In drei Wochen vollständig geimpft

Schnell impfen gegen FSME – sinnvoll und wirksam?

Stuttgart - 25.03.2022, 15:00 Uhr

In drei Wochen vollständig gegen FSME geimpft? Möglich ist das mit dem schnellen Impfschema mit Encepur. (s / Foto: Stockfotos-MG / AdobeStock)

In drei Wochen vollständig gegen FSME geimpft? Möglich ist das mit dem schnellen Impfschema mit Encepur. (s / Foto: Stockfotos-MG / AdobeStock)


Bereits im März können die ersten Zecken aktiv sein – doch selbst in vom RKI ausgewiesenen Risikogebieten vernachlässigen die Menschen den FSME-Impfschutz. Dabei geht eine vollständige Grundimmunisierung mit Encepur schnell und ist bereits in drei Wochen möglich. Ist ein schnelles FSME-Impfschema so gut wie das konventionelle?

Vorsorge ist besser als Nachsicht, dieses Credo gilt sicherlich uneingeschränkt in der Medizin. Allzu häufig schiebt man die Prävention jedoch auf die lange Bank, wie auch bei bestimmten Impfungen. Kein Wunder: Schließlich soll man sich zu einem Zeitpunkt schützen, an dem man gesund und keine Beschwerden hat.

FSME-Impfung: ein vernachlässigter Impfschutz

Zu einem etwas vernachlässigten Impfschutz zählt der gegen die von Zecken übertragene Infektionserkrankung FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) – selbst in Regionen, die das Robert Koch-Institut (RKI) als Risikogebiete ausweist: „Die Impfquoten sind auch in Risikogebieten eher niedrig und variieren stark“, fasst das Robert Koch-Institut aufgrund von Daten der KV-Impfsurveillance (KV=Kassenärztliche Vereinigung) von 2019 den FSME-Impfstatus im Epidemiologischen Bulletin 09|2022 zusammen. Je nach Risikogebiet schwankte die Impfquote zwischen 7,7 Prozent bis 38,6 Prozent bei Erwachsenen und 13,3 Prozent bis 50,5 Prozent bei Kindern. Betrachtet man die größten Risikogebiete separat, kommt man in Bayern auf eine Impfquote von 22,3 Prozent, in Baden-Württemberg von 18 Prozent, in Thüringen auf 30,4 Prozent und in Hessen auf 18,8 Prozent. Zudem geht laut RKI der Trend seit 2013 beim FSME-Impfen eher zurück, erst 2019 sei wieder ein leichter Anstieg deutlich geworden.

Geringes Risikobewusstsein für FSME

Auch scheint das Risikobewusstsein in der Bevölkerung nur gering ausgeprägt: Bei einer im Jahr 2015 durchgeführten Bevölkerungsumfrage in zwölf europäischen Ländern – veröffentlicht 2018 im Fachjournal „Ticks and Tick-borne Disease“ („Self-reported tick-borne encephalitis (TBE) vaccination coverage in Europe: Results from a cross-sectional study“) – nannte fast jeder Vierte (23 Prozent) Nichtgeimpfte als Grund, dass kein Risiko bestehe an FSME zu erkranken. Noch mehr (33 Prozent) waren davon überzeugt, dass die Impfung unnötig sei.

Nur wenige lassen sich vollständig impfen

Eine weitere Studie, durchgeführt in Deutschland und veröffentlicht 2017 in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift „Clinical Microbiology and Infection“, beschäftigte sich mit der Adhärenz der FSME-Impfung: Wie viele Menschen lassen sich nach einer ersten Dosis noch eine zweite und dritte Dosis verabreichen? Dabei galt als adhährent, wer sich innerhalb der empfohlene Impfabstände (±25 Prozent) impfen ließ. Das Ergebnis: nur stark jeder Vierte (28 Prozent) ließ sich vollständig immunisieren (drei Dosen). Bei Kindern war die Chance, dass sie alle drei Impfdosen erhalten hatten, höher als bei Erwachsenen. Am wenigsten adhärent erwiesen sich 18- bis 30-Jährige.

