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Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Verzögerung bei eAU – BMG hält sich bedeckt
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte am Donnerstagabend, die Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) werde sich verzögern. Sein Ministerium will dazu offenbar nichts sagen – und verweist am Freitag an das Arbeits- und Sozialministerium.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war am Donnerstag beim Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) zu Gast. Gemeinsam debattierten sie – wie berichtet – über aktuelle Herausforderungen der Gesundheitspolitik. Es ging um die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine, die Corona-Pandemie, aber auch um die Digitalisierung des Gesundheitswesens und die technischen Pannen bei der Telematikinfrastruktur. „Ich habe das E-Rezept und die eAU erstmal gestoppt“, sagte der Minister. „Was noch nicht zu 100 Prozent ausgereift ist, kann man nicht in die Fläche bringen.“ Lauterbach wolle vorerst nur Funktionen in die Versorgung bringen, die einen „echten Nutzen“ für Ärzte und Patienten haben. Damit vollzieht er einen Strategiewechsel. Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) habe „offenbar viele Strukturen sehr schnell ausgerollt, um zu zeigen, was möglich ist“.
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Dass Lauterbach nach dem Start des E-Rezepts jetzt auch den der eAU nach hinten verschiebt, wollte sein Haus nicht kommentieren. Das BMG ließ eine Anfrage der DAZ am Freitag dazu unbeantwortet und verwies an das Arbeits- und Sozialministerium (BMAS). Von dort heißt es schriftlich: „Der Deutsche Bundestag hat im Rahmen des Gesetzes zur Verlängerung von Sonderregelungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie beim Kurzarbeitergeld und anderer Leistungen die Pilotphase für den Abruf der eAU-Daten von den Krankenkassen durch die Arbeitgeber um ein halbes Jahr bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.“ Damit bleibe sowohl den großen Arbeitgebern genügend Zeit, ihre innerbetrieblichen organisatorischen Anpassungen abzuschließen, wie auch den Ärzten, die notwendige technischen Einrichtungen für die elektronische Übermittlung der Daten an die Krankenkassen zu implementieren. „Die Verzögerungen im Verfahren sind auf die Behinderungen durch die Pandemie zurückzuführen. Der Deckungsgrad bei den Ärzten liegt hier zu Anfang des Jahres 2022 bei rund 60 Prozent. Die bisherigen Abrufe im Testverfahren laufen zufriedenstellend, sodass mit einem problemlosen Start in das verpflichtende Verfahren zum 1. Januar 2023 erwartet wird.“
Die Gematik verweist auf Nachfrage der DAZ an das BMG, „weil wir nicht der Absender der Information sind. Nur so viel vielleicht vorweg: Es bezieht sich lediglich auf das Arbeitgeberverfahren“, heißt es schriftlich. Telefonisch bestätigt eine Sprecherin, dass es ein entsprechendes Schreiben des BMG gegeben hat, „dass wir in Kopie auch erhalten haben“.
KBV: Gematik soll Verantwortung übernehmen
Unterdessen erklärte die Vertreterversammlung der KBV am Freitag, sie erwarte von der Gematik einsatzfähige TI-Komponenten. „Bis zum Zeitpunkt der Herstellung der uneingeschränkten Funktionsfähigkeit der entsprechenden TI-Komponenten geht die Vertreterversammlung der KBV weiterhin davon aus, dass diese – nebst ihren Funktionalitäten – nicht genutzt werden müssen, sofern hierdurch in den Praxen Schäden entstehen.“ Und: „Sofern die KBV mit ihrer Forderung nach einer Übernahme der Verantwortung für die Funktionsfähigkeit der TI-Komponenten in der Gesellschafterversammlung der Gematik nicht durchdringen kann, fordert die Vertreterversammlung der KBV den Vorstand auf zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 25 SVHV in der Gematik noch gewahrt sind.“
Die Digitalisierung brauche zeitnah spürbare Erfolge, die sich positiv auf die Akzeptanz auswirken. Dafür sind laut KBV drei Dinge entscheidend: ein deutlicher Nutzen, ein frühzeitiges Einbinden der Anwenderinnen und Anwender in die Entwicklung, Testung und Implementierung der Anwendungen und die Übernahme der Betriebsverantwortung durch die Gematik, gegebenenfalls auch in der geplanten Form einer Agentur. „Wenn es die Gematik schon gibt, dann muss sie vollumfänglich die Verantwortung übernehmen und dieser gerecht werden“, so Kriedel. Die Digitalisierung brauche eine übergeordnete Instanz, die koordiniert, prüft und gewährleistet. „Sinnvollerweise ist das die Gematik. Deren Zulassung muss als verlässliches Gütesiegel dienen und bei Mängeln entzogen werden.“
Aktuell sei das Vertrauen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in die Gematik jedoch nachhaltig erschüttert. Grund seien die neuen NFC-tauglichen elektronischen Gesundheitskarten (eGK), die in Kombination mit manchen Kartenlesegeräten zu elektrostatischen Entladungen führen. „Wie die Ärzte und Psychotherapeuten habe auch ich es satt, dass die Nachlässigkeiten, Probleme und Fehler anderer ständig bei uns in den Praxen abgeladen werden“, betonte Kriedel. Um die Digitalisierung sinnvoll voranzutreiben, sei eine ehrliche Fehlerkultur, aber auch eine offene Entscheidungskultur, unverzichtbar „Wir müssen weg von Schönfärberei, hin zu einer Kultur des routinierten und aufrichtigen Realitätschecks. Und wenn das Bundesgesundheitsministerium weiterhin mit einer 51-Prozent-Mehrheit alle Entscheidungen in der Gematik im Alleingang treffen kann, dann sollte es mit der Gematik auch dazu stehen und nicht so tun, als ob es sich um von allen getragene Entscheidungen handele“, forderte Kriedel.
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