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Kooperationsgipfel
Brauchen Apotheken den Außendienst noch?
Die Corona-Pandemie hat vieles verändert, so auch die Arbeit des Apothekenaußendienstes, der quasi von einem Tag auf den anderen nicht mehr stattfand. Lässt sich diese Entwicklung wieder zurückdrehen? Kann man den Außendienst vielleicht ganz ersetzen? Und was macht eigentlich einen starken Außendienst aus? Darüber diskutierten Vertreter aus der Industrie und der Apothekerschaft beim Kooperationsgipfel, der derzeit in München stattfindet.
Der Kooperationsgipfel ist zurück vor Ort. Nach Pandemie-Abstinenz im vergangenen Jahr, in der vom Bundesverband der deutschen Apothekenkooperationen organisierte Branchentreff nur digital stattfand, trifft man sich in diesem Jahr unter 2G+-Bedingungen wieder in München. Zur großen Freude des Organisators und BVDAK-Vorsitzenden Stefan Hartmann, aber auch aller Teilnehmer:innen, kann man den Vorträgen und Diskussionsrunden nun wieder unmittelbar lauschen und sich persönlich austauschen.
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Nach der Begrüßung durch Stefan Hartmann und seine Co-Moderatorin Vanessa Conin-Ohnsorge gab es ein paar Anregungen, was man sich von Ameisen abschauen könnte. Zudem einen Parforceritt durch die aktuelle Gesundheitspolitik von Manuela-Andrea Pohl, Senior Specialist Public Affairs bei Noventi, gefolgt von einer Diskussionsrunde zur Frage, was einen starken OTC-Außendienst auszeichnet. Darüber diskutierten Martina Gampl von Dr. Pfleger, Apothekerin Iris Blaschke, Leitung & COO der St. Vitus Apotheke in Gilching und Robert Bielmeier, Inhaber von der Personalberatung Bielmeier & Partner.
Denn klar ist: Corona hat den Außendienst in den Apotheken massiv verändert, schließlich wurden die Besuche von einem Tag auf den anderen auf nahezu null reduziert. Dadurch hat er an Bedeutung verloren. Das ist in den Augen von Iris Blaschke auch nur schwer zurückzudrehen. Die Außendienstler, die vor der Pandemie einen guten Job gemacht und eine persönliche Beziehung aufgebaut haben und auch während der Beschränkungen Kontakt zur Apotheke gehalten haben, haben auch weiterhin eine Chance. „Die müssen auch nichts zurückholen“, wie sie erklärt. Für die anderen, die alle Apotheken nach dem Gießkannenprinzip gleichbehandeln, sei die Entwicklung aber nicht mehr umkehrbar, so Blaschke. Dazu komme der Personalmangel, sodass man sich bei jedem Besuch überlege, ob das wirklich sein müsse. Wer aber bereit sei, neue Wege zu gehen, könne weiterhin erfolgreich sein.
„Außendienstler müssen auf individuelle Bedingungen eingehen können“
Laut Industrievertreterin Gampel hat der Außendienst weiterhin Bedeutung und wurde auch vermisst – zum Teil zumindest. Deswegen müsse sich der Außendienst verändern, der Anspruch werde höher, er müsse echten Mehrwert bringen. Dafür sei es aber erforderlich, dessen Kompetenz auszubauen. „Außendienstler müssen auf individuelle Bedingungen eingehen können“, so Gampel. Auch Personalprofi Bielmeier misst dem Außendienst weiterhin Bedeutung bei: „Die Industrie baut den Außendienst derzeit massiv aus, das muss einen Grund haben. Die Apotheke ist ein Goldstück.“
„Wenn der Außendienst keinen Mehrwert bringt, brauche ich ihn nicht“
Wenn die persönliche Beziehung im Vordergrund steht, ist der Außendienst in den Apotheken auch durch nichts zu ersetzen, findet Gampel. „Es muss Interesse am Gegenüber geben, außerdem braucht es Kenntnisse der Apotheke, dann gibt es einen Mehrwert.“ In Ihren Augen werden aber künftig Hybride, also eine Mischung aus Remote und vor Ort, eine stärkere Rolle spielen.
Mehrwert ist auch für Apothekerin Iris Blaschke das entscheidende Kriterium: „Wenn der Außendienst keinen Mehrwert bringt, brauch ich ihn nicht“, macht sie klar. Was genau Mehrwert für sie bedeutet? Nur für die Bestellung benötigt Iris Blaschke, wie sie erklärt, keinen Außendienst. Das gehe über den Großhandel, teils zu besseren Konditionen. Anders schätzt sie die Lage bei Neueinführungen ein, zum Beispiel bei Kosmetik: „Die muss man ausprobieren und fühlen“, erklärt sie. Hier findet die Apothekerin persönliche Schulungen wichtig. In ihren Augen muss es aber ergänzend Online-Seminare geben, um auch diejenigen mitnehmen zu können, die nicht vor Ort sind. Außerdem sei es essenziell, dass der Außendienst weiß, was die Apotheke braucht. Wisse er das nicht, könne er nicht für beide Seiten effektive Maßnahmen bieten.
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Kosmetik – was ist drin?
Überhaupt plädiert Blaschke dafür, dass die Industrie mehr mit den Apothekern spricht – und zwar nicht nur der Außendienst, sondern auch der Innendienst, der sich die Maßnahmen ja in der Regel ausdenkt. Diese seien aber oft nicht umsetzbar. Ihre Empfehlung: Ein Praktikum in der Apotheke. „Damit die wissen, wie wir denken.“ Sie stellt sich auf jeden Fall bei jedem Besuch die Frage, ob es sich für sie lohnt. Außendienst koste nämlich nicht nur die Industrie Geld – angeblich lohnt sich bei 70 Prozent der Apotheken eine enge Betreuung nicht –, sondern auch die Apotheke, die ihre Zeit für ihn aufwendet. Daher müsse sich jeder Besuch in Form von Konditionen oder anderem Mehrwert lohnen.
„Wer nicht mitgeht, verschwindet“
Laut Bielmeier steht und fällt der Außendienst ohnehin mit den jeweiligen Personen, es sei ein „People business“. Außendienstler müssten heutzutage die ganze Klaviatur dessen können, was das Marketing sich ausdenkt. „Mittelmaß war gestern“, sagt er. Das gilt in seinen Augen auch für Apotheken. „Wer nicht mitgeht, verschwindet.“
1 Kommentar
Aussendienst
von Lars Peter Wall am 03.05.2022 um 23:42 Uhr
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