Motivationsrede der ABDA-Präsidentin

Overwiening wirbt um Vertrauen für eine ABDA, „mit der wir uns gerne identifizieren“

Rostock - 12.11.2021, 16:45 Uhr

ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening (hier auf dem Deutschen Apotheker Tag 2021 in Düsseldorf). (c / Foto: Schelbert / DAZ)

ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening (hier auf dem Deutschen Apotheker Tag 2021 in Düsseldorf). (c / Foto: Schelbert / DAZ)


ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening wandte sich mit einer Motivationsrede an das Publikum bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern am Mittwoch in Rostock. Dabei knüpfte sie an ihre Rede beim DAT an und warb für Engagement beim E-Rezept, Eigenverantwortung und eine Vertrauenskultur. Über die Strukturanalyse der ABDA verriet sie nur wenig mehr als beim Apothekertag. Als Neuigkeit kündigte sie eine Neuaufstellung bei der Agentur für Präqualifizierung an.

Bei der Mitgliederversammlung des Apothekerverbands Mecklenburg-Vorpommern am Mittwoch in Rostock blickte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening auf die vorigen 20 Pandemie-Monate zurück. Zuvor seien die Apotheken für die Menschen so selbstverständlich wie Strom aus der Steckdose gewesen, aber durch die Pandemie habe sich diese „Nicht-Wahrnehmung“ geändert. Es gebe einen neuen Fokus auf die Apotheken. Mit ihren vielen Sonderleistungen in der Pandemie hätten die Apotheken gezeigt, dass das System der wohnortnahen Versorgung „agil, flexibel, ideenreich, lösungsorientiert und krisenfest“ sei. Das hätten alle wahrgenommen, auch die Politik, und das habe den Apothekern Respekt eingebracht. „Dieses Momentum gilt es zu erhalten“, folgerte Overwiening. 

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„Der Gestaltungsspielraum einer einzelnen Person ist begrenzt“

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2016 hätten die Apotheken sorgenvoll ihre Forderungen präsentiert. Das sei legitim, aber defensiv gewesen. Doch in der Pandemie hätten sie geliefert. „Statt zu lamentieren, haben wir angepackt“, erklärte Overwiening. Die Apotheken hätten nicht auf andere verwiesen, sondern Verantwortung übernommen. Auch bei der Beschaffung von Alkohol als Desinfektionsmittel sei den Apothekern etwas eingefallen. Das habe gezeigt, wie wertvoll das dezentrale System mit kleinen Einheiten sei.

Schweigen zu Dienstleistungen: nur Verhandlungstaktik

Zur kurzfristigen Zukunft erklärte Overwiening mit Blick auf die pharmazeutischen Dienstleistungen: „Die Argumente sind auf unserer Seite.“ Overwiening sprach sich für Transparenz aus – dennoch habe die ABDA keine Details über die Verhandlungen bekannt gegeben, weil eine Diskussion über einzelne Dienstleistungen die Position bei der Schiedsstelle schwächen könnte. „Das ist nur Verhandlungstaktik“, bekräftigte Overwiening. Es gehe um Leistungen, die alle Apotheken erbringen könnten. Außerdem warb Overwiening für das E-Rezept: „Wir müssen bereit sein – technisch und in unserem Köpfen.“ Es gelte die Regel „love it, leave it oder change it“. Da es nicht weggehe, müssten wir es lieben lernen, folgerte Overwiening.

Mit Digitalisierung und Eigenverantwortung in die Zukunft

Für die langfristige Zukunft seien die Gestaltungsmöglichkeiten größer. Erstens sollte der Trivialisierung von Arzneimitteln entgegengewirkt werden. Bei der Abgabe seien Beratung und Empathie gefragt, nicht Plattform-Ökonomie und Preisdumping. Zweitens müssten die Apotheken der Digitalisierung „Tür und Tor öffnen“. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sei begeistert von der Umsetzung der Impfzertifikate gewesen. Das habe zu einem Paradigmenwechsel geführt. Im Ministerium werde gesehen, dass für die Digitalisierung Übersetzer in der Fläche nötig seien. Die Apothekenteams hätten das nötige Fingerspitzengefühl und die Patienten würden ihnen vertrauen. „Das BMG hat verstanden, dass wir das leisten“, erklärte Overwiening.

