Wenn der Schmelzpunkt keine Option ist

Identitätsprüfung von Erythromycin – so geht’s

25.01.2022, 09:15 Uhr

Im Europäischen Arzneibuch wird die Identitätsprüfung von Erythromycin unter anderem durch Dünnschichtchromatographie durchgeführt. (s / Foto: mehmet / AdobeStock)

Im Europäischen Arzneibuch wird die Identitätsprüfung von Erythromycin unter anderem durch Dünnschichtchromatographie durchgeführt. (s / Foto: mehmet / AdobeStock)


Die meisten Hersteller von Ausgangsstoffen liefern ein Prüfzertifikat mit. Wenn das alle notwendigen Kriterien erfüllt, muss in der Apotheke nur die Identität überprüft werden. Gerne wird hier der Schmelzpunkt herangezogen, schließlich ist der schnell und mit wenig Aufwand zu bestimmen. Beim häufig verwendeten Wirkstoff Erythromycin ist das jedoch keine Option.

Ist die Identitätsprüfung von Ausgangsstoffen in der Apotheke noch zeitgemäß? Keine Frage – durch hohe Qualitätsstandards gibt es bei seriösen Herstellern wenig Verwechslungen. Aber manchmal eben doch. Das zeigt beispielsweise ein Fall aus dem Sommer 2020, als vereinzelt Packungen von Erythromycin im Umlauf waren, bei denen der Arzneistoff eine nennenswerte Menge an Erythromycinstearat enthielt. Offenbar war es während der Herstellung der Substanz zu einer Verwechslung gekommen. Aufgefallen ist der Fehler durch nicht entsprochene Identitätsprüfungen bei der Eingangskontrolle in der Apotheke. Der Fall zeigt noch einmal deutlich, wie wichtig die Identitätsprüfung aller Ausgangsstoffe ist.

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Substanzen zur Herstellung von Zubereitungen werden vom pharmazeutischen Hersteller normalerweise mit einem Prüfzertifikat nach § 6 ApBetrO geliefert. Dieses Zertifikat wird bei der Eingangskontrolle in der Apotheke zunächst auf Vollständigkeit geprüft. Eine Checkliste für Prüfzertifikate ist dabei unter anderem in den NRF-Tabellen für die Rezeptur zu finden.

Nur wenn das Prüfzertifikat alle notwendigen Kriterien erfüllt, kann auf eine vollumfängliche Prüfung nach der jeweils gültigen Arzneibuchmonographie verzichtet werden. Die Identität des Stoffes muss aber auf jeden Fall in der Apotheke überprüft werden, dazu ist ein Prüfprotokoll anzufertigen.

Vor der Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln muss die Substanz durch einen Apotheker freigegeben werden. Dieser zeichnet dazu das Prüfprotokoll mit Unterschrift und Datum ab.

Wann kann man den Schmelzpunkt heranziehen?

Häufig wird im Apothekenalltag die Bestimmung der Schmelztemperatur eines Feststoffs als wenig aufwendige Identitätsprüfung durchgeführt. Die Schmelztemperatur kann allerdings nur dann als sicheres Kriterium für die Identität herangezogen werden, wenn diese in der Monographie des Stoffes auch aufgeführt ist. Eine gute Hilfestellung dazu ist im Deutschen Arzneimittel-Codex in der Anlage M zu finden.

Die dort aufgeführte Übersicht bietet eine Zusammenstellung der Schmelztemperaturen der in den Monographien der Ph. Eur., des DAB und DAC beschriebenen Stoffe. Die angegebenen Werte beziehen sich dabei im Normalfall auf die im Europäischen Arzneibuch unter Punkt 2.2.14 beschriebene Schmelztemperatur-Kapillarmethode.

Warum bei Erythromycin der Schmelzpunkt nicht geeignet ist

Der Arzneistoff Erythromycin ist in dieser Anlage M im Übrigen nicht genannt. Die Bestimmung des Schmelzpunktes zur Feststellung der Identität ist daher nicht möglich. Erythromycin schmilzt nach dem Umkristallisieren aus Wasser als Monohydrat bei 135 bis 140 °C. Bei weiterem Erhitzen erstarrt die Schmelze wieder und zeigt bei 190 bis 193 °C einen zweiten Schmelzpunkt.



Dr. Annina Bergner, Apothekerin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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