Noch ist Zeit, es in diesem Frühling und Sommer „besser“ zu machen und sich jetzt gegen FSME zu impfen, um in den aktivsten Zeckenmonaten (März bis Oktober) geschützt zu sein. Zugelassen sind in Deutschland die FSME-Impfstoffe zweier Impfstoffhersteller: Bavarian Nordic mit Encepur® Erwachsene und Encepur® Kinder sowie Pfizer mit FSME-Immun und FSME-Immun junior.

So wird Encepur geimpft

Geimpft werden – im konventionellen Impfschema – die ersten beiden Dosen im Abstand von ein bis drei Monaten, beim beschleunigten konventionellen Impfschema wird die zweite Dosis bereits 14 Tage nach der ersten verabreicht. Bei beiden Impfschemata (konventionell und beschleunigt konventionell) folgt bei Encepur® die dritte Dosis sodann neun bis zwölf Monate nach der zweiten Impfung, die erste Auffrischimpfung sollte nach drei Jahren eingeplant werden. Die weiteren Auffrischimpfungen folgen je nach Alter bereits nach drei Jahren für ab 50-Jährige, bei Menschen unter 50 Jahren genügt eine Auffrischimpfung im Fünf-Jahresrhythmus.

Schnelles Impfschema: in drei Wochen vollständig geimpft

Doch es geht auch schneller: Wer schnell gegen FSME geschützt sein möchte, für den ist auch ein verkürztes Impfschema zugelassen. Hier liegen zwischen der ersten und zweiten Encepur®-Impfung lediglich sieben Tage, die dritte Impfdosis erhalten die Impfwilligen 21 Tage nach der ersten Dosis. Die erste Auffrischimpfung sieht das schnelle Encepur®-Impfschema nach zwölf bis 18 Monaten vor, weitere Auffrischimpfungen erfolgen – wie auch beim konventionellen und beschleunigten konventionellen Impfschema – altersabhängig (alle fünf Jahre für unter 50-Jährige, alle drei Jahre für Menschen ab einem Alter von 50 Jahren).

Encepur®

Konventionelles Impfschema

Beschleunigt konventionelles Impfschema

Schnelles Impfschema

1.      Impfdosis

Tag 0

2.      Impfdosis

1-3 Monate später

14 Tage später

7 Tage später

3.      Impfdosis

9-12 Monate nach der zweiten Dosis

21 Tage nach der ersten Dosis

1. Auffrischimpfung

3 Jahre später

12-18 Monate später

Weitere Auffrischimpfungen

Alle 5 Jahre bis 50 Jahre (< 50 Jahre)

Alle 3 Jahre ab 50 Jahre (≥ 50 Jahre)

Impfen mit FSME-Immun

Eine Impfung mit FSME-Immun unterscheidet sich nur in wenigen Punkten vom Encepur®-Impfschema: Die dritte Impfdosis kann hier bereits fünf Monate (bei Encepur® neun Monate) nach der zweiten Dosis verabreicht werden. Nach der ersten Auffrischimpfung (drei Jahre nach der dritten Dosis) liegt die Altersgrenze bei 60 Jahren (bei Encepur® bei 50 Jahren), das heißt: Unter 60-Jährige wird eine Auffrischimpfung alle fünf Jahre nahegelegt, ab 60-Jährige sollten sich im Drei-Jahresrhythmus impfen lassen.

FSME-Immun

Konventionelles Impfschema

Schnelles Impfschema

1.      Impfdosis

Tag 0

2.      Impfdosis

1-3 Monate später

14 Tage später

3.      Impfdosis

5-12 Monate nach der zweiten Dosis

1.      Auffrischimpfung

3 Jahre später

Weitere Auffrischimpfungen

Alle 5 Jahre bis 60 Jahre (< 60 Jahre)

Alle 3 Jahre ab 60 Jahre (≥ 60 Jahre)

Wechsel zwischen Impfstoffen möglich

Das RKI sieht beide Impfstoffe als „gleichwertig“ an, eine mit FSME-Immun begonnene Impfserie könne „im Bedarfsfall“ mit Encepur® abgeschlossen werden und umgekehrt. Dennoch empfiehlt das Robert Koch-Institut im Rahmen der Grundimmunisierung, „wenn möglich“, beim gleichen Hersteller zu bleiben.

