Pro Generika äußert sich

Was steckt hinter dem Tamoxifen-Engpass?

Stuttgart - 09.02.2022, 16:30 Uhr

Als fester Bestandteil der Behandlungsschemata bei Mammakarzinom ist Tamoxifen besonders bei Patientinnen vor der Menopause laut Pro Generika kaum zu ersetzen. (Foto: romaset / AdobeStock)

Als fester Bestandteil der Behandlungsschemata bei Mammakarzinom ist Tamoxifen besonders bei Patientinnen vor der Menopause laut Pro Generika kaum zu ersetzen. (Foto: romaset / AdobeStock)


Ein Tamoxifen-Engpass beschäftigt derzeit Apotheken, Praxen, Behörden, Fachgesellschaften und Pharmaindustrie gleichermaßen. Während das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) derzeit von vielfältigen Ursachen des Engpasses ausgeht, wird der Industrieverband Pro Generika deutlicher: Weil es für sie nicht mehr wirtschaftlich war, sollen einige Zulieferer die Tamoxifen-Produktion eingestellt haben.

Wie Apotheken schon bemerkt haben dürften, und wie die DAZ bereits berichtete, ist die Versorgung mit Tamoxifen derzeit nicht mehr gesichert. „Da bereits ein Großteil der Hersteller, die das Arzneimittel anbieten, nicht oder nur noch teilweise lieferfähig ist, lässt sich ein Versorgungsengpass bei Tamoxifen für die kommenden Monate aus Sicht der Generika-Hersteller nicht ausschließen“, dies teilt nun auch der Verband Pro Generika in einer Pressemitteilung mit.

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Der Engpass ruft offensichtlich Sorge bei den Betroffenen hervor: Pro Generika arbeite mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie allen Partnern mit Hochdruck daran, eine schnelle Lösung zu finden, heißt es. Man prüfe derzeit, ob kurzfristig Produktionspläne geändert werden können. Das aber setze voraus, dass die notwendigen Rohstoffe vorhanden sind – und sei voraussichtlich nur möglich, wenn dafür die Produktion anderer Arzneimittel verschoben wird.

Doch warum kam es überhaupt erst zu dieser Situation? 

Es fehlt an Tamoxifen-Zulieferern – ein strukturelles Problem?

Nach Angaben von Pro Generika haben einige Tamoxifen-Zulieferer ihre Produktion eingestellt, weil diese für sie nicht mehr wirtschaftlich war. Und offenbar war die Suche nach einem Ersatz bislang nicht erfolgreich. Tatsächlich soll eine solche Suche laut Pro Generika „aufgrund hoher regulatorischer Anforderungen Monate bis Jahre in Anspruch“ nehmen. Zudem sollen sich aufgrund von jahrelangem Kostendruck immer weniger Zulieferer an der Produktion von Tamoxifen-Präparaten beteiligen. Die Auswahl bei der Suche nach einem Ersatz ist also nicht groß.

„Der Fall Tamoxifen illustriert sehr deutlich, wo das strukturelle Problem bei unserer Grundversorgung liegt. So liegt der Preis, den die Arzneimittelhersteller von den Krankenkassen für eine 100er-Packung Tamoxifen erhalten, bei 8,80 Euro. Zu diesem Preis ist eine wirtschaftliche Produktion ohne Verluste kaum mehr möglich und eine resiliente Lieferkette schon gar nicht“, wird Bork Bretthauer, Geschäftsführer von Pro Generika zitiert. 

In den vergangenen Jahren hätten sich Hersteller wie Zulieferer aus dem Markt zurückgezogen. Hinsichtlich einer langfristigen Lösung meint Bretthauer: „Bei lebenswichtigen Arzneimitteln, für deren Produktion es bloß noch eine Handvoll Unternehmen und Zulieferer gibt, müssen Preisdrücker wie Preismoratorium, Festbeträge und Rabattverträge rechtzeitig ausgesetzt werden. Und das so lange, bis sich wieder mehr Unternehmen an der Versorgung beteiligen.“ In Großbritannien soll dieses Vorgehen bereits üblich sein.

Wie lange dauert der Engpass?

