Moderna mRNA-1010

Erfolgreiche Phase-1 beim mRNA-Grippeimpfstoff

Stuttgart - 13.12.2021, 16:45 Uhr

Moderna möchte Erster sein, wenn es um mRNA-basierte Grippeimpfstoffe geht. Zwischenergebnisse der Phase 1 muten durchaus zuversichtlich an. (Foto: ktsdesign / AdobeStock)

Moderna möchte Erster sein, wenn es um mRNA-basierte Grippeimpfstoffe geht. Zwischenergebnisse der Phase 1 muten durchaus zuversichtlich an. (Foto: ktsdesign / AdobeStock)


Modernas mRNA-Grippeimpfstoff mausert sich: Der Vierfach-Influenzaimpfstoff induzierte robuste Antikörperspiegel gegen alle vier Grippevirusstämme, gegen die die WHO eine Impfung empfiehlt.

Der tetravalente mRNA-Grippeimpfstoffkandidat von Moderna – mRNA-1010 – hat sich in der ersten klinischen Studie bewährt: Zwischenergebnissen zufolge bildeten die in der Phase-1-Studie geimpften Teilnehmer Antikörper gegen die vier wichtigsten humanpathogenen Grippevirusstämme A(H1N1), A (H3N2), B-Victoria und B-Yamagata. Als Antigene setzt Moderna bei seiner innovativen Influenzavakzine auf Hämagglutinin – beziehungsweise die mRNAs – der vier von der WHO empfohlenen Grippevirusstämme. 

Warum Hämagglutinin? Hämagglutinin kommt eine wichtige Funktion beim Eindringen des Virus in die Wirtszelle zu: Das Oberflächenprotein der Influenzaviren vermittelt die Bindung an den Rezeptor der Wirtszelle und schafft damit die Voraussetzung für eine Infektion. Auch die bereits zugelassenen Grippeimpfstoffe auf Proteinbasis, zum Beispiel der hochdosierte Efluelda®, Fluad® Tetra, Flucelvax® Tetra auf Zellkulturbasis, Influsplit® Tetra, Influvac® Tetra, Vaxigrip® Tetra oder Supemtek® (rekombinant), nutzen Hämagglutinin als Antigen.

Eine geringe Dosis genügt

Moderna untersuchte mRNA-1010 in der ersten klinischen Studie an 180 Teilnehmern: Je 45 Proband:innen erhielten eine Dosis mit 50 µg, mit 100 µg, mit 200 µg oder Placebo. Innerhalb der einzelnen Dosierungsgruppen achtete Moderna zudem darauf, die jeweilige Impfwirksamkeit zwischen jüngeren (18 bis 49 Jahre) und älteren (ab 50 Jahren) Teilnehmer:innen zu vergleichen – vor allem ältere Menschen sprechen häufig schlechter auf die Impfung an, zählen jedoch zur Risikogruppe, wenn es um Grippeerkrankungen geht. Deswegen wird bei der Impfwirksamkeit ein besonderes Augenmerk auf Senior:innen gelegt. Ausgewertet wurde am 29. Tag nach der Impfung. Was kam dabei raus?

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Die niedrigste Impfdosis (50 µg) führte bei jüngeren Erwachsenen zu mittleren geometrischen Antikörpertitern gegen Influenza A(H1/N1) von 538, bei älteren von 310. Gegen Influenza A(H3N2) lag für jüngere Geimpfte der Antikörpertiter bei 530, bei ab 50-Jährigen war der Titer – wie auch bei A(H1N1) – geringer und lag bei 263. Bei den Antikörpern, die gegen B-Victoria induziert wurden, betrugen die mittleren Titer für Jüngere 261 und für Ältere 215, gegen B-Yamagata konnten Antikörpertiter von 467 bei den jüngeren Geimpften und 305 bei den älteren Geimpften festgestellt werden. 

Und bei den höheren Dosen mit 100 µg und 200 µg mRNA? Eine Dosiserhöhung scheint sich nicht auf die Höhe der Antikörperspiegel auszuwirken, es seien nur „minimale Dosiseffekte“ beobachtet worden, erklärte Moderna in einer Pressekonferenz am 10. Dezember. Man könne deswegen sogar noch niedrigere Dosen als 50 µg untersuchen, was in der Phase-2-Studie nun auch geschieht.

Robuste Antikörperantwort bei Jüngeren und Älteren

Bei den jüngeren Geimpften erhöhten sich die Antikörper vom Ausgangswert an Tag 1 je nach Virusstamm um das 10-Fache (H1N1), das 8-Fache (H3N2), das 2-Fache (B-Victoria) und das 3-Fache (B-Yamagata) an Tag 29. Bei älteren Menschen ließen sich durch die Impfung die Antikörpertiter gegen die A-Stämme um je das 6-Fache erhöhen, die Antikörpertiter bei den B-Stämmen stiegen wie bei Jüngeren um das 2-Fache bei B-Victoria und 3-Fache bei B-Yamagata.