Drei Impfungen für vollen Impfschutz

Dem RKI zufolge genügen „in der Regel“ drei Impfungen, um den vollen FSME-Impfschutz zu erlangen. Dieser liegt sodann bei 99 Prozent der Geimpften vor und hält für mindestens drei Jahre an. Lässt man sich hingegen nur zweimal impfen, liegt zwar der Impfschutz immer noch bei 98 Prozent, reicht allerdings nur ein Jahr.

Ist das schnelle Impfschema gleich gut?

Doch unterscheidet sich die Qualität des Impfschutzes, je nachdem, ob schnell oder konventionell geimpft wurde? Kaum: Nach Daten von Bavarian Nordic, dem Zulassungsinhaber von Encepur®, liegt die Serokonversionsrate drei Wochen nach der dritten Impfung beim konventionellen und beim beschleunigten konventionellen Impfschema bei 100 Prozent, beim Schnellschema bei 97 Prozent (Erwachsene).

Unterbrochenes Impfschema – was tun?

Nach Einschätzung des RKI kann eine einmal begonnene Grundimmunisierung zu jedem Zeitpunkt fortgesetzt werden, es müsse keine erneute Grundimmunisierung erfolgen, sollte diese unterbrochen worden sein. Das Credo lautet: „Jede Impfung zählt“. Auch Auffrischimpfungen schützen selbst nach längeren als den empfohlenen Impfabständen laut RKI wieder drei bis fünf Jahre (je nach Lebensalter). Die Unterschiede in der Impfeffektivität sind marginal: So liegt einer 2006 im „International Journal of Medical Microbiology“ veröffentlichten österreichischen Studie zufolge bei schemagerechtem Impfschema die Impfeffektivität bei 96 Prozent, bei nicht schemagerechter Immunisierung mit 91 Prozent nur geringfügig niedriger („Response to tick-borne encephalitis (TBE) booster vaccination after prolonged time intervals to primary immunization with the rapid schedule“).

Postexpositionsprophylaxe – sinnvoll und wirksam?

Wäre es nicht möglich, sich einfach nach einem Zeckenstich schnell noch gegen FSME impfen zu lassen? Kann die Impfung sodann nicht auch vor Erkrankung schützen? Das RKI ist skeptisch: „Auch eine sofort nach Zeckenstich gegebene FSME-Impfung kann eine Infektion bei Personen mit unzureichendem Impfschutz mit größter Wahrscheinlichkeit nicht verhindern“, erklärt das Institut. Zum einen werde ein sicherer Impfschutz erst nach zwei Teilimpfungen erreicht, zum anderen bilde der Körper schützende Antikörper erst sieben bis 14 Tage nach Impfung. Allerdings: Bestehe bei ungeimpften Personen oder Personen ohne aktuellen Impfschutz weiterhin ein FSME-Infektionsrisiko durch zukünftige Zeckenstiche, erachtet es das RKI als sinnvoll, sofort nach einem Zeckenstich zu impfen.

Wem empfiehlt die STIKO eine FSME-Impfung?

Die Ständige Impfkommission rät Personen, die in Risikogebieten leben oder arbeiten und dabei ein Risiko für Zeckenstiche haben, eine Impfung gegen FSME. Daneben sollten sich alle Personen gegen FSME impfen lassen, die sich aus anderen Gründen in Risikogebieten aufhalten (zum Beispiel durch Reisen) und dabei einem Risiko für Zeckenstiche ausgesetzt sind. Das RKI denkt auch an eine berufliche Exposition, zum Beispiel aufgrund von Tätigkeiten in der Land- oder Forstwirtschaft (oder im Labor).

Wo sind die aktuellen FSME-Risikogebiete?

Die aktuellen Risikogebiete weist das Robert Koch-Institut aus. Derzeit (Epidemiologisches Bulletin 09|2022, Stand 21. Januar 2022) zählt das RKI Baden-Württemberg und Bayern (nahezu vollständig) sowie Teile von Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu den Gebieten, wo ein erhöhtes Risiko für Zeckenstiche durch FSME-infizierte Zecken besteht. 2022 sind sechs neue Risikogebiete hinzugekommen, drei in Brandenburg und je eines in Nordrhein-Westfalen und zwei in Sachsen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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