Bundestagswahl 2021 – Teil 7: CSU

„Für mich ist das Rx-Versandverbot nach wie vor das Mittel der Wahl“

Traunstein - 30.08.2021, 07:00 Uhr

Die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner will sich weiterhin für gleich lange Spieße zwischen Versand- und Vor-Ort-Apotheken einsetzen. (c / Foto: Tobias Koch)

Die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner will sich weiterhin für gleich lange Spieße zwischen Versand- und Vor-Ort-Apotheken einsetzen. (c / Foto: Tobias Koch)


Gäbe es in Deutschland wie in der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten ein Rx-Versandverbot, könnten die Vor-Ort-Apotheken der Einführung des E-Rezepts gelassen entgegensehen. Aber obwohl nach der letzten Bundestagswahl im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, dass die Bundesregierung sich für das Rx-Versandverbot einsetzen wolle, weigerte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, dies umzusetzen. Doch für die CSU ist das Rx-Versandverbot nach wie vor eine Option – das wird deutlich im Gespräch mit der CSU-Abgeordneten Emmi Zeulner, die als ordentliches Mitglied dem Gesundheitsausschuss des Bundestags angehört.

Noch im vergangenen Sommer, als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) längst die Weichen für das Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) und damit für das Rx-Boniverbot im GKV-Bereich gestellt hatte, machte die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner sich für das Rx-Versandverbot stark. Zusammen mit ihrem Abgeordnetenkollegen Wolfgang Stefinger startete sie einen neuen Vorstoß und widersprach öffentlich Bundesgesundheitsminister Spahn, der stets behauptete, dass das Rx-Versandverbot europarechtlich nicht haltbar sei. Ein entsprechendes Gesetz habe gute Chancen, so Zeulner und Stefinger, vor dem Europäischen Gerichtshof bestehen zu können.

Im Vorfeld der Bundestagswahl betont Zeulner nun im Gespräch mit der DAZ, es sei der CSU vor allem sehr wichtig, dass die Arzneimittelversorgung und damit auch der Notdienst flächendeckend und wohnortnah gewährleistet wird. „Das klassische Beispiel ist: Wenn ich ein fieberndes Kind habe, dann nützt mir ein Versandhändler gar nichts am Abend“, erklärt Zeulner. Ihr besonderes Augenmerk liegt dabei auf den ländlichen Regionen. „Es wird immer gesagt, in den Ballungsräumen könne es weniger Apotheken geben – das mag schon sein, wenn sich zwei oder drei Apotheken aneinanderreihen. Aber wenn es in den ländlichen Regionen weniger Apotheken gibt,  dann werden die Fahrtwege gerade auch im Nachtdienst länger“, gibt Zeulner zu bedenken. „Ich möchte mir nicht vorstellen, dass Stück für Stück Apotheken wegbrechen. Gerade im ländlichen Raum ist es entscheidend, dass wir überall Apotheken vor Ort haben. Und da reicht auch kein Apothekenautomat!“

Rx-Boniverbot ist ein Kompromiss

Das Rx-Boniverbot im Sozialgesetzbuch V ist für Zeulner erst einmal ein Kompromiss. „Wenn wir weitere Verschiebungen mitbekommen, dann müssen wir auf jeden Fall nachsteuern“, fordert Zeulner. „Für mich ist das Rx-Versandverbot nach wie vor das Mittel der Wahl.“  Zudem werde die CSU die Qualitätssicherungsstandards im Versand beobachten: „Wir nehmen weiterhin die Vorwürfe sehr ernst, dass die Qualität im Versandhandel nicht so gehalten werden kann wie in der Apotheke beispielsweise durch den Botendienst.“ Hier müsse es gleich lange Spieße geben. Es könne nicht sein, dass das bei den einen locker gehandhabt werde und bei den anderen „die Daumenschrauben angezogen“ würden.

Das E-Rezept begrüßt Emmi Zeulner grundsätzlich: „Es ist gut, dass Arzt und Apotheker entlastet werden.“ Zudem könnten Formfehler hoffentlich vermieden werden – den Apothekern sei ja zu gut bekannt, dass fehlerhaft  ausgestellte Rezepte zu Schwierigkeiten bei der Erstattung führten. „Was wir auf keinen Fall wollen ist aber, dass mit den E-Rezepten gemakelt wird“, betont Zeulner. „Die Frage für die Zukunft wird auch sein: Welche Rolle nimmt der Arzt dabei ein? Das ist eine spannende Frage, die ich derzeit noch nicht beantworten kann.“

Wer das Medikament verschreibt, darf es nicht verkaufen

Doch wie können sich die Apotheken vor Ort davor schützen, dass die EU-Versender dank des E-Rezepts größere Marktanteile gewinnen? Zeulner setzt hier vor allem auf die langjährige Kundenbetreuung durch die Vor-Ort-Apotheken und ihre Präsenz im Notdienst. Aber es sei zu kurz gesprungen, hier nur auf den Apotheker zu schauen, man müsse auch die Ärzte im Blick haben. Und wie sieht es aus mit den Plattformen der Versender, von denen ein Button zu einem Arzt weiterleitet, der dann auf Basis eines Fragebogens ein Rezept ausstellt, das wiederum vom Versender beliefert wird? „Da wird an der Verschreibungspflicht gerüttelt, da geht es ans Eingemachte“, so Zeulner. „Es ist ein Grundpfeiler unseres Gesundheitssystems, dass der, der das Medikament verschreibt, es nicht auch verkauft. Denn sonst gibt es Interessenskonflikte.“   

