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Meint es die Politik nicht ernst?
Globalisierung 2.0 statt Arzneimittelproduktion in Europa
Europa möchte in seiner Arzneimittelversorgung unabhängiger werden. Das scheint nicht erst seit der Corona-Pandemie allgemeiner Konsens zu sein. Doch meinen es die Politik und die Pharmafirmen mit Versorgungssicherheit und dem Umweltschutz wirklich ernst? Laut einer aktuellen Umfrage von Pro Generika halten es unter Experti:nnen aktuell nur 35 Prozent für wahrscheinlich, dass 2030 mehr Arzneimittel in Europa produziert werden.
Erst im Februar berichtete DAZ.online darüber, wie die AOK Baden-Württemberg bei ihrem ersten Versuch, Kriterien wie eine „geschlossene Lieferkette“ in eine Rabattvertragsausschreibung einzubringen, in erster Instanz gescheitert ist. Einige Arzneimittelhersteller hatten Nachprüfungsanträge bei der Vergabekammer des Bundes gestellt und bekamen Recht. Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg, sah damit den Gesetzgeber am Zug: Versorgungssicherheit und Umweltschutz dürfen nicht auf der Strecke bleiben, die Politik darf sich nicht von Lippenbekenntnissen steuern lassen, mit denen die Industrie ihre rein finanziellen Interessen kaschiert“, forderte der AOK-Chef. Der Verband der Generika- und Biosimilarunternehmen Pro Generika macht nun mit der Meldung seiner aktuellen „Zahl des Monats“ darauf aufmerksam, dass es nicht nur die Industrie, sondern auch die Politik nicht wirklich ernst meinen könnte, mit „made in Europe“.
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Eine stärkere europäische Arzneimittelproduktion soll – aus der Apotheke wohl bekannte – Engpass-Probleme zwar entschärfen und Europas Arzneimittelversorgung unabhängiger von Asien machen. Doch eine von Pro Generika in Auftrag gegebene Studie zur Zukunft der Generika- und Biosimilar-Industrie von der Steinbeis-Hochschule, der School of International Business and Entrepreneurship (SIBE), habe nun ergeben: „Nur jeder dritte Kenner der Arzneimittelversorgung glaubt daran, dass die Politik es wirklich ernst meint – und gegensteuert.“ Befragt wurden laut Pro Generika 61 Expert:innen, darunter Vertreterinnen der Generika- und Biosimilar-Branche, aber auch Ärzte, Apothekerinnen und Großhändler sowie Forscher und Wissenschaftlerinnen, Mitarbeiter von Ministerien, Verbänden und der Fachpresse.
Der öffentliche Druck muss größer werden
35 Prozent der Befragten halten es laut Umfrage nicht für wahrscheinlich, dass es eine nennenswerte Re-Lokalisierung der Arzneimittelproduktion bis 2030 geben werde. 2040 halten viele für realistischer, nämlich 44 Prozent. Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist offenbar der öffentliche und mediale Druck, der derzeit noch nicht groß genug sei, dass nationale und europäische Politik handeln müssten. Die Befragten meinen laut Pro Generika, dass weiterhin der massive Kostendruck die Hersteller geradezu dazu zwinge, im Ausland produzieren zu lassen. Die Industrie selbst kann demnach scheinbar nicht viel ausrichten: „nur nationale Regierungen bzw. die EU könnten daran etwas ändern“, heißt es in der Mittelung von Pro Generika. Und die „düstere Prognose“ der Expert:innen wird so geschildert: Der COVID-19-Lerneffekt darüber, wie labil die Lieferketten sind, werde verpuffen und sich umkehren in eine Globalisierung 2.0.
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Die EU-Kommission sei zwar mit dem von ihr initiierten Pharmadialog im vergangenen Monat einen ersten Schritt gegangen. Der eigentliche Prozess könne aber Jahre dauern. Währenddessen sei die deutsche Gesundheitspolitik vor allem damit beschäftigt, die Corona-Pandemie zu bekämpfen und ausreichend Impfstoffe zu beschaffen. Das Problem fragiler Lieferketten drängt. „Das war vor Corona so. Das ist während Corona so. Und das wird auch nach Corona noch so sein“, schreibt Pro Generika.
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