Nordrhein

Preis: Bürgertest-Ausstieg kam zum falschen Zeitpunkt

Berlin - 10.11.2021, 12:15 Uhr

Erleben die kostenlosen Bürgertests in den Apotheken jetzt eine Renaissance? (Foto: IMAGO / Ralph Peters) 

Erleben die kostenlosen Bürgertests in den Apotheken jetzt eine Renaissance? (Foto: IMAGO / Ralph Peters) 


Der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, begrüßt die Pläne der möglichen Ampel-Koalitionäre, die kostenlosen Bürgertests wieder einzuführen. Der Ausstieg sei zum falschen Zeitpunkt gekommen. Die Apotheken in Nordrhein stünden bereit, ihr Angebot wieder hochzufahren. Sorge bereitet dem Verbandschef allerdings, dass die Schnelltests sowohl für Laien als auch für den professionellen Gebrauch derzeit knapp werden.

Die möglichen Ampel-Koalitionäre planen die Wiedereinführung der kostenlosen Bürgertests. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf von SPD, Grünen und FDP wird am morgigen Donnerstag der Deutsche Bundestag beraten. Sollte es wieder Gratis-Tests für jedermann geben, stehen die Apotheken an Rhein und Ruhr mit ihrer Test-Infrastruktur Gewehr bei Fuß, betont der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, in einer Mitteilung des AVNR vom heutigen Mittwoch.

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Schon jetzt sorgten die aktuellen Debatten zu 2G- oder 3G-Regelungen und die steigenden Infektionszahlen für eine erhöhte Nachfrage, schreibt der Verband. Auch nachdem am 11. Oktober 2021 die kostenlosen Corona-Schnelltests weggefallen sind, hätten die meisten Apotheken das Corona-Schnelltest-Angebot weiter sichergestellt. Das habe bereits eine Blitzumfrage des AVNR vom 7. Oktober unter den Verbandsmitgliedern bestätigt.

Heilberufliche Verantwortung der Apothekerschaft

„Das Teststellen-Netz der Apotheken ist jetzt immer noch so dicht, um kurzfristig flächendeckend wieder testen zu können“, hebt Preis hervor. Aktuelle Rückmeldungen aus dem Mitgliederkreis bestätigten, dass auch einige, die ihren Testbetrieb zwischenzeitlich eingestellt hatten, anlässlich der Wiedereinführung kostenloser Bürgertests und vor dem Hintergrund stark steigender Inzidenzwerte wieder den Testbetrieb aufnähmen. Das spiegele die große heilberufliche Verantwortung des Berufsstands wider.

Allerdings brauche es nun rasch eine endgültige Entscheidung der Politik. Denn mit Blick auf die sich regelmäßig ändernden Rahmenbedingungen werde es mit großer Anstrengung verbunden sein, Testangebote wieder hochzufahren – zumal Apotheken aktuell aufgrund der Erkältungssaison ohnehin schon viel leisten müssten.

Menschen mussten auf ein Stück Sicherheit verzichten

Aus Sicht des AVNR-Chefs war es ohnehin ein Fehler, das Angebot auslaufen zu lassen. „Gerade vor dem Hintergrund der von allen Experten erwarteten und nunmehr eingetretenen Steigerung der Infektionszahlen war der Ausstieg aus den kostenlosen Bürgertests zum falschen Zeitpunkt erfolgt“, so Preis. „Somit mussten zu viele Menschen in unserem Land auf ein Stück mehr Sicherheit durch regelmäßiges Testen verzichten. Sie wurden einer guten Möglichkeit beraubt, dem Virus zu begegnen. Umso besser, wenn die Einführung jetzt wieder erfolgt.“

Schnelltests werden knapp

Derweil werden laut AVNR nicht nur in Drogeriemärkten, sondern auch in den Apotheken Schnelltests knapp – sowohl für die Anwendung durch Laien als auch durch Fachpersonal. Denn die aktuell stark steigenden Infektionszahlen führten auch zu einer erhöhten Nachfrage der Schnelltests in den Apotheken, berichtet Preis. Auch die Zulieferer für die Apotheken können demnach nicht mehr alle Bestellungen unserer Mitgliedsapotheken bedienen. „Das führt auch zu steigenden Preisen“, unterstreicht der AVNR-Vorsitzende. Vor diesem Hintergrund sei eine ausreichende Vergütung für die Durchführung von Schnelltests unerlässlich. „Nur so können wir den stark steigenden Einkaufspreisen begegnen.“

Rochell (AVWL): Wiedereinführung der Tests bringt nicht viel

Was die Wiedereinführung der Bürgertests betrifft, kommt man im nordrhein-westfälischen Schwesterverband übrigens zu einer anderen Einschätzung: „Ich glaube nicht, dass das viel bringt“, sagte Thomas Rochell, Vorstandsvorsitzender des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL), gegenüber der Zeitung „Neue Westfälische“ (9. November). Darüber berichtet auch die ABDA in ihrem Newsroom.

Ein negatives Testergebnis gebe den Geimpften, die eine Veranstaltung besuchen wollen, vielleicht etwas mehr Sicherheit, meint Rochell. Sie würden möglicherweise das Angebot wieder etwas mehr nutzen. Am Grundproblem aber, dass die Impfquote nicht hoch genug ist, ändere das nichts. Im Gegenteil: Manch Ungeimpfter würde sich wohl wieder verstärkt auf die Tests verlassen.

Nicht Tests sind die Lösung, sondern Impfungen

Dieser Meinung ist auch Björn Schmidt, Sprecher der Apothekerschaft im Kreis Höxter. „Die Lösung in dieser Pandemie sind nicht mehr Tests, sondern mehr Impfungen. Daran krankt es im Moment“, sagte er der Zeitung. Allerdings betont auch Schmidt, die Apothekerschaft, könne, wenn es gewünscht ist, das Testangebot sehr schnell wieder hochfahren. „Die Infrastruktur ist ja da“, so der Apotheker. Das Angebot sei lediglich eingeschränkt worden, weil die Nachfrage gesunken sei.

Wer in Nordrhein-Westfalen einen Corona-Schnelltest durchführen lassen möchte, kann Apotheken über eine Postleitzahl-Suche auf der Plattform www.testen-in-nrw.de finden. Wer seine Apotheke in der Nähe ausgewählt hat, kann über die Plattform auch einsehen, ob Termine verfügbar sind und dann auch direkt online einen Termin buchen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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