BPhD-Kolumne

Mehr einheitliche Standards für das Praktische Jahr

18.08.2021, 12:15 Uhr

Max Willie Georgi ist BPhD-Beauftragter für PJ und Beruf. (s / Foto: BPhD)

Max Willie Georgi ist BPhD-Beauftragter für PJ und Beruf. (s / Foto: BPhD)


Tarifverträge gibt es auch für Pharmazeuten im Praktikum – und das ist gut so, meint der Beauftrage für PJ und Beruf des Bundesverbands der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), Max Willie Georgi. Denn einheitliche Rahmenbedingungen vermeiden Frust. Das lässt sich auch aus den Ergebnissen einer Umfrage des Verbands ableiten. Dennoch sieht Georgi weiter Luft nach oben, was die Standards im Praktischen Jahr betrifft.

Im Mai hat der BPhD ein neues Positionspapier zum Praktischen Jahr veröffentlicht. In diesem fordern wir einheitliche Standards der Rahmenbedingungen im dritten Ausbildungsabschnitt. Während über die Zeit an der Universität oft geklagt wird und sich die meisten Pharmazeut*innen einig sind, dass dort noch einiges verbessert werden kann, wird über das Praktische Jahr (PJ) nur wenig gesprochen. Dabei ist hervorzuheben, dass in der Pharmazie die Praktikumssituation positiv wahrgenommen wird. Die Vergütung ist wesentlich höher als etwa in der Medizin. Ebenso geben sich die meisten Apotheken Mühe in der Ausbildung und helfen ihren zukünftigen Kolleg*innen. Trotzdem sind die Bedingungen im PJ noch ausbaufähig. Zudem sollten alle PhiPs ihr PJ unter denselben Umständen absolvieren dürfen.

Im Herbst 2020 hat der BPhD eine groß angelegte Umfrage unter den Pharmazeut*innen im Praktikum (PhiPs) durchgeführt, um die Rahmenbedingungen im Praktischen Jahr zu überprüfen. Rund ein Drittel der knapp 2.000 PhiPs haben dabei ihre Erfahrungen aus den Bereichen Öffentliche Apotheke, Krankenhausapotheke und Industrie geteilt. Vor allem die Themen Vergütung, wöchentliche Arbeitszeit und Handhabung von Krankheitstagen sind dabei äußerst wichtig.

In der Offizin konnte man den Einfluss des Bundesrahmentarifvertrags beispielsweise bei der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit gut erkennen (Offizin 40 Stunden, Krankenhaus 39 Stunden, Industrie 38 Stunden). Im Bereich der Vergütung waren die jeweils geltenden Rahmentarifverträge ebenfalls richtungsweisend: In der Offizin gaben knapp zwei Drittel der teilnehmenden PhiPs an, nach dem aktuellen Adexa-Tarif (zum Zeitpunkt 941 Euro) vergütet zu werden, knapp 7 Prozent wurden geringer vergütet und der Rest höher. In den Krankenhausapotheken hatten ungefähr 45 Prozent eine Vergütung im Bereich des ADEXA-Tarifs, 34 Prozent wurden jedoch schlechter vergütet.

Dies ist auf die Praktika-Richtlinie der Tarifgemeinschaft der Länder zurückzuführen, welche PhiPs ebenfalls listet (erstes Halbjahr 790 Euro pro Monat und zweites Halbjahr 1.050 Euro pro Monat). In der Industrie ist die Vergütung am höchsten: Mehr als 80 Prozent erhielten eine monatliche Vergütung zwischen 1.000 Euro und 2.000 Euro, wobei fast ein Drittel Mindestlohnniveau oder höher erhielt. 17 Prozent wurden auf Niveau des ADEXA Tarifs oder geringer vergütet.

Was ist den Apothekern der Nachwuchs wert?

In Bereichen, welche nicht durch einen Tarifvertrag geregelt wurden, wie zum Beispiel der Umgang mit Krankheitstagen, wurde die Situation schon diverser und vielerorts auch nachteilig für die PhiPs ausgelegt. Im Krankenhaus gaben fast 60 Prozent der befragten PhiPs an, Krankheitstage nacharbeiten oder Urlaubstage einsetzen zu müssen. In der Offizin waren es fast die Hälfte und in der Industrie fast ein Drittel aller Befragten. Immerhin: 40 Prozent gaben sowohl in der Industrie als auch in der Offizin an, dass Krankheitstage angerechnet wurden. Im Krankenhaus war dagegen lediglich ungefähr ein Drittel mit dem Vorgehen einverstanden. Ohne einheitliche Regelung erkennt man hier also schnell eine sehr unterschiedliche Auslegung der Gegebenheiten.

Das Praktische Jahr ist der Übergang von der Universität in das Berufsleben. Egal für welchen Berufszweig sich die jungen Apotheker*innen entscheiden, der dritte Ausbildungsabschnitt ist für alle verpflichtend. Die Gegebenheiten am Arbeitsplatz können die Berufswahl noch einmal maßgeblich beeinflussen – zum Positiven, aber auch zum Negativen. Als Ausbildungsbetrieb kann man die Praktikant*innen als günstige Arbeitskräfte betrachten. Man kann ihnen aber auch für ihre bereits erlernten Kompetenzen aus einem absolvierten Hochschulstudium mit zwei erfolgreichen Staatsexamina auf Augenhöhe begegnen und dies würdigen. Sie bringen eine ausgeprägte pharmazeutische Kompetenz mit, welche nur noch darauf wartet, aktiviert und genutzt zu werden. Dies fordert gerade am Anfang einen verstärkten Arbeitsaufwand, welcher sich jedoch bereits nach einigen Wochen und Monaten wieder auszahlt. Falls ein PhiP für zwölf Monate im Betrieb bleibt, lohnt es sich für diesen umso mehr.

Für viele Apotheker*innen ist es heute vermutlich nicht mehr nachvollziehbar, was ein dreistelliger Verdienst für eine Vollzeittätigkeit bedeutet oder wie es ist, sich krank zur Arbeit zu schleppen, weil man den Urlaub nicht aufs Spiel setzen möchte. Mit unserem Positionspapier möchten wir eine Verbesserung der Lebensqualität im PJ anregen. Welche Vergütung ist angemessen? Reichen knapp 1.000 Euro brutto bei einer Vollzeittätigkeit zum Leben oder ist ein Mindestlohn angebracht? Bedeuten ein paar Krankheitstage innerhalb von sechs Monaten, dass der oder die PhiP zu wenig gelernt hat? Ist ein kleines Zeitfenster zum Selbststudium jede Woche eine sinnvolle Ergänzung zum HV oder ist die Erfahrung dort so wertvoll, dass keine Minute anders genutzt werden sollte? Letztlich müssen sich die Arbeitgeber*innen die Frage stellen, was ihnen der Nachwuchs wert ist und welchen Rahmen sie der Ausbildung in ihren Betrieben geben wollen. Natürlich sind sie dazu nicht verpflichtet. Ebenso ist aber auch niemand nach dem Pharmaziestudium der Apotheke verpflichtet.

Das Positionspapier ist in voller Länge auf der Homepage des BPhD einsehbar.  



Max Willie Georgi, Beauftragter für PJ und Beruf
redaktion@daz.online


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