Insulin degludec

Tresiba nun auch bei Diabetes in der Schwangerschaft

Stuttgart - 07.03.2022, 09:15 Uhr

Insulin degludec: Das Basalinsulin in Tresiba darf nun auch von Schwangeren mit Diabetes angewendet werden. (s / Foto: Halfpoint / AdobeStock) 

Insulin degludec: Das Basalinsulin in Tresiba darf nun auch von Schwangeren mit Diabetes angewendet werden. (s / Foto: Halfpoint / AdobeStock) 


Schwangere mit Diabetes können künftig auch das langwirksame Insulin degludec (Tresiba) anwenden. Neue Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten stützen die erweiterte Anwendung: Tresiba war in Studien dem in der Leitlinie bereits empfohlenen Levemir (Insulin detemir) ebenbürtig.

Schwangere Frauen mit Diabetes können künftig auch Insulin degludec (Tresiba®) anwenden. Die Europäische Kommission stimmte zu, dass Novo Nordisk die Fachinformation zu Tresiba® um die Anwendbarkeit in der Schwangerschaft erweitert. Fand sich in der vorherigen Version der Fachinformation (Stand 2018) lediglich der Hinweis, dass „keine klinischen Erfahrungen über die Anwendung von Tresiba® bei Schwangeren“ vorliegen, jedoch „tierexperimentelle Reproduktionsstudien … hinsichtlich der Embryotoxizität und Teratogenität keinen Unterschied zwischen Insulin degludec und Humaninsulin gezeigt“ hätten, sieht die Datenlage jetzt satter aus.

Künftig informiert die Fachinformation zu Tresiba® deswegen folgendermaßen zur Anwendung von Insulin degludec in der Schwangerschaft: „Die Anwendung von Tresiba® bei schwangeren Frauen mit Diabetes wurde in einer Interventionsstudie untersucht. Eine moderate Menge an klinischen Studiendaten und Daten nach Markteinführung (post-Marketing) bei schwangeren Frauen (mehr als 400 Schwangerschaftsausgänge) weisen nicht auf fetale Fehlbildungen oder fetale/neonatale Toxizität hin. Tierexperimentelle Reproduktionsstudien haben hinsichtlich der Embryotoxizität und Teratogenität keinen Unterschied zwischen Insulin degludec und Humaninsulin gezeigt. Falls klinisch notwendig, kann eine Behandlung mit Tresiba® während der Schwangerschaft in Betracht gezogen werden.“

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Metformin nun auch in der Schwangerschaft zugelassen

Die nun genehmigte Anwendung während der Schwangerschaft stützt sich auf die EXPECT-Studie, in der Novo Nordisk die Wirksamkeit und Sicherheit von Insulin degludec mit Insulin detemir (Levemir®) verglich. Daneben flossen in die Bewertung auch Daten ein, die nach Markteinführung von Tresiba® erhoben wurden.

An der EXPECT-Studie (offen, randomisiert) nahmen 225 Typ-1-Diabetikerinnen (Mindestalter 18 Jahre) teil, die entweder schwanger waren (8. bis 13. Woche) oder innerhalb eines Jahres schwanger werden wollten. Alle Diabetikerinnen waren vor Studienbeginn auf Insulin eingestellt. Im Rahmen von EXPECT erhielten sie Insulin degludec (einmal täglich) oder Insulin detemir (zweimal täglich), jeweils in Kombination mit dem kurzwirksamen Insulin aspart (zwei- bis viermal täglich) an. Das Ergebnis: Die Wirksamkeit – gemessen am HbA1c beim letzten Termin vor der Entbindung (> 16 Schwangerschaftswochen) von Insulin degludec war in dieser Studie der von Insulin detemir nicht unterlegen, auch gab es keine klinisch relevanten Unterschiede bei Schwangerschaftsendpunkten (zum Beispiel vorzeitiger fetaler Tod, schwere Fehlbildungen, neonatale Hypoglykämie, perinatale Mortalität, neonatale Mortalität, fetale Makrosomie, zu groß für das Gestationsalter und unerwünschte Ereignisse beim Säugling während der ersten 30 Tage nach der Geburt) und der Therapiesicherheit für die Mutter (zum Beispiel Hypoglykämie, Fehlgeburt). Kein Baby starb.

Häufiger Präeklampsie und ungeplante Kaiserschnitte

Eine Präeklampsie trat bei 13,2 Prozent der Insulin-degludec-Patientinnen auf (zwölf Teilnehmerinnen), in der Insulin-detemir-Gruppe kam es seltener zu einer Präeklampsie, und zwar bei 7,4 Prozent der Studienteilnehmerinnen (n=7). Auch ungeplante Kaiserschnitte wurden bei Diabetikerinnen unter Tresiba häufiger durchgeführt – bei rund einem Viertel (25,3 Prozent, n=23) der Schwangeren – als unter Levemir®-Behandlung. Mit Levemir® kam es etwa bei jeder sechsten Schwangeren zu einem ungeplanten Kaiserschnitt (16 Prozent, n=15). Novo Nordisk zufolge waren die meisten Nebenwirkungen leicht und nicht schwerwiegend und standen „wahrscheinlich nicht in Zusammenhang mit dem Prüfpräparat“.

Leitlinie rät auch zu Insulinanaloga

Die „S3-Leitlinie Gestationsdiabetes mellitus (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge“ rät bei Insulinbedarf in der Schwangerschaft zu einer ICT. Auch auf Insulinanaloga geht die im Jahr 2018 aktualisierte Leitlinie ein: Die Insulinanaloga Insulin aspart und Insulin lispro könnten von Schwangeren angewendet werden, sie seien „aufgrund der raschen Wirkung zur Vermeidung postprandialer Blutzuckerspitzen u. U. von Vorteil, wenn kurzwirksame Humaninsuline das Einstellungsziel nicht erreichen“, liest man dort. Zudem soll es unter den Insulinanaloga tendenziell weniger Hypoglykämien geben. Randomisiert kontrollierte Studien mit schwangeren Typ-1-Diabetikerinnen liegen für Insulin aspart und Insulin detemir vor. Sie belegen die Sicherheit der Insuline während der gesamten Schwangerschaft. Daneben existieren Metaanalysen zu den Insulinanaloga aspart und lispro, detemir und glargin – diese sprächen zwar für die Sicherheit der Insuline, jedoch konnte keine Überlegenheit der Insulinanaloga belegt werden.

Erst vor kurzem hatte die erste orale Therapieoption bei schwangeren Frauen mit Diabetes die Zulassung geschafft: Die Metformin-haltigen Arzneimittel Glucophage®, Glucophage XR® und Stagid® dürfen nun auch in der Schwangerschaft zur Blutzuckerkontrolle angewendet werden. Metformin kommt dabei allein oder in Kombination mit Insulin zum Einsatz.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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