„Nicht am Arzneimittel sparen, sondern mit dem Arzneimittel“

Als dritten Aspekt für die langfristige Zukunft betonte Overwiening, die Eigenverantwortung habe uns durch die Pandemie getragen. Doch wir müssten Wege finden, um Nachwuchs für dieses System zu gewinnen, forderte Overwiening. Denn „viele Apotheken finden keinen Käufer“. Darum müsse die Honorierung angegangen werden, und die Apotheken müssten mehr Entscheidungskompetenzen bekommen, um für den Nachwuchs attraktiv zu sein. Mit Blick auf zu erwartende Kostendämpfungsmaßnahmen im Gesundheitswesen betonte Overwiening, dass Arzneimittel die kostengünstigste Therapie sind. Es gelte weiterhin die Devise: „Nicht am Arzneimittel sparen, sondern mit dem Arzneimittel.“

Schlankere und transparentere ABDA angestrebt

Overwiening richtete ihren Blick auch nach innen und wandte sich gegen die zunehmende Gereiztheit in der Gesellschaft und auch in Diskussionsforen von Apothekern. Die geforderte Unfehlbarkeit gebe es im Diesseits nicht. Doch die Apotheker sollten der Standesvertretung Vertrauen schenken, appellierte Overwiening. Vertrauen wirke als Motivation und schaffe Handlungsspielräume. Neben einer tragenden Vertrauenskultur brauche der Berufsstand Selbstwertgefühl, um dann auch Gehör zu finden. Dies erfordere eine entschlossene und agile ABDA, die darum eine Strukturanalyse in Auftrag gegeben hatte. Darüber hatte Overwiening bereits beim Deutschen Apothekertag berichtet. Doch auch diesmal verriet sie nur wenig mehr. Aufgrund der Befunde werde nun an der Therapie gearbeitet. Dabei gehe es um mehr Effizienz und einen verbesserten öffentlichen Auftritt. Es sei eine anspruchsvolle Aufgabe, schlanker und transparenter zu werden. „Die ABDA soll eine Vertretung sein, mit der wir uns gerne identifizieren“, erklärte Overwiening und ergänzte, dann bräuchten die Apotheker keine anderen Kooperationen. Doch zu konkreten Veränderungen sagte Overwiening noch nichts.

Neuaufstellung bei der Agentur für Präqualifizierung

In der Diskussion gestand Overwiening zu, dass die Präqualifizierung „unfassbar nervig“ sei, aber eine Änderung werde bei den Krankenkassen schwer durchzubringen sein. Darum sollte es eher darum gehen, dass die ABDA-nahe Agentur für Präqualifizierung (AfP) die Apotheken unterstütze und begleite. Die AfP sollte „wertschätzend und verstehend“ auftreten. „Dann hätten wir schon viel gewonnen“, erklärte Overwiening und kündigte an, dass das Unternehmen neu aufgestellt werde. Der derzeitige Geschäftsführer werde demnächst in Rente gehen. Overwiening schloss die Diskussion mit dem Verweis auf ihr Ziel, die Apotheke vor Ort zu stabilisieren und dabei die Heilberuflichkeit viel mehr zu betonen. „Wir können so viel leisten, man muss uns nur lassen“, resümierte Overwiening.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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9 Kommentare

nicht am Arzneimittel sondern mit dem Arzneimittel sparen

von pille62 am 17.11.2021 um 9:33 Uhr

.... wieso hat das fast 30 Jahre meines Berufslebens gedauert, das sich diese Erkenntnis bis ins Präsidium der ABDA herum gesprochen hat und auch öffentlich ausgesprochen wird!