„Die positiven Phase-1-Zwischenergebnisse unseres vierwertigen Grippeimpfstoffkandidaten mRNA-1010 sind ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu diesem Ziel. Es ist ermutigend zu sehen, dass die Studienteilnehmer, die die 50-µg-Dosis erhielten, einschließlich älterer Erwachsener, einen robusten Anstieg der geometrischen mittleren Antikörpertiter erreichten. Diese Antikörper beziehen sich auf H1N1 und H3N2 als Stämme, die für die überwiegende Mehrheit der Morbidität und Mortalität in dieser Altersgruppe verantwortlich sind“, sagt Stéphane Bancel, CEO von Moderna.

Die Nebenwirkungen

Zu den häufigsten unerwünschten Reaktionen, die im Zusammenhang mit der Impfung beobachtet wurden, zählten Schmerzen an der Injektionsstelle und axillare Schwellungen und Empfindlichkeit. Bei den systemischen Nebenwirkungen berichteten die Proband:innen vor allem über Müdigkeit, Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen. Laut Moderna wurden keine schwerwiegenden Nebenwirkungen beobachtet. Ältere Menschen vertrugen die Impfung besser als jüngere.

Wie geht es weiter mit mRNA-1010?

Im nächsten Schritt will Moderna in einer Dosisbestätigungsstudie der Phase 2 an 500 Personen die Sicherheit und Wirksamkeit von mRNA-1010 bestätigen, noch eine geringere Dosis (25 µg) untersuchen und den Impfstoffkandidaten statt gegen Placebo gegen einen anderen Grippeimpfstoff (Head-to-Head) vergleichen. Dadurch lässt sich auch die Potenz der mRNA-basierten Vakzine gegenüber bereits etablierten Grippeimpfstoffen abschätzen. Die Studie läuft vierarmig: je 150 Proband:innen erhalten 25 µg, 50 µg oder 100 µg mRNA-1010-Impfstoff, 50 Teilnehmer:innen werden mit einem anderen Grippeimpfstoff (Saison 2021/22 der nördlichen Hemisphäre) geimpft. Die Rekrutierung der Teilnehmer:innen sei seit November abgeschlossen, mit ersten Ergebnissen rechnet Moderna Anfang 2022. Auch ist man bereits dabei, die Phase 3 zu planen.

Breitere Virenabdeckung und bessere Wirksamkeit

Daneben steckt sich das Unternehmen noch höhere Ziele: Es forscht bereits an weiteren Grippeimpfstoffkandidaten auf mRNA-Basis, die durch Zugabe weiterer Hämagglutinin-Antigene die Viren-Stämme breiter abdecken und den Gesundheitsbehörden damit mehr Optionen beim Grippeschutz bieten könnten (mRNA-1011, mRNA-1012). Zudem sollen die Impfstoffkandidaten der mRNA-1020/1030-Serie neben mRNA-Hämagglutinin auch Neuraminidase als Antigen enthalten, was die Impfwirksamkeit erhöhen könnte, da zusätzlich weniger variable Strukturen adressiert würden.

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In noch weiterer Zukunft will Moderna sodann Kombinationsimpfstoffe, die gegen wichtige respiratorische Erreger schützen, entwickeln und denkt dabei an Influenza und COVID-19 oder zusätzlich noch an RSV. Das erspart dem Geimpften zwei Injektionen (eine Kombinationsimpfung anstelle von drei einzelnen Gaben), dem Gesundheitssystem Kosten und dürfte sich auch auf die Adhärenz der Patienten positiv auswirken, wenn sie sich statt um drei nur um eine Impfung kümmern müssen.

mRNA-Grippeimpfstoffe von Sanofi, Biontech und Curevac

Auch Sanofi Pasteur forscht an einem mRNA-basierten Grippeimpfstoff und hat im Juli den Start der gemeinsam mit Translate Bio initiierten Phase-1-Studie bekannt gegeben. Anders als beim tetravalenten Moderna-Kandidaten handelt es sich bei den beiden Sanofi-Impfstoffkandidaten (MRT5400 und MRT5401) um monovalente mRNA-Grippeimpfstoffe, die nur vor Influenza A(H3N2) schützen würden. Sanofi begründet dies damit, dass A(H3N2)-dominierte Grippesaisons „tendenziell schwerwiegender“ verliefen, vor allem bei Risikogruppen wie älteren Menschen und jüngeren Kindern. Eingeschlossen in die Studie werden 280 Erwachsene im Alter zwischen 18 und 49 Jahren. Die beiden Impfstoffkandidaten – MRT5400 und MRT5401 – unterscheiden sich in den Lipidnanopartikeln, die die mRNA einschließen.

Daneben stecken auch Biontech/Pfizer und Curevac Energie in mRNA-basierte Grippeimpfstoffe. Der Impfstoffkandidat von Biontech BNT161 befindet sich in Phase 1 der klinischen Untersuchung, Curevacs Kandidat CV7301, „ein Lipid-Nanopartikel-(LNP)-Grippe-Impfstoff der zweiten Generation, der eine starke und dauerhafte Immunogenität bei nichtmenschlichen Primaten gezeigt hat“ hat die präklinischen Forschungsphase abgeschlossen und müsste dann laut Curevac-Homepage als nächster in die präklinische Entwicklungsphase eintreten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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