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Hochpreiser im Visier
Wie die AOK bei Arzneimitteln sparen will
Litsch: Kein Grund zur Verstetigung der Pandemie-Sonderregeln
Doch der „Arzneimittel-Kompass“ präsentiert auch einen Vorschlag der über das Schrauben am bekannten Verfahren hinausgeht. Ein Algorithmus soll den Weg zu wirklich fairen Preisen bereiten, am besten gleich für ganz Europa. Die Idee stammt von der Erasmus Universität Rotterdam, der Internationale Verband der Krankenkassenverbände und Krankenversicherungen auf Gegenseitigkeit (AIM) hat daraus einen Lösungsansatz entwickelt, der laut AOK auch schon im Europäischen Parlament vorgestellt wurde. Demnach werden die Kosten für Forschung und Entwicklung (F&E) eines neuen Arzneimittels mit einem Pauschalbetrag von 250 Millionen Euro angesetzt. Pharmazeutische Hersteller können aber auch ihre darüber hinaus gehenden eigenen Investitionen dokumentieren und bis zu einer Grenze von 2,5 Milliarden Euro geltend machen.
Eine Pauschale (oder reale Kosten) werden auch bei den Produktions- und Gemeinkosten berücksichtigt. Für Vertrieb und fachliche Information werden mit 20 Prozent der F&E-Kosten veranschlagt. Sodann wird dem Unternehmen ein Grundgewinn von 8 Prozent gewährt. Um einen Anreiz für die Entwicklung nutzbringender und benötigter Arzneimittel zu schaffen, setzt das Modell noch ein Innovationsbonus oben drauf. Er könnte bei bis zu 40 Prozent aller Kosten liegen.
Kurzfristige Sparinstrumente
Dies klingt nach großer Zukunftsmusik. Litsch geizte daher auch nicht mit Vorschlägen, wie kurzfristig im Arzneimittelmarkt gespart werden könnte – und griff dabei in einen altbekannten Instrumentenkasten. So sollte der Herstellerrabatt für patentgeschützte Arzneimittel von 7 auf 16 Prozent angehoben und der Mehrwertsteuersatz von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden. Festhalten wollen die AOKen auch am langjährigen Preismoratorium für den nicht festbetragsgeregelten Bestandsmarkt.
Litsch verteidigte überdies mit Verve die Rabattverträge – und zwar im Einpartnermodell. Dieses helfe den Unternehmen sicher ihre Abgabemengen zu kalkulieren und führe zudem seltener zu Präparatewechseln für die Patienten. Die Rabattverträge hätten den AOKen im vergangenen Jahr 11 Prozent der Arzneimittelkosten eingespart – rund 5 Milliarden Euro weniger habe die gesamte GKV durch die Verträge ausgeben müssen. Diese Erfolgsgeschichte, die sich auch im Pandemiejahr fortsetzte, ist für Litsch allerdings kein Grund, die erleichterten Abgaberegeln beizubehalten, die die SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverodnung den Apotheken eröffnet, wenn ein Rabattarzneimittel nicht verfügbar ist. Aus seiner Sicht haben diese Sonderregelungen schlicht keine Relevanz und sind daher auch künftig nicht nötig. Wenn die Apothekerschaft eine Verstetigung dieser Regeln fordert, geht es in Augen Litschs nur um ein „Symbolthema“.
Nicht zuletzt regte der AOK-Chef die Rückbesinnung auf andere vom Gesetzgeber begrabene Maßnahmen im Arzneimittelbereich an: So sollten Grippeimpfstoffe wieder ausgeschrieben werden oder zumindest Preisverhandlungen zwischen Kassen und Apotheken stattfinden. Und im onkologischen Bereich, so Litsch, könne ebenfalls man wieder „offener“ werden.
1 Kommentar
Lustig
von Karl Friedrich Müller am 28.10.2021 um 15:46 Uhr
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