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SARS-CoV-2 beeinflusst Darmbakterien
Wie hängt COVID-19 mit dem Mikrobiom zusammen?
Verändert SARS-CoV-2 unser Mikrobiom? Einer neuen Studie zufolge ist das Mikrobiom bei schwer an COVID-19 erkrankten Patienten weniger divers und bestimmte Bakterienpopulationen sind reduziert. Das könnte Blutstrominfektionen bei diesen COVID-19-Patienten begünstigen.
Wie hängt COVID-19 mit dem Mikrobiom zusammen? Beantworten lässt sich diese Frage derzeit noch nicht allumfassend. Begünstigt ein bestimmtes Mikrobiom vielleicht eine SARS-CoV-2-Infektion – oder andersherum: Stört eine COVID-19-Erkrankung das Mikrobiom? Um Antworten auf diese Fragen näherzukommen, untersuchten Wissenschaftler:innen in den USA, unter anderem von Yale und der „New York University Medical Grossman School“, in einem Mausmodell den Einfluss einer SARS-CoV-2-Infektion auf das Mikrobiom. Zudem analysierten sie Stuhlproben von COVID-19-Patienten, um direkt am Patienten Erkenntnisse zu erlangen, ob sich Mikrobiom und SARS-CoV-2 gegenseitig beeinflussen. Derzeit sind die Studienergebnisse noch nicht wissenschaftlich veröffentlicht, sondern liegen lediglich als Preprint vor.
SARS-CoV-2 beeinflusst Darmbakterien direkt und dosisabhängig
Anhand des Mausmodells gelang es den Wissenschaftler:innen zu zeigen, dass eine SARS-CoV-2-Infektion das Darmmikrobiom durchaus beeinflusst – und zwar „direkt und dosisabhängig“, wie sie schreiben. Dafür hatten sie Mäuse über deren Nase mit SARS-CoV-2 infiziert, einmal mit niedrigen, einmal mit hohen Virusdosen, und anschließend täglich die fäkale Bakterienbesiedlung der Mäuse untersucht.
Bei den mit höheren Virusdosen infizierten Mäusen stellten die Wissenschaftler:innen eine „signifikante“ Veränderung des Mikrobioms fest, wobei obligat anaerobe Arten wie Clostridiales abnahmen und Verrucomicrobiales gleichzeitig zunahmen, und sich die α-Diversität des Mikrobioms generell reduzierte. Zudem zeigten die Mäuse klare Erkrankungszeichen wie Gewichtsverlust, gesträubtes Fell, schwere Atmung und reduzierte Aktivität. „Diese Ergebnisse zeigen, dass eine SARS-CoV-2-Infektion eine direkte Dysbiose des Darmmikrobioms in einem Mausmodell verursacht“, erklären die Wissenschaftler:innen.
Gestörtes Mikrobiom korreliert mit Schwere von COVID-19
Doch wie sieht es nun bei Nicht-Mäusen aus – bei menschlichen COVID-19-Patient:innen? Bereits eine frühere Studie aus Hongkong zeigte, dass die Zusammensetzung des Darmmikrobioms bei COVID-19-Patient:innen im Vergleich zu nicht Erkrankten signifikant verändert war. Mehrere Darmbewohner, die bekanntermaßen immunmodulierend wirken könnten – wie Faecalibacterium prausnitzii, Eubacterium rectale und Bifidobakterien – waren „unterrepäsentiert“, schrieben die Autoren bereits im April im BMJ-Fachjournal „Gut Microbiota“, und blieben dies auch 30 Tage nach Abklingen der Erkrankung.
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Zudem scheint ein „gestörtes“ Darmmikrobiom an der Schwere von COVID-19 beteiligt zu sein, da die Wissenschaftler damals auch erhöhte Entzündungsmediatoren nachweisen konnten.
Intensivpatienten weisen geringere Mikrobiom-Diversität auf
Die Forschenden von den medizinischen Fakultäten von Yale und der New York University entnahmen nun Stuhlproben von SARS-CoV-2-infizierten Patient:innen, die bei ihnen in den Krankenhäusern behandelt wurden. Sie stellten fest, dass das Mikrobiom von Patient:innen, die wegen COVID-19 auf der Intensivstation lagen, eine geringere Diversität aufwies, also weniger vielfältig war. Den Wissenschaftler:innen fiel zudem auf, dass dies in besonderem Ausmaß bei COVID-19-Patient:innen, die eine Blutstrominfektion (BSI, Blood Stream Infection) entwickelten, der Fall war – bei denen also Bakterien in den Blutkreislauf eingeschwemmt wurden (nicht zwingend mit klinischen Sepsiszeichen). Sie sprechen von einer „stark reduzierten bakteriellen α-Diversität“.
Außerdem hatten alle BSI-Patient:innen während ihres Krankenhausaufenthaltes wegen Verdachts auf BSI Antibiotika erhalten, was die „Verschiebung der Mikrobiota-Population“ verstärkt haben könnte, überlegen die Wissenschaftler:innen. Auffällig war jedoch, dass auch 80 Prozent dieser Patient:innen bereits kurz vor COVID-19 antibiotisch behandelt worden waren.
Weniger Bakterien mit Darmbarrierefunktion
Nun interessierte die Wissenschaftler:innen, wie „anders“ das Mikrobiom sich bei schwer erkrankten Patient:innen mit BSI zusammensetzte: Sie fanden unter anderem heraus, dass es zu einer Verringerung der Gattung Faecalibacterium (Ordnung: Clostridiales) kam, was mit einer Störung der Darmbarrierefunktion in Zusammenhang gebracht wird. Diese Dysbiose stimmt mit den Erkenntnissen aus dem Mausmodell überein, wo Clostridiales-Arten bei mit SARS-CoV-2 infizierten Mäusen ebenfalls abgenommen hatten.
Verlagerung der Darmbakterien ins Blut
Beim Vergleich der den Darm besiedelnden Mikroorganismen mit den im Blutkreislauf gefundenen deutete sich zudem eine Übereinstimmung der Taxa in den Stuhlproben mit den im Blut identifizierten an. „Die Analyse der Ergebnisse von Blutkulturen, die auf sekundäre mikrobielle Infektionen des Blutkreislaufs getestet wurden, mit den Mikrobiomdaten dieser Patienten legt nahe, dass Bakterien aus dem Darm in den systemischen Kreislauf von COVID-19-Patienten gelangen“, schlussfolgern die Wissenschaftler:innen. Und weiter: „Wir konnten nachweisen, dass eine Dysbiose des Darmmikrobioms bei COVID-19 mit der Verlagerung von Bakterien ins Blut einhergeht und lebensbedrohliche Sekundärinfektionen verursacht“.
Zudem zeigten sie erstmals, dass das Darmmikrobiom durch eine SARS-CoV-2-Infektion in einem Mausmodell direkt und dosisabhängig beeinflusst wird, wodurch ein kausaler Zusammenhang zwischen Virusinfektion und Dysbiose des Darmmikrobioms angenommen wird. Die an Patient:innen beobachtete Dysbiose stimmte darüber hinaus mit den Beobachtungen im Tiermodell überein.
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