Auch hier werde die CSU beobachten, wie sich die Lage entwickelt. Dabei kommt Zeulner nochmals auf das Rx-Versandverbot zurück: „Das Kind ist ja bereits vor Jahren in den Brunnen gefallen, als unter der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt der Rx-Versand erlaubt wurde.“ Nun werde argumentiert, es sei schwierig, das Ganze zurückzudrehen, da es ein Angriff auf die Berufsfreiheit sei. „Ich wage das zu bezweifeln“, so Zeulner. Sie selbst hätte es anders entschieden und es darauf ankommen lassen, dass das Rx-Versandverbot vor dem Europäischen Gerichtshof landet. Ziel müsse nun sein, dass es für die Versender und die Vor-Ort-Apotheken gleiche Voraussetzungen gebe. „Aus diesem Grund haben wir auch den Botendienst gestärkt“, so Zeulner. Es sei sinnvoll, dass die Botendienste sich weiter etablieren, und dazu müssten sie auch für die Apotheken attraktiv sein. 

Pandemie-Sonderregeln sollten verstetigt werden

Bekanntlich wurde den Apothekern  in der Pandemie „mehr Beinfreiheit“ bei der Arzneimittelabgabe eingeräumt. Sollten diese Sonderregeln verstetigt werden? „Auf jeden Fall, ich empfinde das als absolut positiv“, betont Zeulner. „Die Apotheker haben gezeigt, dass sie mit Augenmaß die Instrumente, die zu mehr Beinfreiheit geführt haben, genutzt haben, ohne dies auszunutzen.“

Ja zum Impfen in der Apotheke

Ein weiteres wichtiges Thema sind die Impfungen in der Apotheke. „Wir haben ja bereits das Modellvorhaben zur Grippeimpfung in den Apotheken gefördert, und ich sage ganz klar: Das ist ein Riesenpotenzial, das Apotheken in diesem Bereich haben“, so Zeulner. „Ich begrüße das Impfen in der Apotheke ausdrücklich. Das ist ein qualitativ hochwertiger und zugleich niedrigschwelliger Zugang der Patienten zum Impfen.“ Es sei ein anderes Gefühl für die Patienten, zum Impfen in die Apotheke zu gehen, da es dort eine ganz klare Serviceorientierung gebe: „Die Beratung, Hinwendung und Serviceorientiertheit zum Kunden gehören zur DNA des Apothekenpersonals.“

Besonders wichtig: Medikationsanalyse und -management

Beim Thema honorierte pharmazeutische Dienstleistungen, für die mit dem VOASG der Grundstein gelegt wurde, liegen Zeulner insbesondere Medikationsanalyse und -management sowie der Medikationsplan am Herzen: „Wenn wir das hinbekommen, haben wir sehr viel gewonnen, dann haben wir sehr viel Gutes getan für die Menschen, vor allem für diejenigen mit komplexen Krankheitsbildern.“ Generell kann Zeulner sich vieles vorstellen, was von den Apotheken zukünftig geleistet wird. Denkbar sei beispielsweise auch eine Impfberatung in Apotheken; dadurch würden die Hausärzte, die hier sehr viel leisten, entlastet. Oder auch spezielle Angebote für Diabetiker und Asthmatiker. „Entscheidend ist, dass die Expertise des Apothekers noch mehr genutzt wird, und da sind wir auf einem guten Weg“, so Zeulner.

Großes Lob für Substitutionsapotheken

Zum Abschluss des Gesprächs spricht Zeulner noch ein großes Lob für die Apotheken aus, die sich beim Thema Substitution engagieren. „Diese Apotheken leisten Unglaubliches, sie betreuen eine besondere Klientel in meistens nicht einfachen Situationen. Ich bin dankbar für jede Apotheke, die Medikamente an Substituierende abgibt.“ Aber auch hier sei es wichtig, dass genügend Apotheken vor Ort erreichbar seien.



Dr. Christine Ahlheim (cha), Chefredakteurin AZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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1 Kommentar

Substitution Sichtvergabe

von Hermann Eiken am 30.08.2021 um 11:30 Uhr

Es ist ein unhaltbarer Zustand, dass Krankenkassen die tägliche Sichtvergabe und vorgeschriebene tägliche Einzeldokumentation nicht bezahlen sondern retaxieren!

Wir berechnen die BTM-Gebühr von 4,26 Euro für jede tägliche Abgabe und Dokumentation. Die KK erkennen aber nur eine einmalige Abgabegebühr an. Sie stellen sich auf den Standpunkt , mit der einmaligen Abrechnung als Dokumentationsgebühr sie alles bezahlt!

Jede einzelne Sicht-Abgabe ist eine Pharmazeutische Dienstleistung, zieht Dokumentation nach sich, Einzellagerung und Vorbereitung, Abgabeabsprache und diskrete Vergabe an den Substitutionspatienten oder die Patientin.

Frau Zeulner sollte dafür sorgen, wenn sie schon sagt, " die Apotheken leisten Unglaubliches", dass die Krankenkassen dann jede Abgabe vernünftig honrieren, und die BTM-Gebühr für JEDE tägliche Vergabe anerkennen und nicht retaxieren!!

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