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Gerne identifizieren? Ääääh.... nee

von Gabriele Demuth-Eberle am 15.11.2021 um 11:13 Uhr

Wie kann ich mich denn g e r n e mit einem Verein identifizieren, der mein Geld nimmt und mir dafür bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit dem Holzhammer auf die Birne kloppt?
In welcher Realität leben die denn?

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Vertrauen

von Sabine Schneider am 13.11.2021 um 17:05 Uhr

Vertrauen ist die Rinde am Baum der Hoffnung. Der Baum steht leider zum Fällen bereit.

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Eine ABDA, mit der wir uns gerne identifizieren

von Rita Längert am 13.11.2021 um 12:26 Uhr

der Spruch ist echt gut! Seit Jahren kann ich mich mit unserer "starken Lobbyorganisation" nicht mehr identifizieren, vor allem nicht gerne. Wir Budenbesitzer sind doch nur das Fußvolk, dass die hehren Hinterzimmerentscheidungen gefälligst umzusetzen hat und vor allem immer mehr bezahlt. Seit wie vielen Jahren wird über bezahlte ph. Dienstleistungen lamentiert, ohne auch nur im Ansatz anzudeuten, was genau geleistet werden soll? Genau das gleiche mit dem E-Rezept. Während die Ärzte (zurecht!) auf die Probleme bei der Arzneimittelversorgung ab 01.01.2022 hinweisen, verkündet Frau Overwiening, die Apotheken stehen bereit und es gibt keine Probleme. Ich für meinen Teil habe noch kein E-Rezept bearbeitet ( wie auch ) und habe nicht den blassesten Schimmer, was mich nächstes Jahr erwartet.

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Vertrauen???

von Martin Straulino am 13.11.2021 um 11:21 Uhr

Wer zu häufig nichts tut (... die Liste wäre hier zu lange) oder das Falsche tut (meiner Meinung nach hätte man immer auf das versprochene RX-Versandverbot bestehen müssen) oder Fehler nicht eingesteht sondern auch hier nichts tut (Portal für digitale Impfnachweise), dem kann und will ich nicht vertrauen.

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.

von Anita Peter am 13.11.2021 um 7:56 Uhr

„mit der wir uns gerne identifizieren“

Das erinnert doch glatt an den legendären Satz "Ein Land in dem wir gut und gerne leben" von A.M. .....

Wie soll ich mich mit der ABDA identifizieren, wenn sie Politik GEGEN mich macht?

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Schweigespirale

von Ulrich Ströh am 12.11.2021 um 20:09 Uhr

Vertrauen und gute , transparente Kommunikation ist die Basis für eine vernünftige Zusammenarbeit zwischen den Vordenkern in Berlin und den Praktikern in den Offizinapotheken vor Ort.

Die jahrelange Schweigespirale um die pharmazeutischen Dienstleistungen in Apotheken ist daher kontraproduktiv für die kommende Umsetzung.

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Wohlfeil

von Reinhard Rodiger am 12.11.2021 um 19:38 Uhr

Es ist wohlfeil, nichts zur Sache zu sagen, die Argumente zu loben, aber nicht zu nennen.Seit Jahren Geheimniskrämerei.Mit unterschiedlich warmen Worten garniert.Von Vertrauen In die letztlich Betroffenen zeugt das nicht.Doch die sollen Vertrauen schenken? Aus welchem verdienten Grund?
Ein Schiedsgericht zu rufen ist kein Beweis für Strategie.Denn dessen Aufgabe ist es nicht, für eine angemessene Machtbalance zu sorgen.Das bleibt fatalerweise ausgeklammert.Der aktuelle Machtmissbrauch der KK, der genau wegen seiner Nichtansprache nicht Vertrauen fördert.

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Pfffff

von Karl Friedrich Müller am 12.11.2021 um 17:04 Uhr

nichts als Schlagworte ohne Inhalt.

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