Wie Pro Generika erklärt, könnte der Engpass – sollte eine kurzfristige Produktion gelingen – dennoch schon in einigen Wochen zum Teil behoben sein. Die Lieferengpassliste des BfArM stimmt allerdings weniger optimistisch. Für „Tamoxifen 30 mg Hexal“ wird der Beginn des Engpasses beispielsweise erst mit März 2022 angegeben – das Ende mit 29. Dezember 2022. Aliud Pharma will beispielsweise seinen bestehenden Lieferengpass laut Liste für „Tamoxifen Al 20“ Ende August beenden können. Der Engpass für „Tamoxifen 20 Heumann“ soll hingegen schon im März beendet werden. Er soll bereits im Oktober 2021 begonnen haben.

Pro Generika stellt auf seiner Homepage Fragen und Antworten zum Lieferengpass von Tamoxifen zur Verfügung. Diese sollen beständig aktualisiert werden. Darin erklärt Pro Generika zum Beispiel, dass die Produktion von Tamoxifen-Präparaten besonders anspruchsvoll ist, weil es sich um „highly active drugs“ handle. Es brauche dafür einen Sonderproduktionsbereich, in dem die Mitarbeitenden nicht durch Stäube gefährdet werden und die sogenannte Cross-Kontamination mit anderen Produkten ausgeschlossen ist. Im Wesentlichen sollen vier Generikaunternehmen etwa 120.000 bis 130.000 Patientinnen und Patienten in Deutschland mit Tamoxifen versorgen, heißt es außerdem.

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Eine heute von den betroffenen Fachgesellschaften veröffentlichte Stellungnahme bietet überdies einen Überblick, in welchen Indikationen Tamoxifen in welchen Dosierungen eingesetzt wird (z.B. auch Prostatakarzinom) – und gibt Empfehlungen „zu einem möglichen, temporären Ersatz von Tamoxifen“. Diese können Sie hier (in einer Tabelle auf Seite 5) nachlesen. Pro Generika erklärt allerdings auch: „Als fester Bestandteil der Behandlungsschemata bei Mammakarzinom ist Tamoxifen besonders bei Patientinnen vor der Menopause nach unseren Informationen kaum zu ersetzen.“



Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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4 Kommentare

Lieferengpass Tamoxifen

von Jutta Brink am 16.02.2022 um 12:46 Uhr

Dieser Lieferengpass liegt im System verankert. Man sollte darüber nachdenken, ob man bei so lebenswichtigen Arzneimitteln die Wirtschaftlichkeit oder die Versorgung in den Vordergrund stellt. Bevor man die Produktion dieser Arzneimittel einstellt, wäre eine Ankündigung auch hilfreich gewesen...
Die Folge dessen ist jetzt allgegenwärtig

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Tamoxifen

von Lederer am 14.02.2022 um 21:36 Uhr

Arzneimittel müssen in Deutschland hergestellt werden, auch die benötigten Stoffe dafür.
Wann werden wir endlich mal munter und machen uns nicht mehr abhängig.
Es muss doch sogar kostendeckend gehen. Für viele sinnlose Sachen (z.B. Krieg) haben wir Geld

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Alles hat Konsequenzen

von ratatosk am 09.02.2022 um 18:25 Uhr

Warum die Krokodilstränen ?! Wenn die Billigststrategie von Krankenkassen und Politik keine Grenzen mehr kennt, kommt es zwingend zu solchen Problemen, dies ist nur der Anfang. Wer kann asiatischen Produzenten vorwerfen nicht zu Preisen zu produzieren, wenn sie dafür noch Geld mitbringen müssten. Macht keiner !
Sehe auch durch die galoppierende Inflation dramatische Probleme, da die GKV immer weiter Preise drücken will, so daß in diesem Umfeld sehr schnell ganze Sortimente unwirtschaftlich werden - und bis mal ein Preis nach oben angepasst wird, wird todsicher sehr lange dauern, dann ist die Versorgung aber schon kollabiert.
Aber statt mit dem Geld das für Securpharm verschwendet wird Produktion von Wirkstoffen anzugehen, haben wir ja jetzt viele schöne QR Codes - Politisches Totalversagen in Reinkultur. Aber halt , die Berater und die damit verbundenen Zertifizieren etc. würden dieser Einschätzung sicher widersprechen, denn für diese, und nur für diese hat es sich extrem rentiert.

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AW: Alles hat Konsequenzen

von Gisela Roske am 09.02.2022 um 20:11 Uhr

Das Dilemna perfekt auf den Punkt gebracht! Besonders die Anmerkung zu Securpharm!

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