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Darmsanierung
Hefezellen oder Laktobazillen – oder nichts von beidem?
Das sagt der Gastroenterologe
Fazit: Dem Patienten bei der Abgabe eines Antibiotikums gleich ein Probiotikum mitzugeben, kann basierend auf dem aktuellen Kenntnisstand nicht empfohlen werden. Den Wunsch der Kunden nach einer Darmsanierung mag das nicht unbedingt bremsen. Kann man ihm ruhigen Gewissens nachgeben? Oder um die strenge Evidenzfrage zu umgehen: Würden vielleicht schon probiotische Nahrungsmittel helfen?
Wir baten die DGVS um ein Statement. In ihrem Namen antwortete Professor Stefan Lüth, Klinikdirektor Zentrum für Innere Medizin II, Universitätsklinikum Bandenburg an der Havel: „Die Annahme, dass mit Probiotika eine Darmsanierung erfolgreich gelingen kann, ist weit verbreitet, wird von der Industrie auch geschickt beworben, ist aber leider grundsätzlich falsch. Daher spricht auch nichts für eine Darmsanierung mit Probiotika nach Antibiotika-Einnahme.“
Gefahren sieht der Gastroenterologe insbesondere bei Probiotika aus dem Supermarkt. „Wir wissen, dass Probiotika in Form von bestimmten Joghurtdrinks sogar eine erhöhte Sterblichkeit bei Patienten z. B. mit Bauchspeicheldrüsenentzündung zur Folge haben können. Sie sind also bei sehr kranken Patienten in jedem Fall kontraindiziert.“ Bakterien, die in Joghurt oder höher verarbeiteten Joghurt-Drinks vorkommen, darunter milchsäurespaltende Bakterien (Laktobazillen), spielen vor allem eine Rolle bei Säuglingen, sollten aber im Erwachsenenalter nicht mit einer häufig von der Werbung beschworenen verbesserten Immunitätslage des Darms vergesellschaftet werden, lautet das Urteil von Lüth. „Mitnichten wird das Immunsystem dadurch gestärkt. Die Anwesenheit solcher Bakterien im Darm beim Erwachsenen ist in der Regel überflüssig, wenn man sich nicht nahezu ausschließlich von (Mutter-)Milch ernährt.“
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Für die Präparate aus der Apotheke gibt es nach Lüth immerhin belegte Indikationen: „Bestimmte Bakterien, z. B. E. coli-Stämme, haben aber gezeigt, dass sie leichte chronische Darmentzündungen [z.B. Colitis ulcerosa, Anm.d.R.] im Einzelfall günstig beeinflussen können.“ Derartige Arzneimittel sollten aber gezielt nach Empfehlung eines Arztes eingenommen werden, keinesfalls zur Verwendung nach einer Antibiose. „Das Mikrobiom ist nach einer Antibiotika-Therapie im Darm häufig schwer erschüttert, regeneriert sich aber innerhalb von zwei Tagen in der Regel vollständig.“ Zu erklären sei dies mit der hohen Teilungspotenz der Bakterien, so hat E. coli eine Verdopplungsrate von 20 Minuten.
Lüth rät von einer Darmsanierung während oder nach einer Antibiose ab: „Die Wahrscheinlichkeit, seine eigenen Darmbakterien ungünstig zu beeinflussen, ist durch Probiotika-Einnahme im Erwachsenenalter höher als durch das Weglassen solcher Nahrungsergänzungsmittel bzw. ,Medikamente‘. Umgekehrt kann man aber sagen, dass der gesunde, nicht geschädigte Darm im Erwachsenenalter Probiotika in der Regel verkraften kann.“
Für Patienten bedeutet das, die Antibiose erst einmal abzuwarten, auf keinen Fall eigenmächtig abzusetzen und eventuelle Symptome zu beobachten. Leichte gastrointestinale Beschwerden sind in der Regel selbstlimitierend. Zubereitungen zur oralen Rehydratation können empfohlen werden. Tritt schwerer Durchfall auf, sind sowohl Loperamid als auch Racecadotril kontraindiziert. Die Behandlung gehört dann in jedem Fall in ärztliche Hände.
Von Hedwig Schrulle
Darmerkrankungen
Beratungspraxis
Sensibel ins Gespräch kommen.
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