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Vorwurf der Steuerhinterziehung
Prozess gegen Ex-AvP-Chef Wettstein zieht sich
Weitere Zeugen sollen angehört werden
Laut groben Schätzungen eines Steuerberaters, der am heutigen Montag ebenfalls als Zeuge auftrat, könnte für Wettstein nach Begleichung der Steuerschuld und Befriedigung von Gläubigerforderungen durchaus noch Geld übrigbleiben. Allerdings sind in dieser Kalkulation nicht die Forderungen einberechnet, die AvP-Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos aufgestellt hat: Dieser beziffert die Verbindlichkeiten des Rechenzentrums bekanntlich auf 593,8 Millionen Euro. In diesen Betrag fließen vor allem die offenen Forderungen der etwa 2.900 öffentlichen Apotheken ein – also die fehlenden Abrechnungsgelder aus dem August 2020. Zum Gläubigerkreis zählen darüber hinaus aber auch Krankenhausapotheken und sonstige Leistungserbringer. Insgesamt soll es sich um rund 5.000 Gläubiger handeln.
Manch einer mag bereits diesen Monat mit einer Urteilsverkündung gerechnet haben. Doch die Frage, inwiefern Wettstein tatsächlich Steuerhinterziehung vorgeworfen werden kann, muss weiter untersucht werden – und dazu will das Gericht noch weitere Zeugen hören. Kompliziert wird es nämlich bei der Schuldfrage bezüglich der Steuererklärung für 2011, die Wettstein erst drei Jahre später abgegeben hatte.
Daher drehte sich der heutige Verhandlungstag vor allem um den sogenannten 95-Prozent-Zeitpunkt. Die Vollendung der Steuerhinterziehung tritt nämlich erst dann ein, wenn im jeweiligen Veranlagungsbezirk des Finanzamts 95 Prozent der Veranlagungsarbeit abgeschlossen wurde. Hat das Finanzamt weniger als 95 Prozent der Veranlagungsarbeit erledigt, liegt in der Regel eine versuchte Steuerhinterziehung vor. Bei mehr als 95 Prozent der Veranlagungsarbeit spricht man dann von einer Vollendung der Tat.
Außerdem hatte Wettstein beim zuständigen Finanzamt Düsseldorf Nord um Fristverlängerung wegen Beraterwechsel gebeten und 2014 dann die Steuererklärungen aus den drei Vorjahren zusammen eingereicht.
Um diese Frage besser zu klären, wurden heute drei weitere Verhandlungstage bis Anfang November anberaumt.
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