Eisen und das Immunsystem

Verminderter Impfschutz durch Eisen-Mangel?

Stuttgart - 11.02.2022, 09:15 Uhr

Ab welchem Ausmaß beeinträchtigt ein Eisen-Mangel das Immunsystem? Und wird auch das Immungedächtnis beeinflusst? (c / Bild: freshidea / AdobeStock)

Ab welchem Ausmaß beeinträchtigt ein Eisen-Mangel das Immunsystem? Und wird auch das Immungedächtnis beeinflusst? (c / Bild: freshidea / AdobeStock)


Weltweit leiden rund zwei Milliarden Menschen an Eisen-Mangel. Dieses weit verbreitete Problem tritt vor allem in einkommensschwachen Ländern auf und ist oft die Folge von Unterernährung, Infektionskrankheiten oder Gendefekten. Dabei kann der Eisen-Mangel nicht nur zu einer Eisen-Mangelanämie, sondern auch zu einer verminderten Wirksamkeit von Impfstoffen führen. Gerade in Zeiten der Pandemie kein unerheblicher Aspekt.

Eine hohe Impfstoffwirksamkeit ist nicht erst seit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie ein zentrales Ziel der Impfstoffforschung. Dennoch ist dieses Thema besonders in den letzten Monaten wieder stark in den Fokus der Wissenschaft gerückt. 

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So hat die Europäische Gesellschaft für Hämatologie (EHA) im Februar 2021 die Empfehlung herausgegeben, bei Patienten mit hämatologischen Erkrankungen vor einer COVID-19-Impfung den Eisen-Haushalt zu korrigieren, um eine erfolgreiche Immunisierung sicherzustellen. Im gleichen Zug weisen die Experten darauf hin, dass die Datenlage zu Eisen-Mangel und der Impfung zu dünn sei, um konkrete Aussagen treffen zu können, und dass Studien hierzu dringend erforderlich seien.

Viele offene Fragen

Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Eisen-Haushalt und dem Immunisierungserfolg bzw. dem Immunsystem selbst gibt, ist in der Fachwelt kein Novum – viele Fragen dazu sind jedoch noch offen. Eine Studie aus Kenia, in der die Zusammenhänge zwischen Eisen-Mangel und Impfstoffwirksamkeit bei Säuglingen untersucht werden, beschreibt bereits, dass ein Eisen-Mangel die Effizienz von Impfungen gegen Diphtherie, Keuchhusten und Pneumonie vermindert. In derselben Studie konnte allerdings kein negativer Effekt eines Eisen-Mangels bei Impfungen gegen Tetanus und Haemophilus Influenza Typ b gezeigt werden. Die Frage ist also: Was unterscheidet diese Vakzinen? Ab welchem Ausmaß beeinträchtigt ein Eisen-Mangel das Immunsystem? Und wird auch das Immungedächtnis beeinflusst?

Eisengabe während akuter Infektion keine gute Idee?

Eisen ist ein essenzieller Mikronährstoff für fast alle Organismen. Systemisch wird Eisen über Hepcidin und Ferroportin reguliert. Beim angeborenen Immunsystem ist Eisen mitverantwortlich für die Aktivität von Transkriptionsfaktoren und Enzymen, welche die Immunantwort kontrollieren. Im adaptiven Immunsystem wird Eisen für die Proliferation von B- und Z-Zellen benötigt. Auf der anderen Seite ist Eisen jedoch für das Pathogen selbst essenziell, um dessen Metabolismus aufrechtzuerhalten. Eine orale Eisen-Gabe während einer akuten Infektion könnte also eher schädlich für den Verlauf sein, während eine präventive Eisen-Gabe die Immunabwehr stärken kann.

Gründe für Eisen-Mangel

Ein Eisen-Mangel kann verschiedene Ursachen haben. Ernährungsbedingter Eisen-Mangel ist besonders häufig, aber auch Entzündungen wie chronische Nierenerkrankungen, bakterielle Infektionen, Hüftfrakturen und Dickdarmneoplasien können den Mangel verursachen. Inwiefern sich ein Eisen-Mangel auf die Wirksamkeit von Impfstoffen auswirkt, müssen weitere Untersuchungen nun zeigen. Die Autoren empfehlen, insbesondere bei der retrospektiven Auswertung von Impfstoffstudien stärker die Aspekte eines Eisen-Mangels zu beleuchten. Als mögliche Messparameter kommen hier vor allem die Transferrin-Sättigung und das Serum-­Eisen infrage, die das zirkulierende Eisen und damit die wichtigste Eisen-Quelle des Immunsystems widerspiegeln. 

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Bei den Untersuchungen sollten neben dem Ferritin-Wert, der die Speicherform des Eisens darstellt, auch lösliche Transferrinrezeptoren als Marker für die Erythropoese und Entzündungsmarker bestimmt werden. Ebenso sollte in Studien zur Eisen-Substitution mehr Augenmerk auf immunologische Faktoren gelegt werden, wie beispielsweise Antikörper-Spiegel gegen bestimmte Impfstoffe. Um mehr Kenntnisse zu gewinnen, ist nach Meinung der Autoren eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Ernährungswissenschaftlern, Impfärzten, Immunologen und Hämatologen unumgänglich.

 

Literatur

 Drakesmith H et al. Vaccine efficacy and iron deficiency: an intertwined pair? Lancet Haematol. 2021 Sep;8(9)

 Dufour C, Papadaki H, Warren A. Expert opinions for COVID-19 vaccination in patients with non-malignant hematologic diseases. European Hematology Association. https://ehaweb.org/covid-19/eha-statement-on-covid-19-vaccines/recommendations-for-covid-19-vaccination-in-patients-with-non-malignant-hematologic-diseases/

Stoffel NU, Uyoga MA, Mutuku FM. Iron deficiency anemia at time of vaccination predicts decreased vaccine response and iron supplementation at time of vaccination increases humoral vaccine response: a birth cohort study and a randomized trial follow-up study in Kenyan infants. Front Immunol. 2020;11

Ganz T, Nemeth E. Iron homeostasis in host defence and inflammation. Nat Rev Immunol 15, 500-510 (2015).

Soares MP, Weiss G. The Iron age of host-microbe interactions. EMBO Rep., 16 (11) (2015), pp. 1482-150



Laura Kneller, MSc Toxikologie
redaktion@daz.online


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