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2. Februar 2022
Interessanter Aspekt, der bisher nicht oder nur am Rande zur Sprache kam: die immensen Müllberge an medizinischem Abfall durch die Corona-Pandemie! Laut WHO sollen es bereits 200.000 Tonnen sein an schlecht entsorgten Schutzanzügen, Test-Kits und Impfutensilien. Und da sind die Riesenmengen an Schutzmasken für den Privatgebrauch noch nicht mit eingerechnet. Viele Gesundheitseinrichtungen seien nicht in der Lage gewesen, ihren Müll fachgerecht zu entsorgen. Mein liebes Tagebuch, was für ein gigantischer Verbrauch von Plastik und Kunststoffen. Immerhin sind Plastiktüten mittlerweile verboten.
Man kann es auch so sehen: Eigentlich gibt es nur noch 13.718 Apotheken in Deutschland – hinzukommen dann noch knapp 5000 Filialen, so dass man zum Ende des vergangenen Jahres insgesamt 18.461 Apotheken zählte. Das sind rund 300 weniger als Ende 2020. Mein liebes Tagebuch, ein neuer trauriger Rekord. Und es gibt noch keine Anzeigen, dass der Abwärtstrend zum Stillstand kommen wird. Wie die ABDA mitteilt, liegt die Apothekendichte in Deutschland bei nur 22 Apotheken pro 100.000 Einwohner und damit deutlich unter dem Durchschnitt in der Europäischen Union. Wo soll das enden? Auf welchem Niveau wird sich die Apothekenzahl einpendeln? Werden wir in zehn Jahren bei 15.000 Apotheken, also 10.000 Hauptapotheken plus 5000 Filialen liegen? Aber vor allem: Was sind die Gründe für den ständigen Rückgang? Personalprobleme und damit auch keine Nachfolgerin, kein Nachfolger für die Betriebsübernahme, vermutet die ABDA-Präsidentin. Ja sicher, das mag ein wichtiger Faktor sein. Aber auch die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen sind nicht unbedingt so sonnig und einladend, dass junge Menschen mit großer Zuversicht in die öffentliche Apotheke gehen, geschweige denn, sich mit einer Apotheke selbstständig machen wollen. Arbeitsplätze in der Industrie, aber auch im Krankenhaus sind finanziell und inhaltlich für viele verlockender. Wer als junger Pharmaziestudierende die Apothekenszene, die Diskussionen um Bürokratie in Apotheken und um die ausbleibende Honoraranpassung mitverfolgt, überlegt sich zweimal, ob er diesen Arbeitsplatz zu seinem Arbeitsplatz machen will. Wenn der Apothekenschwund gestoppt werden soll, wenn unsere Arzneiversorgung nicht noch weiter in die Hände von EU-Versendern abrutschen muss sich was tun, mein liebes Tagebuch, aber rasch!
Da wurde, wie es so schön heißt, ein Exempel statuiert: Das Amtsgericht im rheinland-pfälzischen Landstuhl hat einen Mann wegen Urkundenfälschung zur einer dreimonatigen Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt. Er hat in einer Apotheke einen gefälschten Impfpass vorgelegt, den er zuvor von einer Vermittlerin für solche gefälschten Dokumente gekauft hatte. Möglich wurde diese Verurteilung, weil die Apotheke die Fälschung bemerkt (abgelaufene Chargennummer!) und daraufhin die Polizei eingeschaltet hatte. Mein liebes Tagebuch, so soll es sein. Und dennoch ist das alles nicht selbstverständlich, denn noch steht in solchen Fällen die Frage im Raum, ob sich die Apothekenangestellte womöglich selbst strafbar gemacht hat, weil sie gegen ihre Schweigepflicht verstoßen hat. Aber da hat sich das Amtsgericht deutlich zu der Auffassung geäußert, die sich allgemein bereits bei zahlreichen Ermittlungsbehörden und offenbar in weiten Kreisen der Politik durchgesetzt hat: Selbst wenn die Schweigepflicht verletzt wurde, so war dies doch gerechtfertigt. Denn solche Personen, die mit gefälschten Pässen am öffentlichen Leben teilnehmen wollen, stellen „eine Dauergefahr für Leib und Leben sowie für das Schutzgut der Funktionsfähigkeit der Gesundheitsfürsorge dar“. Wer so etwas meldet, befindet sich in einem Notstand, der sich rechtfertigen lässt. Mein liebes Tagebuch, das gibt doch erstmal Sicherheit für die Apotheke. Ob die Strafe – drei Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung – in diesem Fall abschreckende Wirkung auf die Fälscherszene hat, sei dahingestellt. Aber vielleicht schon eher auf Personen, die ein gefälschtes Dokument bewusst verwenden wollen.
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