Natrium-haltige Arzneimittel besser kennzeichnen

Könnten Brausetabletten zur Dekompensation einer Herzinsuffizienz führen?

Stuttgart - 14.03.2022, 07:00 Uhr

Sollte Herzinsuffizienz-Patienten prinzipiell von Brausetabletten abgeraten werden? Wir haben Professor Dietmar Trenk um eine Einordnung der Studienlage gebeten. (x / Bild: stu12 / AdobeStock)

Sollte Herzinsuffizienz-Patienten prinzipiell von Brausetabletten abgeraten werden? Wir haben Professor Dietmar Trenk um eine Einordnung der Studienlage gebeten. (x / Bild: stu12 / AdobeStock)


Könnten die in Brausetabletten enthaltenen Natrium-Ionen zur Dekompensation einer Herzinsuffizienz führen? Darauf deuten zumindest die Ergebnisse einer Analyse hin, in denen signifikant mehr Herzinsuffizienz-Patienten nach der Einnahme von Paracetamol-Brausetabletten hospitalisiert werden mussten. Professor Dietmar Trenk ordnet die Ergebnisse in der aktuellen DAZ ein.

Neben Tachyarrhythmien, Infektionen und einem erhöhten Blutdruck können auch bestimmte Arzneimittel wie nicht steroidale Antirheumatika, Glucocorticoide und kardiotoxische Onkologika sowie eine erhöhte Natrium- oder Flüssigkeitszufuhr zur Dekompensation einer chronischen Herzinsuffizienz führen. Aus diesem Grund hat die American Heart Association im Jahr 2016 eine Liste herausgegeben, die vor der Einnahme dieser Arzneimittel – insbesondere von stark Natrium-­haltigen Arzneimitteln wie intravenösem NaCl, Antibiotika und Natrium-haltigen Brausetabletten – bei Herzinsuffizienz-Patienten warnt. Bis heute ist der tatsächliche Einfluss solcher Arzneimittel nur unzureichend geklärt. Die gängigen Leitlinien empfehlen betroffenen Patienten, die tägliche Natrium-Aufnahme auf 1,5 bis maximal 3 g Natrium zu begrenzen.

Paracetamol zum Auflösen

Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich gehört Paracetamol zu einem der am häufigsten eingesetzten Analgetika. Insbesondere Brausetabletten erfreuen sich dort ­aufgrund ihrer einfachen Anwendung großer Beliebtheit. So waren laut nationalem Gesundheitsregister in Frankreich im Jahr 2017 allein 18 Millionen Packungen Paracetamol-Brausetabletten an die 66,7 Millionen Einwohner abgegeben worden. Wissenschaftler wollten nun wissen, inwiefern die Einnahme von Paracetamol-Brause­tabletten zu einer akuten Verschlechterung einer Herzinsuffizienz und einer damit verbundenen Krankenhauseinweisung führen könnten. 

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Als Auswertungsgrundlage dienten Daten des französischen Gesundheitssystems. Da Paracetamol bei chronischen Erkrankungen in Frankreich erstattungsfähig ist, kann laut Studienautoren – anders als in Deutschland – die Zahl der im Handverkauf abgegebenen Paracetamol-Packungen vernachlässigt werden. Als Studiendesign wählte die Arbeitsgruppe das Fall-Crossover-Design, bei dem jeder Patient mit sich selbst als Kontrolle verglichen wird. Ein Vorteil dieses Designs besteht darin, dass insbesondere wichtige nicht messbare Verzerrfaktoren wie das Essverhalten, die Ethnien oder ein Genotyp, der zu einem salzsensitiven Phänotyp führt, nicht ins Gewicht fallen.

Signifikant mehr Hospitalisierungen

Im Auswertungszeitraum zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 31. Dezember 2016 wurden insgesamt 4.301 Patienten (Durchschnittsalter: 83 Jahre) aufgrund einer akuten Verschlimmerung der Herzinsuffizienz in ein Krankenhaus eingeliefert. Es zeigte sich, dass im Risikozeitraum von 15 Tagen vor der Krankenhauseinweisung mit 5,7 Prozent signifikant mehr Patienten Paracetamol-Brausetabletten verordnet bekommen hatten als in den drei Kontrollzeiträumen von 30 bis 45 Tagen, 60 bis 75 Tagen und 90 bis 105 Tagen vor der Hospitalisierung (4,1 Prozent, adjustierte Odds Ratio [aOR]: 1,56, 95 Prozent-Konfidenzintervall [KI]: 1,27 bis 1,9, p = 0,004). 

Dabei stieg das Risiko für eine Krankenhauseinweisung mit steigender Paracetamol-­Dosierung (niedrige Exposition aOR: 0,97, hohe Exposition aOR: 1,95). Auch in den beiden Subgruppen (Patienten mit Bluthochdruck und Personen über 83 Jahre) fiel auf, dass sie häufig vor der Krankenhauseinweisung auf die lösliche Form des Analgetikums zurückgegriffen hatten (aOR: 1,45 und aOR: 1,7). Bei der Kontrollanalyse, in der die Forscher die Einnahme von nicht zuvor aufgelöstem Paracetamol auswerteten, konnte keine signifikante Assoziation festgestellt werden.



Marina Buchheit-Gusmão, Apothekerin
redaktion@daz.online


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