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Wenn es an der Umsetzung hapert
So klappt es endlich mit der Medikationsanalyse in der Apotheke
Man hat eine Fortbildung gemacht und ist nun mehr denn je Profi für Medikationsanalysen in der Apotheke. Doch irgendwie hapert es an der praktischen Umsetzung – woran scheitert es? Oder welche konkreten Schritte helfen, eine Medikationsanalyse nach Fortbildung auch regelhaft zu implementieren? Dr. Oliver Schwalbe (AKWL), Dr. Isabel Waltering und Professor Georg Hempel haben in einer Studie konkrete Punkte ausfindig gemacht, die Apotheker:innen ganz pragmatisch umsetzen können. Vielleicht startet man am besten mit einem Pflegeheim – und plant die Medikationsanalyse auch in den Dienstplan ein.
Chronische Erkrankungen, Multimorbidität und Polymedikation lassen manche Arzneimitteltherapie zur Herausforderung werden – Neben- und Wechselwirkungen können auftreten, Arzneimittel werden nicht adäquat an- und abgesetzt (Über- und Unterverschreibungen) und nicht immer nehmen Patient:innen ihre Medikation auch pflichtbewusst ein (mangelnde Adhärenz). Apotheker:innen können in diesen Punkten durch eine fachlich fundierte Medikationsanalyse helfen, Doppelverordnungen und fehlerhafte Dosierungen zu detektieren und dadurch die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen.
Seit 2012 ist das Medikationsmanagement in § 1a der Apothekenbetriebsordnung verankert, die Bundesapothekerkammer stellt eine Leitlinie zur Medikationsanalyse bereit und die Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL) bietet bereits seit 2012 eine sechsmonatige Weiterbildung „Apo-AMTS“ für Apotheker:innen und Pharmazeuten:innen im Praktikum an. Zusätzlich zu den Schulungen hat die AKWL verschiedene Instrumente (z. B. Dokumentationsmaterial, Werbematerial, Arzneimittelinformationsstelle) entwickelt, um die Umsetzung der Medikationsanalyse in der Apotheke zu unterstützen. Allerdings hapert es daran offenbar.
Nur ein Drittel der APO-AMTS-Apotheken setzt Medikationsanalyse um
So ergab eine im Juni 2016 durchgeführte Online-Umfrage, dass lediglich ein Drittel der akkreditierten Apotheken (33 Prozent, 53 von 163) wenigstens eine Medikationsanalyse pro Monat durchführt. 36 Prozent der Apotheke gaben an, gar keine Medikationsanalysen zu betreiben. Woran liegt`s? Immerhin sind die Apotheker:innen doch geschult und auch mit Material versorgt. Zwar bietet die Literatur Erklärversuche für dieses Phänomen – Zeit- oder Personalmangel, die Dokumentationspflichten, die mit einer Medikationsanalyse einhergehen oder hohe Anforderungen an die Abgabe von Arzneimitteln –, doch war dies Dr. Oliver Schwalbe (AKWL), Dr. Isabel Waltering und Professor Georg Hempel von der Westfälischen Wilhelms-Universität nicht genug. Sie suchten also die Apotheken, die erfolgreich und regelmäßig Medikationsanalysen durchführen und schauten, was sie anders machten – welche Strategien erleichtern es diesen Apotheken, ein Medikationsmanagement zu implementieren?
Dabei ging es weniger darum, „was“ implementiert wird, sondern „wie“. Die Datenerhebung erfolgte zwischen März 2017 und März 2019, alle ausgewählten Apotheken waren sogenannte AMTS-qualifizierte Apotheken und Teil eines Programms in Zusammenarbeit mit einer Krankenkasse, bei dem die Apotheken pro durchgeführter Medikationsanalyse 80 Euro Entschädigung erhielten. Die Ergebnisse ihrer Untersuchung veröffentlichten Waltering, Schwalbe und Hempel im „International Journal of Clinical Pharmacy“.
