Oberlandesgericht Frankfurt

OTC-Gratismuster an Apotheken können zulässig sein

Berlin - 10.03.2022, 16:45 Uhr

Eine Probetube Schmerzgel, mit der Apotheker:innen die Konsistenz und den Geruch des Produkts kennenlernen können, ist nach dem Urteil des OLG Frankfurt wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. (Foto: Natali / AdobeStock)

Eine Probetube Schmerzgel, mit der Apotheker:innen die Konsistenz und den Geruch des Produkts kennenlernen können, ist nach dem Urteil des OLG Frankfurt wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. (Foto: Natali / AdobeStock)


Angebrochene Tube „zu Demonstrationszwecken“ hat nur geringen Wert

In einer Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt heißt es, die Abgabe des Arzneimittels zu Demonstrationszwecken verstoße gemäß der Auslegung des EuGH nicht gegen § 47 Abs. 3 AMG. Es liege aber auch kein Verstoß gegen § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG vor. Diese Norm verbietet „Zuwendungen und sonstige Werbegaben … anzubieten oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass es sich ... um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt“. 

Im vorliegenden Fall sei von einer Zuwendung von geringem Wert auszugehen, so das OLG. Die Außendienstmitarbeiter hätten den Apotheken jeweils nur ein einzelnes Exemplar des Demonstrationsprodukts im Wert von 5,34 Euro überlassen. Doch durch den Aufdruck „zu Demonstrationszwecken“ sei sein Wert gegenüber dem handelsüblichen Original geringer. Die überwiegend geöffnet übergebenen Packungen überschritten jedenfalls nicht die 1-Euro-Grenze, so das Gericht in einer Pressemitteilung.

Erkennbar nur zur Eigenerprobung

Es habe auch nicht die Gefahr bestanden, dass die Apotheken die Packung an ihre Kund:innen weitergeben. Auch seien die Apotheker:innen nicht unsachlich beeinflusst worden. Vielmehr habe das Gratismuster „zu Demonstrationszwecken“ erkennbar der Eigenerprobung gedient. Apotheker:innen hätten gewöhnlich kein nennenswertes Interesse, nur einem einzelnen Kunden ein Probeexemplar überlassen zu können. „Eine für den Betrieb wirtschaftlich interessante Kundenbindung lässt sich so nicht aufbauen“, stellt das Oberlandesgericht fest. Ratiopharm hatte in dem Verfahren erklärt, es sei dem Unternehmen nur darum gegangen, den Apotheker:innen Konsistenz und Geruch des Produkts vorzuführen. Dies habe Novartis nicht widerlegen können.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Novartis kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision begehren. Allerdings hatte auch der Bundesgerichtshof schon durchscheinen lassen, dass er es wohl nicht kritisch sieht, wenn Apotheker:innen nur eine einzelne Tube eines Schmerzgels bekommen, um dieses selbst einmal ausprobieren zu können.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 10. Februar 2022, Az. 6 U 161/15



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Endlich !

von Dr. Ralf Schabik am 10.03.2022 um 22:33 Uhr

ENDLICH kann dieses Possenspiel jetzt ad acta gelegt werden !!! Schon der gute alte Galen hatte gefordert, dass der Heilberufler alles, was er empfiehlt, aus eigener Erfahrung kennen müsse. Lächerlich, was Novartis da abgezogen hat !!! Musste uns jetzt wirklich ein Gericht bestätigen, dass wir gekennzeichnete und eventuell sogar geöffnete Packungen NICHT an Kunden abgeben ? Herr, schmeiß' Hirn. Kannst auch Backsteine nehmen. Aber triff !

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