Erhöhte RSV-Welle befürchtet

An RSV-Impfung mit Palivizumab denken

Stuttgart - 19.08.2021, 07:00 Uhr

Vor allem Frühgeborene und Neugeborene haben ein erhöhtes Risiko für schwere RSV-Infektionen und Spätfolgen wie Asthma und Allergien, weswegen eine passive Impfung wichtig ist. (Foto: Tobilander / AdobeStock)

Vor allem Frühgeborene und Neugeborene haben ein erhöhtes Risiko für schwere RSV-Infektionen und Spätfolgen wie Asthma und Allergien, weswegen eine passive Impfung wichtig ist. (Foto: Tobilander / AdobeStock)


Nebenwirkungen von Maske und Social Distancing: höhere RSV-Inzidenzen

Bislang galt RSV als saisonales Virus mit Hochzeiten in den Wintermonaten. Durch klimatische Veränderungen und die mehr und mehr aufgehobenen Jahreszeitrhythmen mit teils auch sehr niedrigen Temperaturen im Sommer werde RSV zunehmend auch über das Jahr verteilt nachgewiesen, erklärt Rose. Corona könnte diesen Prozess zusätzlich befeuert haben.

Training des Immunsystems fehlt

Was in den vergangenen Monaten durch Abstand, Maske und Social Distancing verloren ging, ist eine natürliche Stimulation des Immunsystems: „Unser Immunsystem braucht Training, sonst erschlafft es wie ein Muskel“, erklärt der Kinderlungenarzt und Infektiologe im Fachpressegespräch. Diese immunologische Schuld werde zusätzlich erhöht, da Schutzimpfungen zu spät oder gar nicht erfolgten. „Es ist nicht gesund, wenn Kinder nie erkältet sind“, weiß Rose. Das alles führe dazu, dass wenn die Pandemie vorbei ist, Bakterien und Viren ein leichtes Spiel haben und auf ein unvorbereitetes Immunsystem stießen, prophezeit der Infektions- und Allergieexperte. Auch fehle vielen Säuglingen der Nestschutz durch mütterliche Antikörper gegen RSV, denn auch eine werdende Mutter habe sich nicht mit RSV infizieren und diesen Schutz an ihr Kind weitergeben können.

Doch: Die Viren und Bakterien lauerten „unverändert“ und könnten ebenso wie andere Atemwegsviren und Bakterien gerade bei jungen und/oder chronisch Kranken verheerende Infektionen auslösen, erinnert der Kinderlungenarzt. Er rät deswegen, jetzt das Immunsystem zu trainieren und womöglich noch nicht durchgeführte Schutzimpfungen gegen Influenza, Pertussis und Pneumokokken nachzuholen. Gerade bei Risikokindern sollte zusätzlich ein besonderes Augenmerk auf die passive RSV-Immun-Prophylaxe gelegt werden – eine aktive Immunisierung ist gegen RSV nach wie vor nicht möglich.

RSV: Wer ist besonders gefährdet?

Besonders gefährdet für schwere Verläufe von RSV-Infektionen sind laut der S2k-„Leitlinie zur Prophylaxe von schweren Erkrankungen durch Respiratory Syncytial Virus (RSV) bei Risikokindern“ Frühgeborene, Neugeborene und junge Säuglinge sowie Kinder mit chronischer Lungenerkrankung (z. B. interstitielle Lungenerkrankung, zystische Fibrose und angeborene Atemwegsanomalien), angeborenen Herzerkrankungen, neuromuskulären Erkrankungen, schweren Immundefekten, immunsuppressiver Therapie und chromosomalen Aberrationen, wie der Trisomie 21. Zudem zählen zu den weiteren Risikofaktoren für eine schwer verlaufende RSV-Erkrankung ein Alter unter sechs Monaten, eine Mehrlingsgeburt, männliches Geschlecht, Geschwisterkinder im Kleinkindalter, Krippenbesuch, Rauchexposition durch Eltern und im Haushalt, niedriger Sozial- und Ausbildungsstatus der Eltern, enge häusliche Verhältnisse, Unterernährung sowie eine positive Familienanamnese für atopische Erkrankungen oder Asthma.

Als einzige zugelassene medikamentöse RSV-Prävention ist derzeit Palivizumab (Synagis®) zugelassen. Indiziert ist es laut Fachinformation zur Prävention von durch das RSV hervorgerufenen schweren Erkrankungen der unteren Atemwege, die Krankenhausaufenthalte erforderlich machen, bei Kindern mit hohem Risiko für RSV-Erkrankungen – und zwar Kinder, die in der 35. Schwangerschaftswoche oder früher geboren wurden und zu Beginn der RSV-Saison jünger als sechs Monate sind, sowie Kinder unter zwei Jahren, die innerhalb der vorherigen sechs Monate wegen bronchopulmonaler Dysplasie behandelt wurden, und Kinder unter zwei Jahren mit hämodynamisch signifikanten angeborenen Herzfehlern.

Frühgeborenen fehlen mütterliche Antikörper

Bei Frühgeborenen kommt ein weiterer Risikofaktor hinzu: Ihnen fehlen die mütterlichen Antikörper, da diese zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht auf das Baby übergegangen sind. Erschwert wird die Immunsituation der Babys zusätzlich, sollte die Mutter ihren Säugling nicht stillen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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