Eine Kolumne von #DerApotheker

Apotheken sind zeitgemäß

06.10.2021, 07:00 Uhr

Apotheken sind noch zeitgemäß und Apotheker machen einen verdammt wichtigen Job, findet #DerApotheker. (Foto: IMAGO / JOKER)

Apotheken sind noch zeitgemäß und Apotheker machen einen verdammt wichtigen Job, findet #DerApotheker. (Foto: IMAGO / JOKER)


Sind Apotheken noch zeitgemäß? Diese Frage poppt immer wieder auf, vor allem unter Gesundheitsökonomen. Aber auch andere mit Spar-Ideen für das Gesundheitswesen stellen sie gerne. Unser Kolumnist #DerApotheker hat darauf eine ganz klare Antwort.

Während meines Pharmaziestudiums musste ich einmal zum Arzt. Warum weiß ich nicht mehr. Ich weiß auch nicht mehr, was das für ein Arzt war. Ich bin nie wieder hin.

Woran ich mich allerdings sehr gut erinnere, ist, dass der ältere Herr mich fragte, was ich denn so beruflich mache, und wie er auf meine Antwort reagierte, als ich ihm sagte, dass ich Pharmazie studiere.

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Wir haben eine Vorbildfunktion

„Sie wollen Apotheker werden? Apotheker braucht kein Mensch. Wir Ärzte können genauso gut eine Schublade aufziehen und dem Patienten das benötigte Medikament mitgeben!“ Ich war damals sehr erstaunt über seine Aussage, hatte aber auch keine Lust mit ihm zu diskutieren. Es hätte doch sowieso zu nichts geführt. Als ich dann fertig studiert hatte und endlich in der Apotheke stand, bestätigte sich das, was ich auch damals schon dachte: Ohne uns würde das Gesundheitssystem nicht funktionieren.

#DerApotheker auf DAZ.online

#DerApotheker teilt via Twitter, Instagram, Facebook und Publikum mit zehntausenden Followern Geschichten aus der Apotheke, nützliche Infos über Arzneimittel und klärt zur Pseudomedizin auf. Darüber hinaus ist er Autor des Buchs „Die Wahrheit über unsere Medikamente“, das im April 2021 veröffentlicht wurde. Seit kurzem macht er auch mit einer regelmäßigen Kolumne auf DAZ.online auf sich aufmerksam. 

Man stelle sich mal vor, es würde keine Apotheken geben, und jeder würde immer sofort zum Arzt oder zur Ärztin rennen. Man müsste dann noch viel länger warten, bis man dran kommt, als ohnehin schon. Man bräuchte vermutlich sogar einen Termin, um sich etwas gegen seine Erkältung zu kaufen, der dann womöglich so weit in der Zukunft liegen würde, dass man dann eh schon lange nicht mehr erkältet wäre.

Aber nicht nur das. Wir sind immer noch eine letzte Kontrollinstanz. Zum Beispiel prüfen wir, ob sich die Arzneimittel miteinander vertragen, die verordnet wurden. Vor allem, weil der eine Arzt nicht weiß, was die andere Ärztin verordnet hat oder vice versa. Selbst wenn jeder bald auf die Daten zugreifen könnte, was der Patient oder die Patientin sonst so einnimmt, sind wir immer noch die Spezialist:innen für Arzneimittel.

Wir haben einen verdammt wichtigen Job

Ohne irgendeinem Arzt oder einer Ärztin zu nahe treten zu wollen, aber ich habe schon die abenteuerlichsten Dinge erlebt. Vor ein paar Jahren hatte ich einen Kunden, der L-Dopa einnehmen musste, wovon ihm ziemlich übel wurde. Also verschrieb ihm sein behandelnder Arzt zusätzlich Metoclopramid gegen die Übelkeit, was jedoch dazu führte, dass das L-Dopa weniger stark wirken konnte, da der D2-Antagonist MCP die Wirkung des Dopamins am D2-Rezeptor schließlich reduzierte.

Die Konsequenz daraus war, dass die L-Dopa-Dosis erhöht wurde, um die gewünschte Wirkung wieder zu erhalten, was wiederum dazu führte, dass die MCP-Dosis erhöht wurde, da die Übelkeit nun wieder verstärkt auftrat. Nachdem ich das mitbekommen hatte, telefonierte ich mit dem Arzt und schlug Domperidon vor, das dem Patienten dann letztendlich auch half.

Diese kleine Geschichte soll weder dazu dienen, mich als den Über-Apotheker darzustellen, der ich nicht bin, noch den Arzt als unfähig, was er sicherlich auch nicht ist. Sie soll lediglich zeigen, dass wir einen verdammt wichtigen Job haben und, dass eine bessere Zusammenarbeit auf so vielen Ebenen Vorteile bringen würde.