Alle einbinden, regelmäßig schulen und Fortbildung zeitlich honorieren
Sie fanden heraus, dass es vor allem wichtig ist, das ganze Apothekenteam aktiv in die Medikationsanalyse einzubeziehen. Das betrifft die Patienten-Akquise sowie, dass die Ergebnisse der Medikationsanalyse für das ganze Team einsehbar sind. Hier müssen vor allem PTA eingebunden werden. Wichtig ist den Studienautor:innen zufolge auch, dass die Apothekenmitarbeiter:innen, die Medikationsanalysen durchführen, regelmäßig geschult werden – welcher Patient eignet sich für eine Medikationsanalyse, wie spreche ich den Patienten an und welchen Nutzen hat dieser davon –, auch um pharmakotherapeutisch aktuell zu bleiben. Und: Die Zeit für die Fortbildung sollte als Arbeitszeit anerkannt werden.
Zeit für Medikationsanalyse einplanen
Die Analyse brachte eine weiteren wichtigen Punkt auf den Tisch: Die Medikationsanalyse sollte fest im Dienstplan eingeplant sein – als „Office Time“ –, sodass der für die Medikationsanalyse zuständige Mitarbeiter diese in seiner Arbeitszeit und ohne Unterbrechung erledigen kann und vielleicht nicht ständig in den HV gerufen wird.
Zugang zu Datenbanken einrichten
Zudem sollte das für eine sorgfältige Medikationsanalyse benötigte Arbeitsmaterial in der Apotheke vorhanden sein. Das sind neben der Apotheken-Software auch Zugriffsmöglichkeiten auf weiter Datenbanken und Literatur. Hilfreich scheint zudem, eine Vorlage zu erstellen, um die Ergebnisse der Medikationsanalyse für den Patienten und den Verordner festzuhalten. Auch eine klare Struktur in der Terminvergabe unterstützt bei der Organisation der Medikationsanalyse.
Mit wem anfangen?
Die Studienautoren raten auf Basis ihrer Ergebnisse, genau Kriterien festzulegen, für welche Patienten eine Medikationsanalyse infrage kommt und diese Patienten in der Kundenkartei entsprechend zu markieren. Dabei bietet es sich an, mit Pflegeheimbewohner:innen zu beginnen, die ersten Analysen mit den verordnenden Ärzten und Ärztinnen persönlich zu besprechen und fortan regelmäßige Treffen einzuplanen.
Und wie bewerben?
Die Studienautor:innen machten die Erfahrung, dass soziale Medien ein probates Mittel sind, den Dienst der Apotheke zu bewerben. Doch sollte man stets auch die Zielgruppen im Auge haben – nicht jeder Apothekenkunde nutzt die sozialen Medien. Sodann könnten Apotheker:innen auf andere Werbemaßnahmen zurückgreifen.
Neben diesen organisatorischen Punkten entscheiden auch individuelle Faktoren, ob es Apotheken gelingt, eine Medikationsanalyse standardmäßig zu implementieren. Laut den Studienautoren waren „wichtige individuelle Erfolgsfaktoren“, die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und eine positive Einstellung zur Medikationsanalyse. Auch hilft es, wenn man sich auf die Pharmakotherapie bestimmter Erkrankungen spezialisiert und Medikationsanalysen zu Schulungszwecken durchführt, um routinierter zu werden, was nicht zuletzt das Selbstwertgefühl steigert. Apothekenleiter:innen raten die Studienautoren als „treibende Kraft“ in Sachen Medikationsanalyse zu fungieren. Ihr Fazit: „Es ist uns gelungen, Strategien für eine erfolgreiche Implementierung von MR in der Apotheke zu definieren.“
Kein Selbstläufer
Wichtig ist wohl: dranbleiben und alle ins Boot holen. Es genügt offenbar nicht, einfach einen Apotheker in eine Fortbildung zu stecken und fortan funktioniert das Projekt Medikationsanalyse als Selbstläufer. Die ganze Apotheke muss hinter der pharmazeutischen Dienstleistung stehen. Damit ist wohl auch die Idee, dass mit Honorierung der pharmazeutischen Dienstleistung im nächsten Jahr alles schon irgendwie „automatisch“ klappt, ein Irrglaube.
2 Kommentare
Medikationsanalyse
von Carolus Schneider am 23.08.2021 um 8:34 Uhr
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AW: Medikationsanalyse
von Ralf Schabik am 23.08.2021 um 11:05 Uhr
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