Ökotest

Saure Intimwaschlotionen sind nicht automatisch gut

Stuttgart - 13.09.2021, 07:00 Uhr

Braucht man zur Intimhygiene spezielle Intimwaschlotionen? (s / Foto: mike / AdobeStock)

Braucht man zur Intimhygiene spezielle Intimwaschlotionen? (s / Foto: mike / AdobeStock)


Besser ohne Duftstoffe

Gestört haben Ökotest außerdem die Duftstoffe – und zwar generell: „Erschreckend: Nur drei Waschlotionen sind überhaupt parfümfrei“, und allein für das Vorhandensein von Duftstoffen hat Ökotest diesmal Bewertungspunkte einkassiert. Vor allem jedoch, wenn die Duftstoffe zusätzlich noch umstritten sind – wie künstlicher Moschusduft oder Lilial. Wie auch PEG ist auch Lilial Ökotest schon seit langem ein Dorn im Auge. Auch die Verbraucherschützer der EU beschäftigen sich seit geraumer Zeit mit dem Duftstoff – wobei Beschreibungen wie „nicht sicher“ schon vor Jahren fielen. Mittlerweile ist der Duftstoff als reproduktionstoxisch eingestuft und wird aller Voraussicht nach ab März 2022 in Kosmetika verboten sein. Unerwünscht ist Lilial in Intimwaschlotionen aber bereits jetzt – gefunden wurde es jedoch in Sagella, wobei der Hersteller dies laut Ökotest noch nicht einmal deklariert hat.

Auch künstlichen Moschusduft will Ökotest nicht in Kosmetika sehen, Galaxolid reichere sich im Fettgewebe an und finde sich auch in der Muttermilch – aber auch in Kade Femin und Vionell.

Der lange Weg von Lilial bis zum baldigen Verbot

Auch auf EU-Ebene ist man seit Jahren skeptisch bei Lilial. Der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission (SCCS, Scientific Committee on Consumer Safety) – in dem auch ein Vertreter des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sitzt – kam im Jahr 2015 zu der Einschätzung, dass Lilial „nicht sicher“ in der Verwendung als Duftstoff ist, und zwar sowohl bei abwaschbaren (Rinse-off) als auch auf der Haut verbleibenden (Leave-on) Kosmetika. Zur Mutagenität könne man keine abschließende Bewertung abgeben, hieß es 2015, Lilial berge jedoch zumindest das Risiko für Hautsensibilisierungen. Lilial muss auf der Packung deklariert sein, wenn in Leave-on-Produkten mehr als 10 ppm und in Rinse-off-Produkten mehr als 100 ppm enthalten sind. 

Das SCCS beschäftigte sich seit der Einschätzung von 2015 jedoch weiter mit dem Duftstoff: Im Mai 2019 erklärte das Wissenschaftliche Komitee dann zu Lilial – und zwar speziell zum para-Isomer und nicht zum meta-Isomer! –, dass „auf Einzelproduktbasis Butylphenylmethylpropion (p-BMHCA) mit Alpha-Tocopherol bis 200 ppm als Duftinhaltsstoff in verschiedenen kosmetischen Leave-on- und Rinse-off-Produkten als sicher angesehen werden“ kann. Zur Erklärung: Alpha-Tocopherol wird teilweise als Antioxidans und als Stabilisator direkt nach dem Produktionsprozess von Lilial zugegeben. 

Jedoch gab der wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission in seiner Einschätzung vom Mai zu bedenken, dass Lilial auch als Duftstoff in einigen nicht-kosmetischen Produkten verwendet wird – wie Haushaltsreiniger und Waschmittel. Da keine spezifischen Expositionsdaten hierzu vorlagen, konnte das SCCS die Lilial-Belastung durch nicht-kosmetische Produkte auch nicht in der tatsächlichen Gesamtsumme der Expositionsszenarien berücksichtigen. „Die Exposition des Verbrauchers kann höher sein als die Exposition durch kosmetische Mittel allein“, so das Fazit. Das sieht das SCCS nicht unkritisch: Betrachte man nämlich das Gesamtrisiko, das sich aus der Verwendung verschiedener lilialhaltiger Produkte zusammen ergibt, könne sodann Butylphenylmethylpropionat in den vorgeschlagenen Konzentrationen nicht als sicher angesehen werden, so das SCCS. 

Hintergrund für die differenzierte Betrachtung des para-Isomers von Lilial war, dass im März 2017 die IFRA (International Fragrance Association) den Kommissionsdienststellen ein neues Sicherheitsdossier speziell zu para-Lysmeral vorgelegt hatte, mit dem Ziel, die Verwendung des para-Isomers zu verteidigen. Das meta-Isomer wurde laut SCCS vom Hersteller BASF selbst als mutagen eingestuft und wird auch vom SCCS als kritische Verunreinigung bewertet.

Mittlerweile – seit dem Jahr 2020 – ist Lilial als reproduktionstoxisch eingestuft und wird voraussichtlich ab März 2022 in Kosmetika verboten sein.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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