Und genau deshalb ärgerte ich mich auch über den FAZ-Artikel von Jonas Prenissl „Sind Apotheken noch zeitgemäß?“, der die Apotheken wohl am liebsten gegen Versandapotheken, Drogerie- und sogar Supermärkte austauschen möchte. Dass der Autor selbst Arzt ist, macht das ganze nicht besser. Im Gegenteil.

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Das zukünftige „Quality Land“ der Apotheken?

Vor ein paar Jahren war ich in London und hätte mich in jedem Supermarkt mit Unmengen an Paracetamol und anderen Arzneimitteln, die man nicht einfach so ohne Beratung bekommen sollte, eindecken können. Was mich aber am meisten überrascht hatte, war, dass man sich auf der Flughafentoilette aus einem kleinen Automaten einfach ein Codein-haltiges Arzneimittel ziehen konnte. Bei uns verschreibungspflichtig, dort (legal) auf dem Klo zu erhalten. Verrückt.

Wer so etwas für Deutschland möchte, hat weder erkannt, was wir leisten, noch, dass Arzneimittel keine Süßigkeiten sind und in den falschen Händen mehr Schaden als Nutzen anrichten können.

Und ja, Apotheken sind noch zeitgemäß.

In Liebe,



#DerApotheker
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wir sind wichtig - das müssen wir beweisen

von A. Runkel am 06.10.2021 um 9:46 Uhr

Ja, ich stimme vollkommen zu! Wir stellen einen essentiellen Bestandteil des Gesundheitswesens dar. Aber wenn wir uns als Apotheker:innen auf diesem Schlachtfeld erfolgreich behaupten wollen, müssen wir dringen alles daran setzten auch wirklich spezialisiert auf Arzneimittel zu sein. Es ist nicht nur einmal und nicht nur in einer Apotheke vorgekommen, dass ich als Reaktion bei Kolleg:innen welche einen Arzt beraten haben die Reaktion „Das müssen Sie wissen. Sie sind der Arzt!“ vernommen habe...

Wie soll uns denn der medizinische Sektor Vertrauen entgegen bringen und unser „Know-How“ wertschätzen (insbesondere in ggf. spezialisierten & honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen oder der Beratung medizinischen Fachpersonals) wenn wir es uns nicht zutrauen (oder in manchen Fällen auch nicht in der Lage dazu sind) uns auf Augenhöhe zu unterhalten?

Eine Ärztin/ein Arzt welche:r morgens solch eine Reaktion in der Apotheke bekommt, wird nachmittags nicht mehr auf einen Anruf aus der Apotheke mit einer Anmerkung z.B. zu einer Interaktion reagieren – so relevant und wichtig sie auch sein mag.

Als Apotheker:innen stehen wir immer auf zwei Spielfeldern. Zum einen müssen wir „den Betrieb am Laufen halten“ und uns mit einer (wachsenden) Vielzahl an betriebswirtschaftlichen und gesetzlichen Regularien auseinander setzen: Abrechnung, existenzbedrohende Retaxationen etc. und dabei tragen wir teilweise nicht nur die Verantwortung für uns, sondern auch für unsere Angestellten die uns vertrauen.
Aber andererseits ist da auch dieses stetig wachsende Feld an Arzneimitteln und der immer fortschreitenden medizinischen Entwicklung wo wir zumindest den groben Überblick behalten müssen um ein verlässlicher Ansprechpartner zu sein.

Ein Spannungsfeld, was mitunter schwer zu lösen ist. Aber gerade letzteres scheint teilweise ins Hintertreffen zu geraten. Wir müssen uns und unseren Kompetenzen Vertrauen entgegen bringen und sie ggf. an der ein oder anderen Stelle auch nochmal auffrischen und vertiefen. Es gibt viele tolle Beispiele von Kolleg:innen die zeigen, dass eine kompetente und hilfreiche pharmazeutische Beratung auch aus der öffentlichen Apotheke heraus möglich ist.

Wenn wir ein Player in diesem neuen und sich aktuell doch recht drastisch ändernden Arbeitsfeld sein und bleiben wollen und uns eine gleichwertige Behandlung wünschen, dann müssen wir auch entsprechend verhalten und die notwendige Kompetenz mitbringen. Solche Aussagen wie oben dürfen nicht mehr über unsere Lippen kommen. Denn nur so verhindern wir langfristig, dass Codein bald aus dem Drehautomaten kommt und die Arzneimittel unserer Patienten aus den Niederlanden versendet werden.

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