.

 In beiden Fällen eine grundsätzliche Klärung angedacht

Hier folgt das Gericht der Auffassung der Werbetreibenden. Das Unternehmen weise lediglich auf einen allgemeinen unternehmensbezogenen Vorteil hin, nämlich die Teilnahme an einem Kundenbindungssystem. Weil der Werbung der Produktbezug fehlt, sieht es keinen Anlass, dass § 7 HWG zur Anwendung kommt.  Außerdem verneint das Landgericht Hamburg die Gefahr einer abstrakten Gefährdung von Gesundheitsinteressen und hält außerdem die Ausnahmevorschrift für Barrabatte (§ 7 Abs. 1 Nr. 2a HWG) für anwendbar. Beide Urteil sind nicht rechtskräftig.

Vergleichbarer Fall? 

2020 hatte das Landgericht Berlin (Urteil vom 6. Oktober 2020, Az.: 15 O 586/19) die Marketingmaßnahme einer Berliner Apotheke untersagt. Hier hat es allerdings keine Payback-Punkte gegeben, sondern 1-Euro-Gutscheine für die Vorbestellung eines rezeptpflichtigen Arzneimittels . Kläger war hier ebenfalls die Wettbewerbszentrale. Der Beschluss war zunächst im Eilverfahren (Landgericht Berlin, Beschluss vom 11. Oktober 2019, Az.: 15 O 431/19) ergangen und wurde später Hauptsacheverfahren bestätigt. Auch hier war das Gericht anders als die Beklagte der Meinung, dass die Werbung auch produktbezogen sei. Es handele sich bei dem Flyer entgegen der Darstellung des Beklagten gerade nicht um Firmen- und Imagewerbung, die ohne Bezugnahme auf bestimmte Produkte für das Ansehen und die Tätigkeit eines Unternehmens im Allgemeinen wirbt. Außerdem sah das Gericht den vorliegende Sachverhalt mit demjenigen als vergleichbar an, der dem Urteil des Bundesgerichtshof vom 6. Juni 2019 (Az.: I ZR 60/18) zugrunde lag. Da hatte dieser entschieden, dass ein 1-Euro-Gutschein, gewährt von einer Apotheke für die Einlösung eines Rezepts, wettbewerbswidrig ist.

Laut ihrer Webseite strebt die Wettbewerbszentrale nun in beiden Fällen eine grundsätzliche Klärung der Frage an, ob die Werbung mit Payback-Punkten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Heilmitteln in den Anwendungsbereich des HWG fällt.

Gegen das Urteil des LG Hamburg hat die Wettbewerbszentrale Berufung eingelegt (OLG Hamburg, Az.: 3 U 83/21). Auch der unterlegene Pharmagroßhändler ist in Berufung gegangen (OLG Karlsruhe, Az.: 6 U 108/21).



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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