Nagelpilz

Welche Rolle spielt der Terbinafin-Lack?

Waren (Müritz) - 18.08.2021, 07:00 Uhr

Terbinafin gilt als wirksamste orale Therapie bei Nagelpilz. Könnte das dem topischen Antimykotikum zum Verhängnis werden? (x / Foto: Denis Chernousov / AdobeStock)

Terbinafin gilt als wirksamste orale Therapie bei Nagelpilz. Könnte das dem topischen Antimykotikum zum Verhängnis werden? (x / Foto: Denis Chernousov / AdobeStock)


Terbinafin systemisch die Nummer 1

Die Konkurrenz, darunter die Hersteller von Ciclopoli®, Loceryl® und Canesten® Extra Nagelset, sind entsprechend alarmiert: Seit der Terbinafin-Nagellack auf dem Markt ist, hat der Werberummel um die Selbstmedikation von Nagelpilz spürbar zugenommen. In der aktuellen Ausgabe der DAZ werden die absatzstärksten Produkte mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt und die ihnen attestierten Superlative einmal kritisch unter die Lupe genommen.

Das Zittern ist nicht unbegründet, immerhin hat sich Terbinafin in einem Cochrane-Review aus dem Jahr 2017 als das wirksamste systemische Antimykotikum empfohlen und ist seit Jahrzehnten erste Wahl, gefolgt von Itraconazol und Fluconazol. Doch gerade diese Pole-Position kann dem Terbinafin-Nagellack in der Lokalbehandlung zum Verhängnis werden, gibt Nenoff zu bedenken: „Da Terbinafin meist als Tablette gegeben wird, wäre es sinnvoll, lokal auf einen anderen Wirkstoff zu setzen, um mehrere Angriffspunkte zu bedienen. Das ist bisher eine rein empirische Empfehlung und müsste genauer untersucht werden. Diese Strategie ist aber auch vor dem Hintergrund einer möglichen Resistenzentwicklung nicht von der Hand zu weisen, die insbesondere für Terbinafin relevant ist.“

Nie dagewesen: Resistente Dermatophyten

Terbinafin wirkt durch die Hemmung der Ergosterol-Biosynthese und der Squalen-Epoxidase in der Pilzzellmembran fungizid gegen Dermatophyten und Schimmelpilze und fungistatisch gegen einige Hefen. Jahrzehntelang galt es als verlässliches und gut wirksames Mittel bei verschiedenen Mykosen. Doch die breite Anwendung hat Spuren hinterlassen: Seit einigen Jahren beobachten Nenoff und Kollegen steigende Werte der minimalen Hemmkonzentration (MHK), was für die Entwicklung von Resistenzen spricht. „Hautärzte und Wissenschaftler sind selbst überrascht. Resistenzen gegen Dermatophyten kannte man bisher nicht.“ Besonders ernst sei das Problem in Indien, wo ansonsten gesunde Personen unabhängig vom Alter schwerste Hautinfektionen entwickeln, die auf Terbinafin nicht mehr ansprechen.

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Dafür verantwortlich gemacht wird ein neuer Genotyp von Trichophyton mentagrophytes, der auch schon in Deutschland nachgewiesen wurde, ebenso wie andere Resistenzen. „Allein in diesem Jahr wurden schon vier oder fünf Stämme isoliert, die in vitro und genetisch eine Punktmutation im Squalen-Monooxygenase(SQLE)-Gen, einer Zielstruktur von Terbinafin, zeigten.“ Das wird Konsequenzen haben, ist sich Nenoff sicher. „Es gibt deutsche Kollegen, die Terbinafin gar nicht mehr systemisch einsetzen, sondern ausschließlich Itraconazol verordnen. So weit würde ich aber nicht gehen.“

Für ihn und etwa 98 Prozent aller Hautärzte ist Terbinafin nach wie vor das Mittel der ersten Wahl zur oralen Therapie von Nagelpilz. Allerdings habe man bei nicht heilen wollenden Mykosen die Resistenzentwicklung gegen Terbinafin im Hinterkopf.



Rika Rausch, Apothekerin
redaktion@daz.online


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