Empfehlungsentwurf der USPSTF

Doch kein Low-Dose-ASS in der Primärprävention?

Stuttgart - 21.10.2021, 07:00 Uhr

Die USPSTF will die kardiovaskuläre und onkologische Primärprävention mit niedrig dosiertem ASS einschränken. (s / Foto: blueskies9 / AdobeStock)

Die USPSTF will die kardiovaskuläre und onkologische Primärprävention mit niedrig dosiertem ASS einschränken. (s / Foto: blueskies9 / AdobeStock)


Die „US Preventive Services Task Force“ will die Anwendung von niedrig dosiertem ASS in der Primärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen einschränken. Auch mit dem Nutzen von ASS zur Prävention von Darmkrebs hat sich die USPSTF erneut beschäftigt – und sieht nicht länger eine Evidenz in der Gabe von ASS. Die europäische Fachgesellschaft für Kardiologie (ESC) rät von einer allgemeinen Primärprävention mit ASS ab.

2016 empfahl die „US Preventive Services Task Force“ (USPSTF) die Einnahme von niedrig dosiertem ASS zur Primärprävention von kardiovaskulären Ereignissen und von Darmkrebs. Die USPSTF ist ein unabhängiges Expertengremium, das Empfehlungen für die Primärversorgung und Prävention ausspricht und vom US-Gesundheitsministerium ernannt und finanziert wird. Exakter traf ihre Empfehlung die beiden Altersgruppen der 50- bis 59-Jährigen und der 60- bis 69-Jährigen. Sie riet dazu, dass Erwachsene zwischen 50 und 59 Jahren, die ein Zehn-Jahres-Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung von mindestens 10 Prozent aufweisen und ohne erhöhte Blutungsgefahr, niedrig-dosiertes ASS einnehmen sollten. Zudem sollten diese Erwachsenen noch eine mindestens zehnjährige Lebenserwartung haben und gewillt sein, niedrig-dosiertes ASS sodann für mindestens zehn Jahre anzuwenden. Hinter dieser Empfehlung stand die USPSTF 2016 mit der Stärke B – es bestand ihrer Ansicht nach mit „hoher“ bis „moderater Sicherheit“ ein „mäßiger Nettonutzen“ für die Patient:innen.

Bei älteren Menschen zwischen 60 und 69 Jahren hingegen sollte die Entscheidung über den Start einer Primärprävention von kardiovaskulären Ereignissen und Darmkrebs „individuell“ getroffen werden, empfahl die USPSTF 2016. Ihre Empfehlungsstärke zu einem Therapieangebot war bei Älteren etwas schwächer (Empfehlungsstärke C), die USPSTF war jedoch mit einer „moderaten Sicherheit“ von einem „geringen Nettonutzen“ überzeugt. Für unter 50-Jährige und über 70-Jährige reichte die vorliegende Evidenz nicht für eine Empfehlung.

USPSTF beschränkt ASS in der Primärprävention

Nun – 2021 – will die USPSTF die kardiovaskuläre und onkologische Primärprävention mit niedrig dosiertem ASS einschränken und stuft ihre Empfehlungsstärken jeweils eine Stufe zurück, berücksichtigt dafür aber auch ab 40-Jährige und über 70-Jährige.

Geringer bis kein Nettonutzen

Die USPSTF kommt nun zu dem Schluss (mäßige Evidenz), dass die Einnahme von ASS in der Primärprävention von kardiovaskulären Erkrankungen bei 40- bis 59-Jährigen mit einem Zehn-Jahres-Risiko für eine kardiovaskuläre Erkrankung von mindestens 10 Prozent, lediglich einen „geringen Nettonutzen“ mit sich bringt. Sie nimmt den Empfehlungsgrad von B auf C zurück, damit sollte die Entscheidung zur Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen mit ASS rein individuell getroffen werden. Laut der USPSTF gibt es „hinreichende Belege dafür, dass niedrig dosiertes ASS das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse (nicht tödlicher Myokardinfarkt und Schlaganfall) bei Erwachsenen ab 40 Jahren, die keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der Vorgeschichte haben, aber ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufweisen, in geringem Maße verringert“. Und es sei erwiesen, dass der Nutzen mit steigendem Zehn-Jahres-Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zunimmt und der lebenslange Nutzen größer ist, wenn mit der Einnahme von ASS in jüngerem Alter begonnen werde, erklärt die USPSTF. Allerdings gibt es auch Risiken – und damit auch „hinreichende Belege dafür, dass die Einnahme von ASS bei Erwachsenen das Risiko für gastrointestinale Blutungen, intrakranielle Blutungen und hämorrhagische Schlaganfälle erhöht“, so die USPSTF. Das Risiko sei insgesamt gering, aber in älteren Altersgruppen, insbesondere bei Erwachsenen über 60 Jahren, nehme es zu.

Aus diesem Grund agiert die USPSTF auch bei ab 60-Jährigen strenger: Sie sieht in der Primärprävention kardiovaskulärer Erkrankungen mit ASS „keinen Nettonutzen“ (mäßige Evidenz) und rät deswegen, in dieser Altersgruppe keine Primärprävention mit ASS zu beginnen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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