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Landkreis Böblingen
Fünf Apotheker organisieren Impf-Marathon
Apotheker:innen können nicht zusammenarbeiten? Stimmt gar nicht! Fünf Kolleg:innen im Landkreis Böblingen zeigen im Zuge der Coronapandemie schon seit geraumer Zeit, dass es anders geht. Ihr aktueller Einsatz: Die Organisation des Sindelfinger Impfmarathons, bei dem am vergangenen Wochenende unter anderem gemeinsam mit Ärzt:innen, pharmazeutischem Personal und anderen Hilfskräften mehr als 7.000 COVID-19-Impfungen verabreicht wurden. Kolleg:innen, die Ähnliches auf die Beine stellen wollen, stellen sie gern ihr Know-how zur Verfügung.
Bei Apotheker Björn Schittenhelm aus dem baden-württembergischen Holzgerlingen steht das Telefon nicht mehr still. Lokalpoltiker:innen von überall her fragen an, ob er nicht mit dem Team kommen und vor Ort Impfungen organisieren könne.
Das „Team“ besteht unter anderem aus fünf Kolleg:innen aus dem Landkreis Böblingen: Neben Björn Schittenhelm, der in Holzgerlingen die Alamannen-Apotheke betreibt, sind Jochen Vetter von der Bären-Apotheke in Herrenberg, Miriam Sachs von der h&h Apotheke in Leonberg, Ulrike Herrmann von der Apotheke im Breuningerland Sindelfingen und Michael Hult von der Paracelsus-Apotheke in Böblingen dabei.
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Schon seit vergangenem Winter betreiben sie jeweils in ihren Orten Corona-Testzentren. Nach der Schließung der Kreisimpfzentren (KIZ) durch das Land haben sie dann auf Anregung und mit Unterstützung der ärztlichen Leitung der KIZ in ihren Testzentren zusätzlich Impfstationen aufgebaut, die sogenannten TIZ, was für Test- und Impfzentrum steht. Die enge Zusammenarbeit mit den apothekerlichen Kolleg:innen ist einer der wenigen positiven Effekte der Pandemie, findet Schittenhelm.
Zuletzt seien die TIZ aber zunehmend überlastet gewesen. „Wir werden regelrecht überrannt“, sagt der Apotheker gegenüber der DAZ. Schließlich habe der Oberbürgermeister von Sindelfingen angeboten, kostenfrei Räumlichkeiten für einen „Impfmarathon“ zur Verfügung zu stellen, den Glaspalast. Gemeinsam mit den Kolleg:innen habe er die Aktion innerhalb von wenigen Wochen auf die Beine gestellt. Der Holzgerlinger Impfmarathon vom vergangenen Sommer habe dabei als Blaupause gedient. Ein weiterer Vorteil, der die Sache so schnell ermöglicht hat: Ärzte und Ärztinnen, MFA, Verwaltungspersonal und pharmazeutisches Personal sind bereits in den TIZ vorhanden und müssen nicht extra rekrutiert werden.
Impfstoff wurde frühzeitig bestellt
Die Bilanz des Sindelfinger Impfmarathons lässt sich sehen: Mehr als 7.000 Impfungen wurden am vergangenen Wochenende verabreicht. Das pharmazeutische Personal aller Apotheken hat laut Schittenhelm das erste Mal zusammengearbeitet und rekonstituiert. Den Impfstoff von Biontech/Pfizer haben die Apotheker:innen übrigens schon vor mehreren Wochen bestellt, noch im 14-tägigen Rhythmus. „Da war das noch kein Problem, die gesamte Bestellung von 10.000 Dosen wurde geliefert. Wir haben niemandem Impfstoff weggenommen“, so Schittenhelm. In der nächsten Runde, die am kommenden Wochenende stattfindet, wird es dann auch Moderna geben.
Wie wird abgerechnet?
Die Ärzte und Ärztinnen sind größtenteils pensioniert und privatärztlich tätig. „Sie rezeptieren für uns den Impfstoff und rechnen das Honorar für jede Impfung ab. Wir bestellen normal arztbezogen und stellen den Ärzten und Ärztinnen dann Rechnungen über die Personalkosten“, erläutert Schittenhelm. In Baden-Württemberg können sich pensionierte Mediziner:innen, die keine Praxis betreiben, mit ihren Privatadressen registrieren und Impfstoff bestellen, damit sie in die Impfkampagne eingebunden werden können. „Viele hätten auch einfach ehrenamtlich mitgemacht“, erzählt der Apotheker weiter, „aber wir müssen das Personal bezahlen und daher mussten wir die Ärztinnen und Ärzte regelrecht zum Abrechnen verdonnern.“ Aber die Mediziner:innen könnten ihr Honorar ja dann spenden.
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Die Impfangebote in den Testzentren bleiben weiterhin bestehen, künftig sogar mit Unterstützung vom Land. Denn in Baden-Württemberg hat man offenbar eingesehen, dass es ein Fehler war, die Kreisimpfzentren zu schließen. Aber anstatt sie wieder aufzubauen, hat das Land sich entschieden, bestehende Impfangebote zu unterstützen.
Die umtriebigen Apotheker:innen aus dem Landkreis Böblingen haben sich beworben und den Zuschlag für ihr Konzept bekommen – Impfen in den Testzentren, aber nach den eigenen Vorstellungen am Reißbrett weiter entwickelt mit der eigenen Verwaltungssoftware und nicht der „Impfverhinderungs-Software“ vom Land, so Schittenhelm. Unter dem Label „KIS“ (Kreisimpfstützpunkte) soll es, wenn alles gut geht, am Mittwoch losgehen mit der ersten Spritze für den Landrat.
Know-how und auch die Software werden zur Verfügung gestellt
Anderswo Impfungen organisieren möchten die Apotheker:innen aus dem Landkreis Böblingen allerdings nicht – trotz unzähliger Anfragen. Sie fühlen sich dem eigenen Landrat verpflichtet. Man stelle allerdings gerne das Know-how und auch die Software zur Verfügung, solche Aktionen aufzuziehen, heißt es gegenüber der DAZ. Machen müssten dann aber auch mal andere.
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